Das andere Kind
ziemlich attraktiver Mann sind, Dave. Und
Sie haben mit Sicherheit keine allzu großen Probleme, junge, schöne, interessante Frauen für
sich zu gewinnen. Weshalb also Gwen? Sie ist ... «
Er sah sie abwartend an.
»Ja?«
»Sie ist nicht gerade eine
Schönheit«, sagte Leslie, »was noch nicht unbedingt ein Problem wäre, wenn sie zugleich eine
sprühende, witzige, geistreiche Art hätte. Oder eine auffallende Intelligenz oder ein
faszinierendes Selbstbewusstsein, großen Ehrgeiz, Scharfsinn ... irgendetwas. Aber sie ist
schüchtern, ziemlich weltfremd und nicht sehr ... nicht sehr interessant. Meine Großmutter
versteht nicht, was Sie zu ihr hinzieht.«
»Ihre Großmutter versteht
das durchaus. Die Farm. Diese vielen Morgen herrliches Land, die Gwen in nicht allzu ferner
Zukunft gehören werden. Sie sagt ja ganz klar, dass es mir ausschließlich darum geht. Um diesen
Besitz.«
»Und hat sie recht?«,
fragte Leslie herausfordernd. »Was meinen Sie?«, fragte Dave zurück.
»Ich möchte nicht unhöflich
sein ... «
»Seien Sie es doch
einfach.«
»Okay. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Sie das Leben, das Sie hier führen, zufrieden stellt. Ich denke, dass Sie nach
einer Gelegenheit suchen, aus all dem hier« - sie umschrieb mit einer Handbewegung das
chaotische Zimmer - »auszubrechen. Sie sind ein Mann, der auf Frauen wirkt, aber Sie können
einer Frau nichts bieten, und das schränkt Ihre Möglichkeiten, über eine Ehe aus Ihrer
Situation herauszukommen, erheblich ein. Eine Frau in ungefähr Ihrem Alter schreckt zurück,
wenn sie dieses Zimmer hier sieht. Junge Mädchen erschrecken sicher weniger, aber die haben in
der Regel selbst nichts und können Sie daher nicht aus dem Sumpf ziehen. So gesehen ist Gwen
ein außergewöhnlicher Glücksfall - und zwar einer, den Sie sich nicht entgehen lassen dürfen,
da sich Ihnen eine solche Chance ganz sicher nicht so schnell wieder bietet, wenn überhaupt
je.«
Er hörte ihr schweigend zu.
Wenn ihre Worte ihn verärgerten, so verriet seine Miene dies nicht. Er wirkte völlig ungerührt.
»Ich höre«, sagte er, als sie innehielt, »machen Sie weiter, wenn Sie schon dabei
sind.«
»Gwen ist einsam«, fuhr
Leslie, sicherer werdend, fort, »trotz der Liebe zu ihrem Vater fühlt sie sich allein. Sie
spürt, dass ihr Leben, wie sie es führt, keinerlei Perspektive hat. Sie träumt von einem
Prinzen, und sie würde eine Menge Zugeständnisse machen, wenn sich nur jemand fände, der sie
auf sein Pferd hebt und mit ihr in eine gemeinsame Zukunft reitet. Sie würde alles vom Tisch
wischen, was andere Frauen vielleicht nachdenklich stimmen würde und zurückhaltend sein
ließe.«
»Und das wäre?«
»Ihre
Lebensumstände. Dieses Untermietzimmer. Ihr Job, den man eben wirklich nur als Job, nicht als B eruf bezeichnen kann. Das
Auto, das jeden Moment zusammenbricht. Sie sind kein Student mehr. Weshalb leben Sie so, wie
Sie leben?«
»Vielleicht
mag ich es so.«
»Das
glaube ich nicht.«
»Aber Sie
können es nicht wissen.«
»Dann frage ich andersherum«, sagte Leslie. »Wenn alles in Ihrem Leben in Ordnung ist, und wenn
Fiona sich irrt und es nicht die Bec kett-Farm ist, was Sie zu
Gwen hinzieht - was ist es dann? Was gefällt Ihnen an Gwen? Warum
lieben Sie sie?«
»Warum
lieben Sie Ihren Mann?«
Leslie
zuckte zusammen, und zu ihrem Ärger spürte sie, dass ihre Wangen heiß wurden. »Ich bin
geschieden«, sagte sie. »Weshalb? Weshalb ging es schief?« Sie setzte die Kaffeetasse, die sie
gerade an den Mund führen wollte, heftig ab. Nun hatte auch sie einen braunen See an ihrem
Platz. »Ich denke, das geht Sie nichts an«, sagte sie scharf.
Er
blieb ruhig. »Stimmt. Und genauso wenig geht es Sie oder irgendjemanden, auch nicht Fiona
Barnes, etwas an, was zwischen mir und Gwen ist. So wie Sie sich eben bei meiner Frage gefühlt
haben, so fühle auch ich mich, wenn man in mich dringt. Es geht niemanden etwas an. Und noch
etwas«, seine Stimme hatte nun einen fast gefährlichen Klang. »Sie sollten Gwen ihren Weg gehen
lassen. Sie alle. Lasst sie endlich erwachsen werden. Lasst sie endlich eigene Entscheidungen
treffen. Zur Not falsche Entscheidungen. Für den falschen Mann. Egal. Aber hört auf, sie zu
beglucken. Ihr zementiert damit ihre Weltfremdheit und Lebensuntüchtigkeit, darüber solltet ihr
auch einmal nachdenken!«
Sie
schluckte. »Sie forderten mich auf, unhöflich zu sein, Mr.
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