Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
Vom Netzwerk:
aus ihm?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nicht mal, ob er noch lebt.«
    »Interessiert es dich nicht?«
    »Ich habe das Thema abgeschlossen.«
    »Vor ungefähr sechzig Jahren, wenn man dem hier Geschriebenen Glauben schenkt.« »Ja. Vor
    ungefähr sechzig Jahren.« Sie musterten einander über den Tisch hinweg. Schweigend.
    Schließlich sagte Chad: »Wenn du alles gelesen hast, dann weißt du auch, dass es keine andere
    Wahl damals gab. Ich hatte Brian nicht hierher geholt. Ich war nicht verantwortlich für ihn.
    Ich habe dafür gesorgt, dass er untergebracht war. Ein Dach über dem Kopf hatte. Hier konnte er
    nicht bleiben.«
    »Du hättest die Behörden einschalten müssen.«
    »Du weißt, warum ich es nicht getan habe. Es ist leicht, jetzt herzukommen
    und ... « Er unterbrach sich, stand auf, ging zum Fenster. Er
    blickte hinaus in den bewegungslosen Tag.
    »Rückblickend sieht alles immer ganz anders aus«, sagte er nach einer
    Weile. »Ich verstehe nicht, dass es dich nicht interessiert zu er- fahren, was aus ihm geworden
    ist.« »Dann verstehs du es eben nicht.« »Wer ist Semira Newton?« Er
    wandte sich um. Leslie sah, dass eine Ader an seiner Stirn leise pochte. Er war aufgewühlter,
    als er zugab. »Semira Newton? Die hat ihn damals ... entdeckt.« »Brian?«
    »Ja.« »1970 ?« »Weiß nicht genau. Ist lange her.
    Irgendwan n ... ja, 1 970 könnte
    hinkommen.« »Sie hat ihn entdeckt? Was genau meinst du damit?« Er wandte sich wieder zum
    Fenster. »Was ich sage. Entdeckt. Hat ein unglaubliches Theater veranstaltet. Polizei. Presse.
    Was weiß ich.« »Sie hat ihn bei Gordon McBright entdeckt?« »Ja.« Leslie erhob sich. Sie fröstelte, obwohl es nicht kalt in der Küche
    war.
    »Was genau hat sie entdeckt, Chad?«
    »Sie hat ihn eben gefunden. Brian. Sie hat ihn gesehen, und er war wohl ... nicht im besten
    Zustand. Gott, Leslie, verdammt, was willst du eigentlich wissen?«
    »Alles. Was passiert ist. Das, worüber Fionas Briefe keinen Aufschluss geben. Das will ich
    wissen.« »Frag Semira Newton.« »Wo finde ich sie?« »Ich glaube, sie lebt in Robin Hood's
    Bay.«
    Robin Hood's Bay. Das Fischerdörfchen, auf halber Strecke zwischen Scarborough und Whitby
    gelegen. Leslie kannte es. Es war klein genug, um einen Menschen dort ausfindig zu machen,
    indem man sich einfach in einem der Häuser nach ihm erkundigte.
    »Du willst mit mir also nicht darüber sprechen?«, hakte sie noch einmal nach. »Nein«, sagte
    Chad, »das will ich nicht.« Beharrlich wandte er ihr den Rücken zu.
    »Hast du eigentlich gar keine Angst?«, fragte Leslie. »Wovor?«
    »Da ist irgendetwas Schlimmes passiert, Chad, und indem du nicht darüber sprichst, machst du es
    nicht ungeschehen. Fiona und du, ihr wart tief in diese Sache verstrickt. Hast du dir mal
    überlegt, dass der Mord an Fiona damit zu tun haben könnte? Und dass, wenn dem so ist, du auch
    in Gefahr sein könntest«
    Jetzt drehte er sich um, echtes Erstaunen im Blick. »Der Mord an Fiona? Aber den Kerl haben sie
    doch jetzt. Der Typ hatte mit der Somerville-Geschichte überhaupt nichts zu tun.«
    »Der mutmaßliche Mörder von Amy Mills?«
    »Genau der. Colin sagt, das ist irgendein Psychopath. Spioniert Frauen hinterher und bringt sie
    am Ende um. Total verrückter Kerl. Keine Ahnung, welches Problem der genau hat, aber mit meiner
    und Fionas Vergangenheit hängt es jedenfalls nicht zusammen.«
    »Kann sein. Aber wer sagt dir, dass der Mörder von Amy Mills und der von Fiona identisch sind?«
    »Davon schien die Polizei doch immer auszugehen.« »Weißt du, ob sie es immer noch tut? Ich
    würde mich jedenfalls in diese Theorie nicht zu sehr verbeißen«, sagte Leslie. Sie stopfte den
    Papierstapel wieder in ihre Tasche. »Sei ein bisschen vorsichtig, Chad. Du bist zeitweise ganz
    schön allein hier draußen.«
    »Wo gehst du hin?«
    Sie kramte ihren Autoschlüssel hervor. »Ich fahre nach Robin Hood's Bay. Zu Semira Newton. Ich
    finde heraus, was los ist, Chad. Verlass dich darauf!«
    »Es ist, als laufe man gegen eine Wand«, sagte Valerie. Sie lehnte an der Tür und sah Sergeant
    Reek unglücklich an. Gerade hatte sie Stan Gibson hinausbegleitet, hatte ihn zähneknirschend
    gehen lassen müssen, nachdem sie noch einmal zwei Stunden lang mit ihm geredet
    hatte.
    »Er macht keinen Fehler.«
    »Und Sie sind sicher, dass er es war?«, fragte Reek. »Dass er Amy Mills ermordet
    hat?«
    »Ich bin absolut sicher, Reek. Er grinst mich an, weil er weiß, dass

Weitere Kostenlose Bücher