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Das Amulett des Dschinns

Das Amulett des Dschinns

Titel: Das Amulett des Dschinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DANA KILBORNE
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heftig zu, dass Aaliyah zusammenzuckte.
    Tränen schossen ihr in die Augen. Sie warf sich auf ihr Lager, barg das Gesicht in den Decken und schluchzte hemmungslos.
    Was sollte sie denn jetzt bloß tun? Der Fürst wollte sie zur Frau, ihr Vater verlangte von ihr, dass sie einwilligte. Aber niemanden interessierte, was in ihr vorging!
    Im Grunde durfte sie sich nicht einmal darüber wundern. Ihre Schwestern waren mit wohlhabenden Kaufleuten verheiratet worden. Von den Verbindungen hatte ihr Vater sich vor allem eines erhofft: Vorteile für seine Geschäfte. Dass er sie, Aaliyah, so lange unbehelligt gelassen hatte, lag wohl vor allem daran, dass sie stets seine Lieblingstochter gewesen war.
    Während Khalima und Suraya schon für Kleinigkeiten bestraft worden waren, hatte sie als die Jüngste ihren Vater nur anlächeln müssen, um sein Herz zum Schmelzen zu bringen.
    Doch dieses Mal fürchtete sie, dass er hart bleiben würde.
    Auf die Unterstützung ihrer Mutter durfte sie nicht hoffen. Sie war eine folgsame Ehefrau, die es nie wagen würde, ihrem Mann zu widersprechen – schon gar nicht in einer so bedeutsamen Angelegenheit.
    Dasselbe galt für Aaliyahs Schwestern.
    Es gab nur einen Menschen, der ihr jetzt noch helfen konnte, doch Allah allein wusste, wo er sich gerade aufhielt.
    O Hamid, wo bist du nur? Ich brauche dich hier bei mir, mein Liebster!
    Gegenwart
    Gedankenverloren wanderte Lauren am Abend durch die Medina von Rabat. Sie war allein. Prue hatte sie zwar gefragt, ob sie gemeinsam etwas unternehmen wollten, doch Lauren wollte allein sein. Inzwischen waren so viele Dinge auf sie eingestürzt, dass sie erst einmal wieder mit sich selbst klarkommen musste.
    Sie wusste immer noch nicht, was sie von der Sache mit Derek halten sollte. War das wirklich Tahirs Werk? Im Grunde konnte es nicht anders sein. Derek war ein absoluter Mädchenschwarm und hatte an sie bislang keinen einzigen Blick verschwendet. Trotzdem wünschte sie sich, dass er von sich aus auf sie zugekommen war. Dass er sie tatsächlich mochte und nicht von Tahir beeinflusst worden war.
    „Lauf nicht weg, du hast von mir nichts zu befürchten.“
    Als Lauren die sanfte Männerstimme hinter sich hörte, schrak sie zusammen. Sie wirbelte herum und erblickte den jungen Mann mit den gletscherblauen Augen, der ihr über den Djemaa el Fna gefolgt war.
    Etwas an der Art und Weise, wie er sie anschaute, ließ ihr den Atem stocken.
    Erst jetzt bemerkte sie, dass sie auf ihrem Rundgang durch die Stadt in einer ziemlich finsteren Gegend gelandet war. Hier gab es eine Menge winziger, gewundener Gassen und Sträßchen. Wäsche, die an zwischen den Häusern gespannten Leinen hing, flatterte im Chergui  – so hieß der heiße Wüstenwind, der von Osten aus der Sahara kommend in Richtung Küste wehte.
    Von überall her drangen Geräusche an Laurens Ohren, gedämpfte Gesprächsfetzen, arabisches Fernsehprogramm, laute, orientalische Musik. Doch die Straße vor und hinter ihr war verlassen. Und sie glaubte nicht, dass irgendjemand ihr zu Hilfe eilen würde, wenn sie jetzt anfing zu schreien.
    Sie nahm all ihren Mut zusammen und holte tief Luft. „Was … willst du von mir?“
    „Dich vor ihm warnen“, erwiderte der Fremde mit den eisblauen Augen ernst.
    „Ihm?“
    Er runzelte die Stirn. „Ich glaube, du weißt genau, von wem ich spreche.“
    „Tahir …“
    „Er ist gefährlich“, sagte der Fremde. „Er träufelt dir süße Worte ins Ohr, die dir die Sinne vernebeln. Er verspricht, dir die größten Geheimnisse der Welt zu offenbaren und dir jeden Wunsch, und sei er noch so unglaublich, von den Augen abzulesen.“
    Lauren schüttelte den Kopf. „Unsinn!“, fauchte sie verärgert. Sie wollte sich abwenden und gehen. Doch er hielt sie zurück.
    „Warte!“ Aufstöhnend fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Ich weiß, du glaubst mir nicht. Du denkst, dass er dein Freund ist und dass du ihm vertrauen kannst. Aber ich sage dir, Tahir ist keines Menschen Freund. Das war er noch nie.“
    Stirnrunzelnd hielt Lauren in dem Versuch, sich loszureißen, inne. „Du kennst ihn schon lange?“
    Ein bitteres Lächeln umspielte die Mundwinkel des Fremden. „Länger als du dir in deinen kühnsten Träumen vorstellen könntest“, entgegnete er. „Tahir und ich sind gemeinsam durch die Äonen der Geschichte gereist. In einer Art tiefem Schlaf haben wir ganze Zeitalter verbracht – vereint und doch verfeindet.“
    Die Art, wie er redete, bereitete Lauren Angst.

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