Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
dich glücklich machen.«
»Ich möchte dich nicht unglücklich machen.«
Er sah sie stirnrunzelnd an. »Wieso machst du dir deswegen Sorgen?«
Jetzt, wo Nathan wieder in ihr Leben getreten war, egal wie flüchtig die Verbindung auch sein mochte, konnte ein falscher Schritt dazu führen, dass sie ihm wieder verfiel. Es war, als würde sie am Rand eines Vulkans leben.
»Ich habe ein Kind«, brachte sie mühsam hervor.
Er sah sie verdattert an. »Was?«
»Es wurde im März vor fünf Jahren geboren.«
Er nahm ihre Hand. »Was ist passiert?«
»Ich habe einen Mann geliebt, der mich nicht geliebt hat«, sagte Tia. »Zumindest hat er mich nicht genug geliebt.«
Sie grub ihre zitternden Finger in sein Knie.
»Er war verheiratet … Ich habe mit ihm gesündigt … Ich konnte es nicht ertragen, noch eine Sünde zu begehen, deshalb habe ich nicht abgetrieben … Aber ich habe meine Tochter zur Adoption freigegeben.«
Sie erzählte ihm alles. Alles, was sie ihm erzählen konnte.
Eine Weile saßen sie schweigend beisammen.
Er reichte ihr ein Taschentuch, nahm sie aber nicht in den Arm.
»Liebst du ihn noch immer?«
Tia presste die Lippen aufeinander, um die Frage nicht zu wiederholen. Liebte sie ihn immer noch?
Liebte sie ihn immer noch? Hatte es etwas zu bedeuten, dass ihr Puls schneller ging, seit sie Nathan wiedergesehen hatte? Dass sein Name der einzige war, den sie aussprechen wollte, und dass sie immer noch seine Haut an ihrem Daumen spürte?
»Nein, natürlich nicht«, sagte sie.
»Und was ist mit dem Kind?«
»Wie meinst du das?«
»Liebst du es?«
»Was spielt das für eine Rolle?«
»Es kommt mir einfach so traurig vor, ein Kind wegzugeben.« Er nahm ihre Hand. »Wenn ich mir vorstelle, was du durchgemacht haben musst. Das tut mir weh. Ich verurteile dein Handeln nicht. Ihn sollte man verurteilen. Er war verheiratet. Er hat dich sitzen lassen.«
Ihr fiel nichts Besseres ein, als eine abgedroschene Redewendung zu benutzen, um zu verhindern, dass sie über Nathan und Honor redeten: »Das ist alles Schnee von gestern.«
»Das glaube ich dir nicht«, sagte Bobby. »Dafür siehst du viel zu unglücklich aus. Gott, damit wird mir vieles klar. Über dich. Über uns.«
»Uns?«
»Du musstest alle auf Distanz halten, nicht wahr? Mich eingeschlossen. Ich glaube, jetzt wo ich die Wahrheit kenne, wird alles gut.«
»Wahrscheinlich.« Vielleicht hatte Bobby recht. Wenn einer sie verstand, dann er. Sie konnte ihm vertrauen. Bei ihm konnte sie sich sicher fühlen.
»Es klingt so, als hättest du unter Druck gestanden, das Kind wegzugeben.«
»Wer sollte mich denn unter Druck gesetzt haben?«
»Er. Er hat dich sitzen lassen. Er wollte von dem Kind nichts wissen. Du konntest nicht mehr klar denken. Noch dazu lag deine Mutter im Sterben. Mein Gott, Tia, wie hättest du da noch klar denken sollen?«
Man konnte nie hundertprozentig ehrlich sein. Zumindest nicht einem Mann gegenüber. Wie hätte sie ihm sagen können, dass Honor sie zu sehr an Nathan erinnert hätte? Dass sie aus purer Feigheit gehandelt hatte? Dass sie verrückt vor Liebe gewesen war? Und würde das alles überhaupt eine Rolle spielen?
»Es ist alles seine Schuld. Das ist absolut inakzeptabel.« Er hatte sich so ereifert, dass sein Gesicht ganz rot geworden war. »Verdammt, es ist dein Kind. Deine Tochter. Sie gehört zu dir.«
»Dafür ist es zu spät. Sie ist inzwischen fünf. Ich habe sie weggegeben. Gott, ich erinnere mich noch genau an den Wortlaut in dem Adoptionsvertrag: endgültig und unwiderruflich .«
»Wir können uns doch zumindest mal mit einem Anwalt unterhalten, oder? Das kann nicht schaden. Es gibt immer irgendwelche Schlupflöcher.«
Schlupflöcher. Er redete wie ein echter Southie. Sie wusste, dass sie nein sagen sollte. Aber die Versuchung, ja zu sagen, war groß.
24. Kapitel – Juliette
Es war kalt im Laden. Oder ihr war einfach nur kalt. So oder so, Juliette fröstelte auf ihrem Schreibtischstuhl. Vielleicht war ihr ja ein Geist erschienen. Das fragte Nathans Mutter jeden, der eine Gänsehaut bekam.
Juden konnten so schwerblütig sein. Wäre ihr Vater depressiv geworden, wenn ihre Mutter ihn nicht ständig aufgeheitert hätte? Ihre Mutter hatte eine Seele, so leicht, als bestünde sie aus Helium. Juliette fürchtete manchmal, dass auch sie eine allzu leichte Seele hatte. Wenn sie schwerblütiger veranlagt wäre, hätte Nathan vielleicht nicht das Interesse an ihr verloren und sich nach tiefsinnigeren Frauen
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