Das Arrangement
Moment. “Marnie, geh zurück nach Hause und hol den Revolver. Geh nie wieder ohne Waffe los.”
“Andrew, ich habe keinen Waffenschein.”
“Dann bezahlst du eben Strafe. Das ist besser, als tot zu sein.”
“Warum fängst du immer wieder davon an, dass mich jemand töten will?”
“Vielleicht will ich dir Angst einjagen, damit du vorsichtiger wirst.”
“Wenn das so ist, dann spar dir die Mühe. Ich reagiere nicht auf Einschüchterungsversuche.”
“Marnie, Bogart ist ein fieser Mistkerl, und du bist ihm nicht gewachsen, auch wenn du das anders siehst. Er hat einen blutdürstigen Hass auf Alison, und das nicht nur, weil sie ihn abserviert hat.”
“Das weiß ich alles”, erinnerte sie ihn.
Er seufzte laut. “Haben wir eine Abmachung oder nicht?”
“Du hast mich gebeten, nicht nach meiner Großmutter zu suchen, und das tue ich nicht.”
“Gehst du nach Hause und bleibst dort?”
Sie dachte, die Jacht würde schaukeln, doch als sie sich am Türgriff festhalten wollte, wurde ihr klar, dass sie selbst sich bewegte. Sie hatte sich von einem Bein aufs andere gewiegt, so wie sie es früher als Kind getan hatte.
“Ich bin schon auf dem Weg nach Hause”, versprach sie ihm. Es war einfacher, als ihm zu erklären, dass sie vorher noch ein paar Sachen erledigen musste, wie zum Beispiel an der Tankstelle halten und tanken und zur Drogerie fahren, um dieses und jenes zu besorgen, was man für ein zivilisiertes Leben benötigte, unter anderem Hygieneartikel für Frauen. Oder dass sie, so schön Sea Clouds auch war, ab und zu mal rausmusste, um nicht verrückt zu werden.
Sie wusste es zu schätzen, dass er sich um ihre Sicherheit sorgte. Oder war das alles nur ein weiterer Versuch, sie einzuschließen und zu kontrollieren?
“Gut. Pass auf dich auf, bis ich wieder da bin. Tust du mir bitte den Gefallen?”
Etwas an der Art dieses Gesprächs hatte sie von Anfang an geärgert. Sie fühlte sich von ihm bevormundet, und das nicht zum ersten Mal. So war es von dem Tag an gewesen, als sie im Krankenhaus die Augen geöffnet hatte.
“Ja, sicher”, sagte sie noch, dann unterbrach sie die Verbindung.
Marnie konnte das merkwürdige Keuchen nicht einordnen. Zuerst dachte sie, jemand ersticke, bekäme keine Luft mehr. Schweißgebadet blieb sie in der Mittagssonne stehen, um zu lauschen. Die Laute schienen vom anderen Ende des Hauses zu kommen, wo sich der Lieferanteneingang zur Küche befand.
Marnie war gerade vor den Haupteingang gefahren und aus dem Wagen ausgestiegen. Sie hatte ein paar Schritte auf das Haus zu gemacht, als sie diese seltsamen Geräusche vernahm. Jetzt wusste sie nicht, ob sie sich fürchten oder jemandem zu Hilfe eilen sollte. Selbst wenn es nur jemand war, der weinte, sollte sie besser vorsichtig vorgehen.
Sie war immer noch vollkommen nass geschwitzt, ihr Gesicht war gerötet und voller Flecken. Der Tag war bisher ziemlich mies verlaufen, und was sie nun hörte, schien ihr auch nichts Gutes zu verheißen. Sie zog ihre Strickjacke aus, verknotete sie um ihre Hüften und machte sich auf, das Keuchen näher zu untersuchen. Eigentlich war sie sowieso nicht besonders scharf darauf, ins Haus zu gehen. Dort wusste sie nie, was sie erwartete.
“Hallo?”, rief sie, während sie langsam um das Gebäude herumlief. “Wer ist denn da?”
Niemand antwortete, aber die Laute wurden immer deutlicher. Es klang wie ein Schluchzen. Einen Augenblick dachte sie daran, sich Verstärkung zu holen, als ihr Blick auf ein Paar Sandaletten fiel, das hinter dem zurückgesetzten Eingang zur Hintertür hervorlugte. Die auffälligen strassbesetzten Schuhe kamen ihr sofort bekannt vor, ebenso das Parfum. Es roch, als hätte jemand einen ganzen Flakon zerbrochen.
“LaDonna?”
Marnie entdeckte ihre Freundin aus Kindertagen auf der Veranda sitzend, vornübergebeugt und herzerweichend schluchzend.
“Bist du gestürzt?”, erkundigte sich Marnie und setzte sich neben sie auf die kleine Veranda. Die Tür führte direkt zur Küche und zur Vorratskammer, und sie machte sich Sorgen, dass jemand sie hören könnte, aber LaDonna schien nicht in der Verfassung aufzustehen.
“Geht es dir gut?”, fragte Marnie noch einmal.
Die rotbraunen Locken flogen hin und her, als LaDonna den Kopf schüttelte. “Nein, geht es nicht. Ich kann nicht mehr, ich glaube, ich sterbe.”
“Soll ich einen Arzt rufen? Was ist los?”
“Dein blöder Bruder. Er hat gerade mit mir Schluss gemacht.”
“Bret? Du und Bret?” Marnie war
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