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Das andere Ufer der Nacht

Das andere Ufer der Nacht

Titel: Das andere Ufer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sie weggeschwemmt werden können.«
    Die Frau schien nichts dagegen zu haben, jedenfalls legte sie keinen Widerspruch ein. Aber Bill Conolly wollte die Antwort nicht so ohne weiteres hinnehmen. »Haben Sie schon einen Menschen getötet?« fragte er. »Wissen Sie, wie das ist?«
    »Ja, im Kampf, als wir einen Mädchenschänder jagten.«
    »Er hat sich gewehrt, nicht?«
    »Ja.«
    »Das ist etwas anderes. Wir können uns nicht wehren. Sie müssen also auf wehrlose Personen schießen, und dies ist etwas völlig anderes, als sich gegen Menschen zu stellen, die einem etwas getan haben. Begreifen Sie das?«
    Ramon senkte den Blick. Er hielt die Lippen zusammengepresst. So abgebrüht war er nun doch nicht, als dass Bills mahnende Worte spurlos an ihm vorübergegangen wären. Auch die anderen drei Männer verspürten so etwas wie Unruhe.
    Das merkte die Frau ebenfalls. Sie war es, die die Initiative übernahm. Sie hatte in der letzten Zeit einige Enttäuschungen hinnehmen müssen. Es war längst nicht so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Bevor ihr alles aus den Händen glitt, wollte sie lieber Nägel mit Köpfen machen.
    »Ihr braucht keine Gewissensbisse zu haben. Ich werde meinem persönlichen Diener den Befehl geben, die beiden zu töten. Der Mann mit der Eisenmaske soll sie köpfen…«
    Mit dieser Wende hatte außer der Frau niemand gerechnet. Selbst ihre vier Gewehrträger standen starr vor Schreck, und das Blut floss aus ihren Gesichtern. Trotz des roten Fackelscheins sahen sie plötzlich blass und käsig aus.
    Auch die Männer aus England hatten diese Wende kaum für möglich gehalten, sie kommentierten den Vorgang nicht, aber ihre Körper spannten sich, als wollten sie jeden Moment vorspringen. Nur der Zwerg hatte seinen Spaß. Sein Kichern klang hoch, hohl und gleichzeitig hässlich. Er schwang seinen Morgenstern, der in kreisförmige Bewegungen geriet und dicht über die Köpfe der beiden Gefangenen hinwegflog. »Ich kann es auch machen«, bot er sich an.
    »Überlasse die beiden mir! Du wirst nicht enttäuscht sein.«
    »Nein.«
    »Dann wenigstens einen.«
    Die Spanierin dachte nach. »Ja, das ist vielleicht möglich. Du kannst dir einen aussuchen.«
    Der Zwerg ging zwei Schritte vor. Sein rosiges Gesicht sah aus, als wäre es mit einer dünnen, rötlichen Lackschicht bestrichen. Den Mund hatte er in die Breite gezogen, so wirkte er auf die Zuschauer wie ein gefährlicher Kasper.
    »Ihn nehme ich!« Der überlange freie Arm schnellte vor und deutete auf Suko. »Gut.«
    »Und wann?« Der bösartige Mensch stellte die Frage so, als würde er die Antwort kaum erwarten können.
    »Meinetwegen sofort!«
    Da nickte der Verwachsene, aber die vier Männer wollten nicht mitspielen. Diesmal protestierten sie gemeinsam. »Von dieser Art zu töten ist uns nichts gesagt worden«, sagte Juan, der eine Halbglatze hatte. »Du versprachst einem von uns deine Tochter. Deshalb haben wir überhaupt nur mitgemacht. Aber zuschauen, wie andere getötet werden und dazu noch die Köpfe abgeschlagen bekommen…«
    »Die Verhältnisse haben sich eben geändert«, erklärte die Senora kalt.
    »Ich mache nicht mit!« Juan hatte mit diesem einen Satz seinen Standpunkt festgelegt. Er blickte auch seine Freunde an. »Wie ist es mit euch? Bleibt ihr hier?«
    Sie zögerten noch. Ramon, der Wirt, hob die Schultern. Esteban und Zicco zeigten überhaupt keine Reaktion. Es war ihnen allerdings anzusehen, dass sie sich unwohl fühlten.
    Der Frau wurde es zuviel. »Dann verschwindet doch. Ich werde auch allein mit den Kerlen fertig. Aber eins sage ich euch: Ich werde euch holen, wenn alles vorbei ist. Ihr kommt dann an die Reihe, denn ihr werdet als nächste an das Ufer der Nacht geschickt, das kann ich euch versprechen. Und jetzt geht!«
    Sie wussten nicht, was sie machen sollten. Nervös waren sie, fühlten sich unwohl. Esteban sagte: »Ich habe Familie…«
    »Aber ein Kind wolltest du meiner Tochter machen!« höhnte die Frau.
    »Du hast sie immer am gierigsten angeschaut. Ich gab dir den Vorzug. Jetzt zeigst du deine Feigheit.«
    »Ich kann nicht!«
    »Geht!«
    Es war ein scharfgesprochenes Wort, und die vier hatten endlich verstanden. Sie drehten sich um. Plötzlich hatte sich die Lage zu Sukos und Bills Gunsten verändert, denn es zeigten keine vier Gewehrmündungen mehr auf sie. Leider hatte man sie entwaffnet, so mussten sie sich mit bloßen Händen verteidigen, und der Mann mit der Eisenmaske hatte sein Schwert bereits gezogen. Auch

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