Das Arrangement
einen Bruder, wenn seine Schwester nach sechs Monaten wieder auftaucht?”
“Meine verdammte Schwester ist tot. Und jetzt mach, dass du verschwindest …”
Sie lachte so laut und krächzend, dass er glaubte, sein Trommelfell würde gleich platzen. Himmel noch mal, wer war diese Schlampe denn bloß?
“Jetzt frag mich, wo ich gewesen bin, du Arschloch!”, schrie sie. “Nun frag schon!”
Er hielt sich die Ohren zu. “Wo warst du?”, sagte er schließlich.
Sie atmete tief durch, als müsse sie sich beruhigen, aber die Knöchel ihrer Hand, mit der sie die Pistole hielt, traten weiß hervor.
“Ich habe lange auf den richtigen Zeitpunkt gewartet”, sagte sie. “Und jetzt ist es doch geradezu perfekt, findest du nicht? Ich bin Andrew und seine komische kleine Freundin los, nur noch du bleibst übrig.”
Bret glaubte immer noch nicht, dass es wirklich Alison war, aber er würde das Spiel mitspielen. Immerhin hatte diese Psychotante eine Knarre. Er hätte nur zu gern gewusst, wer ihm diesen Streich spielte. Andrew und Marnie Hazelton befanden sich hinter Gittern, aber irgendjemand wollte Bret Fairmont übel auf die Nerven gehen. Ob das wieder so eine verrückte Masche seiner Mutter war? Aber warum sollte sie so was tun?
“Wo ist Julia?”, wollte er wissen. “Unsere Mutter – wo ist sie?”
“Unten. Sie genehmigt sich gerade einen Drink, einen ordentlichen. Inzwischen weiß sie auch von unserem Plan, Bret.”
“Von unserem Plan? Von welchem Plan redest du? Es gibt ja einige.”
Ihre Augen funkelten. “Der Plan, meinen Tod vorzutäuschen und das Geld aus dem Treuhandvermögen zu teilen.”
Ihm wurde wieder übel. Davon hatte nur Alison gewusst. Seine Schwester Alison, die eigentlich tot war. Er hatte niemandem von der Idee erzählt, wie sie diese verdammte Moralklausel umgehen wollten.
“Woher sollte sie denn von diesem Plan erfahren haben?”
“Von mir natürlich, du Idiot.”
“Das glaube ich kaum. Das Vorhaben, von dem du sprichst”, sagte er so ruhig wie möglich, “
unser
Vorhaben –, hätte nämlich so nicht funktioniert. Das Treuhandvermögen geht an die nächste lebende weibliche Erbin. So hat unsere Großmutter das arrangiert. Ich hätte unter keinen Umständen was davon bekommen.”
“Bret, verdammt noch mal, du redest mit mir,
Alison.
Du weißt genauso gut wie ich, dass im Testament die Möglichkeit eingeräumt wird, den Fond an dich zu überschreiben, falls ich sterbe, ohne weibliche Nachkommen zu hinterlassen. Ich nehme an, Mom hatte nicht die Absicht, dir das jemals zu verraten, auch nicht, als sie davon ausging, dass ich nicht mehr lebe und du der nächste Erbe bist. Sie hat wirklich nichts für dich übrig, was, kleiner Bruder?”
Bret wusste lediglich von diesem Vorbehalt im Testament, weil Alison ihm das vor sechs Monaten eröffnet hatte, als ihnen die Idee zu ihrem Plan gekommen war. Aber woher zum Teufel wusste diese Frau das? “Wer hat dir von dieser Erbfolge erzählt? Julia?”
“Nein,
ich
habe es
dir
erzählt – vor sechs Monaten. Ich habe den lächerlichen Code von Moms Safe geknackt und die Papiere in dem Wandschrank gefunden. Da ist mir die Idee zu unserem Vorhaben gekommen, was einwandfrei funktioniert hätte, wenn du es nicht aus lauter Habgier vergeigt hättest.”
Sie wiederholte die neunstellige Kombination zum Safe ihrer Mutter, und Bret drehte sich der Magen um. Er hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen, und schluckte krampfhaft.
“Du bist doch nicht Alison”, sagte er. “Ich habe gesehen, wie sie ertrunken ist. Wie sie von der Strömung weggeschwemmt wurde. Sie ist tot!”
Wieder dieses schreckliche Lachen, das ihm schmerzhaft in den Ohren dröhnte. Diese Schlampe wollte ihm die Schuld in die Schuhe schieben, dass es nicht funktioniert hatte. Dieser ganze verdammte Plan war Alisons Idee gewesen, und keiner konnte Alison aufhalten, wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hatte. Sie war tatsächlich davon überzeugt gewesen, sie könne bei einem Unwetter von Andrews Jacht springen und es so aussehen lassen, als habe er sie über Bord gestoßen.
Sie allein hatte alle Vorbereitungen getroffen, hatte die Rettungswesten versteckt und die Rettungsleine gekappt. Sie war eine gute Schwimmerin und hatte sich genau über die Strömungen informiert. Außerdem hatte sie noch einen aufblasbaren Ring im Saum ihres Umhangs versteckt. Doch in ihrem ganzen genialen Plan hatte sie eine fatale Schwachstelle übersehen: ihren hinterhältigen
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