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Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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zugesagt.»
    «Sie weiß nicht, was ich vorhabe», murmelte sie. «Aber ich muss etwas tun, was keinen Aufschub erlaubt. Für Barnabas.»
    Er fasste sie beinahe grob bei der Schulter und drehte sie zu sich herum. «Serafina! Versprecht mir, keine Dummheiten zu machen. Hinter dieser Mordsache steckt vielleicht mehr, als wir ahnen. Lasst die Finger davon, das ist brandgefährlich.»
    «Keine Sorge, ich kann schon auf mich selbst aufpassen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 28
    A m Freitag machte sich Serafina in aller Frühe auf den Weg nach Sankt Peter und Paul. Sie war eine der Ersten, die das soeben geöffnete Obertor passierte, und bis auf einen Schäfer beim Dörfchen Ebnot begegnete ihr keine Menschenseele. Es versprach ein herrlicher Sommertag zu werden. Ein leichter Wind wehte von den Bergen herunter, die Schwalben zogen hoch in der Luft ihre Kreise, und die Morgensonne würde bald ihre ersten warmen Strahlen in das breite Dreisamtal schicken.
    Sie beschleunigte ihren Schritt. Ja, sie hatte Angst. Große Angst sogar. Doch jedes Mal, wenn ihr die Beine schwer wurden, dachte sie daran, dass Barnabas heute Nachmittag ins Marterhäuslein geführt werden würde – sofern nicht ein Wunder geschah und sie selbst es zu verhindern schaffte. Und dazu blieb ihr, wenn überhaupt, nur eine Stunde Zeit, da die Wilhelmiten mit Sicherheit geraume Zeit vor Beginn der Messe eintreffen würden.
    Von Catharina hatte sie tatsächlich die Erlaubnis bekommen, der Frühmesse bei den Barfüßern fernzubleiben und stattdessen die Exhumierung von Hannes’ Leichnam mit Gebeten zu begleiten. Es war ihr ungemein schwergefallen, ihre Meisterin anzulügen, indem sie ihr gegenüber vorgab, schon im Morgengrauen aufbrechen zu wollen, um im Eschholz noch einige Pflanzen zu sammeln. Von dort wolle sie dann stracks weiter zum Schindanger. Um diese Absicht zu unterstreichen, hatte sie sogar eine Rückentrage mitgenommen.
    Innerlich schüttelte sich Serafina. So viele Lügen auf einmal. Damit würde sich die Frage nach dem Bestehen ihrer Probezeit als Christoffelschwester von selbst erledigen. Als Catharina nämlich gestern nach der Abendandacht noch einmal alle Frauen feierlich zusammengerufen hatte, um zu verkünden, dass Serafinas Prüfungszeit dem Ende zugehe, da war ihr, als würde sich ihr eine Schlinge um den Hals legen.
    «An diesem Sonntag werden es drei Monate sein, dass unsere Mitschwester Serafina bei uns ist», hatte die Meisterin ihre kleine Rede eröffnet. «Für mich fühlt es sich an, als wäre sie schon sehr viel länger unter uns. Sie hat sich schnell in unseren kleinen Kreis eingefügt, hat mit der Bewirtschaftung des neuen Gärtchens und ihrer Kräuterapotheke unsere Schwesternsammlung bereichert und war sich doch nie zu schade, auch die geringsten Dienste zu übernehmen. So frage ich euch nun, wie es das Regelbuch vorschreibt, dem Alter nach: Soll Serafina bei uns bleiben?»
    Sie waren im Kreis um sie herumgestanden, und Serafina hatte nur ein ums andere Mal daran gedacht, dass sie sich am nächsten Morgen heimlich davonschleichen würde, um etwas zu tun, wozu sie niemals die Erlaubnis erhalten hätte. Jede der Frauen hatte mit Ja geantwortet – zunächst die alte Mette, mit Tränen der Rührung in den Augen, dann in energischem Tonfall Heiltrud, mit einem bezaubernden Lächeln die schöne Adelheid und Grethe schließlich mit einem lauten Juchzen. Catharina, als Meisterin, hatte das letzte Wort gehabt, und auch sie bekundete ein klares und freudiges «Ja!».
    Serafina, die nun ihrerseits ihren Willen zum Ausdruck bringen sollte, war die Kehle wie zugeschnürt, und sie hatte gerade noch ein Krächzen herausgebracht. Sie konnte nur hoffen, dass die anderen, die ihr nun eine nach der anderen um den Hals fielen, dies als Ergriffenheit auslegten. Zu jeder anderen Zeit hätte sie vor Freude gejubelt, doch sie ahnte: Die große Feier, die nun für den Sonntag nach der heiligen Messe festgesetzt war und zu der man Freunde des Hauses zum Festschmaus einladen wollte – diese Feier würde angesichts ihrer Eigenmächtigkeiten und ihrer Lügen niemals stattfinden. Und doch hatte sie keine Wahl, wollte sie Barnabas vor der Tortur und dem qualvollen Tod des Räderns retten. So hatte sie ein Stoßgebet zum Himmel geschickt, dass Barnabas am Sonntag wenn schon nicht bei ihrer Feier, so doch wenigstens in Freiheit sein würde.
    Nach kurzer Zeit schon hatte sie das Zollhäuschen erreicht, das nicht weit vom Schauplatz des zweiten Mordes

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