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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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heimkehren. Sie waren noch ein gutes Stück entfernt und hatten es offenbar nicht eilig. Hand in Hand, die Köpfe zusammengesteckt, so schlenderten sie plaudernd dahin, ohne auf die Welt um sie herum zu achten, das konnte Mary sogar aus dieser Entfernung erkennen.
    Sie wollte schon das Teleskop vors Auge heben, besann sich aber und steckte es wieder in die Tasche. Ein Fernrohr war nicht nötig, denn sie wusste, was sie sehen würde: Die beiden würden wie aus lebendigem Gold erscheinen. Als das Inbild dessen, was die Menschen sein könnten, wenn sie einmal zu ihrem wahren Wesen gefunden hätten.
    Der Staub, der von den Sternen fiel, hatte eine lebendige Heimstatt gefunden, und diese von Liebe überströmenden Kinder, die man nicht länger Kinder nennen durfte - waren die Ursache von allem.

Der zerbrochene Pfeil
     
     

    Die beiden katzengestaltigen Dæmonen huschten von Schatten zu Schatten springend durch das stille Dorf. Auf leisen Pfoten überquerten sie den mondbeschienenen Versammlungsplatz und hielten dann vor der offenen Tür der Hütte, in der Mary wohnte.
    Vorsichtig lugten sie hinein, sahen aber nur die schlafende Frau. Daraufhin zogen sie sich zurück und trabten auf den Baum zu, der zugleich als Unterschlupf diente.
    Von den langen Zweigen hingen korkenzieherähnliche Blätter bis fast auf den Boden. Behutsam, ohne mit trockenem Laub zu rascheln oder einen Zweig zu zerbrechen, glitten die beiden Schatten durch den Blättervorhang und erblickten, was sie gesucht hatten: den Jungen und das Mädchen, eng umschlungen und fest schlafend.
    Die Dæmonen schlichen sich näher heran, stubsten die Schlafenden mit der Nase an und strichen mit Schnurrhaaren um sie herum. Sie badeten in der wohligen Wärme, die von den beiden ausging, achteten aber peinlich darauf, die Schlafenden nicht aufzuwecken. 
    Während sie sich um ihre Schutzbefohlenen kümmerten (Will wurde die nun rasch heilende Wunde gesäubert, Lyra eine Haarsträhne aus dem Gesicht gestrichen), war ein leises Geräusch hinter ihnen zu hören.
    In gespenstischer Stille nahmen beide Dæmonen sogleich Wolfsgestalt an: Augen wie glühende Kohlen, bleckende weiße Zähne, die ganze Körperhaltung eine einzige Drohung.
    Vor ihnen stand eine Frau im Mondlicht. Das war nicht Mary, und als sie zu ihnen sprach, verstanden sie jedes Wort, obgleich kein Laut aus ihrem Mund kam.
    »Folgt mir«, sagte sie.
    Pantalaimons Herz hüpfte vor Freude, doch er sagte nichts, bis er die Frau etwas abseits von den Schlafenden begrüßen konnte.
    »Serafina Pekkala!«, rief er. »Wo bist du gewesen? Weißt du, was geschehen ist?«
    »Pst! Fliegen wir zuerst zu einem Ort, wo wir uns ungestört unterhalten können«, sagte die Hexe mit Blick auf die schlafenden Bewohner. 
    Ihr Wolkenkiefernzweig lag neben der Tür zu Marys Hütte. Kaum hatte sie ihn aufgehoben, verwandelten sich die beiden Dæmonen in Vögel - in eine Nachtigall und eine Eule - und flogen mit ihr über die Strohdächer des Dorfes, das Grasland und die Hügelkette bis zu dem nächstgelegenen Hain mit Rad-Bäumen, deren Kronen silbrig im Mondlicht schimmerten.
    Dort ließ sich Serafina Pekkala auf dem höchsten zum Rasten geeigneten Ast nieder und neben ihr die beiden Vögel. Die Blütenkelche um sie herum tranken den Staub, der von oben herabfiel.
    »Ihr werdet nicht lange Vögel bleiben«, sagte sie. »Schon sehr bald bekommt ihr eure endgültige Gestalt. Schaut euch um und prägt euch diesen Anblick ein.«
    »Was werden wir denn sein?«, fragte Pantalaimon.
    »Das wirst du rascher erkennen, als du glaubst. Hört jetzt zu«, sagte Serafina Pekkala. »Ich lehre euch nun etwas, das nur Hexen wissen. Ich kann das auch nur deshalb, weil ich mit euch hier oben bin, während eure menschlichen Gefährten dort unten schlafen. Wer sind die einzigen Wesen, die so etwas können?«
    »Hexen«, sagte Pantalaimon, »und Schamanen. Also ...« 
    »Dadurch, dass Lyra und Will euch beide am Ufer der Welt der Toten zurückließen, folgten sie, ohne es zu wissen, dem Beispiel der Hexen, die dies schon immer getan haben, seit es Hexen gibt. Bei uns im Hohen Norden gibt es einen öden, trostlosen Landstrich, der zu Anfang der Welt Schauplatz einer gewaltigen Katastrophe gewesen war und seither von niemandem mehr bewohnt wird. Kein Dæmon kann dieses Land betreten. Ein Mädchen, das Hexe werden will, muss seinen Dæmon am Eingang zurücklassen und allein weitergehen. Ihr wisst selbst, welche Qualen das für sie bedeutet. Haben sie

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