Das Amulett des Dschinns
war. Es handelte sich um Tina Miller, eins der Mädchen, die sich um Kylie und Teri scharten, jedoch selbst keine wirklich große Nummer an der Uni waren. Bei sich hatte sie Claire Beckett, die etwa in derselben Liga spielte und Lauren nur einen herablassenden Blick zuwarf. Beide sammelten die überreifen Aprikosen auf, die Tina wohl beim Zusammenprall mit Lauren fallen gelassen hatte.
Es war offensichtlich, dass die beiden sich Lauren gegenüber als etwas Besseres fühlten. Normalerweise versuchte sie, dieses demütigende Verhalten zu ignorieren und damit zu zeigen, wie wenig sie doch deren Meinung interessierte.
Heute jedoch platzte ihr der Kragen.
„Pass doch selbst auf, dumme Gans!“, fauchte sie. „Und du“, wandte sie sich an Claire, „hör gefälligst auf, so dämlich zu grinsen, sonst kannst du was erleben!“
Tina und ihre Freundin wechselten einen halb überraschten, halb entsetzten Blick. Damit hatten sie offenbar nicht gerechnet. Aber Lauren hatte es endgültig satt, für ein paar eingebildete Studentinnen den Fußabtreter zu spielen. Viel zu lange ließ sie sich das alles nun schon gefallen. Jetzt war es an der Zeit, zum Gegenangriff überzugehen!
Sie versetzte Tina einen Stoß gegen die Schulter, der sie zurückstolpern ließ. Dann stolzierte Lauren ohne ein weiteres Wort an ihr vorbei und durchquerte die große Eingangshalle. Es war ein ungemein befreiendes Gefühl gewesen, den beiden die Stirn zu bieten.
Doch der Höhenflug dauerte nicht lange an.
Sie hörte Schritte hinter sich, dann rief Tina: „Hey, Lauren, was ich noch sagen wollte …“
Lauren drehte sich um. „Was denn noch, Miller? Ich …“
Sie kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Als sie sah, wie etwas direkt auf sie zugeflogen kam, versuchte sie noch auszuweichen – doch sie war nicht schnell genug. Mit einem feuchten Klatschen landete eine matschige Aprikose mitten auf Laurens Shirt.
„Das war für dein dämliches Gelaber“, presste Claire hervor. Dann zogen Tina und sie lachend ab.
Bebend vor Wut stand Lauren da. Die Szene hatte eine Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen, und die Blicke sämtlicher Leute, die sich in der Eingangshalle aufhielten, waren jetzt auf sie gerichtet.
„Das wirst du noch bereuen, Miststück“, schrie sie Claire Beckett hinterher, die ihre Drohung jedoch nur mit einem noch lauteren Lachen quittierte. Dann rannte sie zu den Aufzügen und drängte sich in eine der Kabinen, die zum Glück gerade frei geworden war.
Als sich die Tür schloss und sie endlich für sich war, ließ sie den Tränen, die die ganze Zeit schon in ihren Augen brannten, freien Lauf. Verdammt, verdammt, verdammt! Diese peinliche Geschichte würde sich nach ihrer Rückkehr an die Uni vermutlich in Windeseile herumsprechen. Und dann war sie erst recht die Lachnummer für alle!
Ich wünschte, Claire Beckett würde verrecken! Soll dieses hinterhältige Weib doch die Pest kriegen …!
Lauren zuckte erschrocken zusammen, als sie von irgendwoher ein leises Lachen vernahm. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und blinzelte heftig, doch da war niemand.
Sie war ganz allein in dem Aufzug.
Claire Becketts Lieblingsfächer an der Uni waren Make-up, Mode und Shopping. Weil sie auch ein Jahr nach dem Schulabschluss keine Ahnung gehabt hatte, wie es weitergehen sollte, ihr Vater damals aber darauf bestand, dass sie nicht noch ein weiteres Jahr zu Hause herumsaß und faulenzte, hatte sie sich an der Uni eingeschrieben. Die Auswahl ihres Studienfachs war nicht weiter schwer gewesen: Sie hatte den Studienführer irgendwo aufgeklappt und mit dem Finger blind auf eine Seite getippt.
Dabei herausgekommen war Kunst- und Architekturgeschichte.
Ihre Wahl hatte ihren Vater zwar nicht unbedingt glücklich gestimmt, doch vermutlich hatte er sich gesagt: Was soll’s, immer noch besser als gar nichts.
Er konnte ja nicht ahnen, dass Claire keineswegs vorhatte, sich wirklich intensiv mit ihrem Studium auseinanderzusetzen. Sie besuchte die Kurse, wann immer sie Lust hatte, und genoss fortan vor allem die schönen Seiten des Studentenlebens. Das Geld, das ihre Familie ihr jeden Moment für den Unterhalt überwies, war zwar kein Vermögen, aber man konnte damit auskommen. Vor allem wenn man sich die kostspieligen Dinge wie Klub- und Restaurantbesuche wann immer möglich von Jungs bezahlen ließ.
Böse Zungen bezeichneten sie als Flittchen, weil sie zum Dank für deren Großzügigkeit auch gerne einmal mit einem ihrer attraktiven
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