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Das andere Ufer der Nacht

Das andere Ufer der Nacht

Titel: Das andere Ufer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der Zwerg ließ den Morgenstern kreisen. Bei jeder Drehung war ein Pfeifen zu hören.
    Auch die Senora zeigte sich unsicher. Ihr Blick flackerte. Hundertprozentig war sie nicht von ihrem Plan überzeugt. Zudem wollten die Männer die Fackeln mitnehmen, und dagegen hatte sie etwas.
    »Lasst die Fackeln hier!«
    Die vier stoppten. Drei von ihnen legten ihre nieder, einer, es war Zicco, nahm sie mit. Er war der erste, und er verschwand bereits in der Tiefe des Gewölbes.
    »Reicht das?« fragte Ramon.
    »Ja.«
    In der Tat gaben die Fackeln genügend Licht ab. Es war ein unruhiger Schein, der nie gleich blieb und von einer Seite zur anderen schwang, als würde jemand aus dem Unsichtbaren gegen sie blasen. Dadurch bekam das Innere der weiten Grotte einen schwarzroten, gespenstischen Schein aus Licht und Schatten, der das Innere zu einem skurillen Felsgebilde verzerrte.
    In diese schaurige Umgebung passten die beiden Henker exakt hinein. Es erinnerte an die Kulisse eines Fantasy-Films, und der Zwerg mit seinem gefährlichen Morgenstern konnte nicht ruhig bleiben. Er schlich langsam auf Suko zu, wobei er auch weiterhin seine Waffe schwang und diese immer näher an das Gesicht des Chinesen vorbeihuschte. Bösartig war das Grinsen auf dem Gesicht des Verwachsenen. »Gleich bist du dran!« versprach er. »Noch zwei, drei Schritte, und von deinem Gesicht wird nichts mehr zurückbleiben.«
    Bill wurde nervös. In seiner unmittelbaren Nähe stand der Mann mit der Eisenmaske und schlagbereiter Waffe. Conolly fieberte. Weshalb griff Suko nicht ein? Warum bewegte er sich nicht und zog seinen Stab? Durch dessen Magie konnte er alles verändern, die Lage um hundertachtzig Grad drehen, aber er musste ihn zunächst hervorholen. Das versuchte er. Suko bereitete den Weg dorthin vor. »Darf ich noch eine Zigarette rauchen?« fragte er.
    Die Frau zuckte zusammen, weil sie von dieser Frage überrascht worden war. Sie musste sich mit ihren Gedanken ganz woanders befunden haben. Jetzt starrte sie Suko an und schüttelte den Kopf. »Was hast du da gesagt?« hauchte sie.
    »Ich will noch eine rauchen. Einem Verurteilten erfüllt man den letzten Wunsch gewöhnlich.«
    Sie ballte die Hände. Focht einen innerlichen Kampf aus, rechnete mit einem Trick und schüttelte plötzlich den Kopf. »Nein, du darfst nicht rauchen. Ihr beiden Bastardos habt mir genügend Unglück gebracht. Es wird Zeit, dass ihr sterbt!«
    Das genau war auch der Einsatzbefehl für den Zwerg. Plötzlich veränderte er die Richtung seines gefährlichen Morgensterns. Er schwang ihn nicht mehr im Kreis, sondern schleuderte seinen rechten Arm aus der Drehung heraus nach vorn. Zusammen mit Kette und Kugel!
    Letztere, nagelbespickt, erschien dicht vor dem Gesicht des Inspektors…
    ***
    Von einer Sekunde auf die andere hatte sich die gesamte Lage grundlegend verändert Bisher waren wir auf der Totenbarke durch die tiefe Dunkelheit gefahren, nun glühten an zwei verschiedenen Stellen die Schädel auf und verbreiteten ihren rötlichen Schein, der sich wie ein Schleier über das Boot und seine Insassen legte.
    Ich sah das Mädchen. Es hatte sein Vorhaben tatsächlich wahrgemacht, lag auf dem Geflecht aus Gebeinen, hatte den Mantel schon zum Teil aufgeknöpft, so dass ich ihren Körper anstarren konnte, und hielt in der rechten Hand meine Beretta, deren Mündung schräg in die Höhe wies und auf mich zielte.
    Wir sprachen nichts, aber ich sah die Enttäuschung in Vivianas Zügen und hatte das Gefühl, als wollte sie jeden Augenblick anfangen zu weinen. Sie alterte innerhalb weniger Sekunden, schluckte und hörte meine rauhe Stimme.
    »Es war wohl zu spät.«
    Ich erhielt keine Erwiderung und bekam Zeit, mir die nähere Umgebung anzuschauen. Wir befanden uns noch immer auf der Flussmitte, allerdings durch die Strömung schon leicht nach rechts abgetrieben, um in Kürze das andere Ufer zu erreichen.
    Dort ballte sich die Schwärze. Ob sie aus Wolken oder Felsen bestand, konnte ich noch nicht erkennen, jedenfalls wurden wir vorangetrieben, und die Knochenbarke schien über zahlreiche Stromschnellen direkt hinwegzuhüpfen. Das Wasser schäumte an langen, hellen Bahnen beiderseits der Bordwand entlang, nachdem es aus den zahlreichen Strudeln und Kreiseln herausgeschleudert worden war. Ich hatte schon meine Schwierigkeiten, mich zu halten und packte den Mast als Stütze.
    Viviana sprach kein Wort Aber sie wusste, dass sie ihren Vorsatz nicht aufrechterhalten konnte, und ihr rechter

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