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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Stelmaria!«
    »Überlegen wir doch einmal ganz ruhig«, sagte die Schneeleopardin. »Was kann sie denn tun?«
    »Tun? Nicht viel. Vielleicht weiß sie etwas.«
    »Sie kann das Alethiometer lesen, sie hat damit Zugang zu Wissen.«
    »Das ist nichts Besonderes, das haben andere auch. Wo zum Teufel mag sie stecken?«
    An der Tür hinter ihm klopfte es und er fuhr herum.
    »Mylord«, meldete der eintretende Offizier, »soeben ist ein Engel am westlichen Tor eingetroffen. Er ist verwundet und will Euch unbedingt sprechen.«
    Wenig später lag Baruch auf dem Feldbett, das man in aller Eile in das größere Zimmer gebracht hatte. Man hatte einen Sanitäter gerufen, doch bestand wenig Hoffnung: Der Engel war schwer verwundet, seine Flügel waren zerfetzt und seine Augen trübe. Lord Asriel setzte sich neben ihn und warf eine Handvoll Kräuter auf die Kohlen in der Pfanne. In ihrem Rauch konnte er die Gestalt des Engels besser erkennen.
    »Nun, Sir«, sagte er, »was haben Sie mir zu berichten?«
    »Dreierlei. Lasst es mich bitte aufzählen, bevor Ihr sprecht. Ich heiße Baruch. Mein Gefährte Balthamos und ich gehören zur Partei der Rebellen, deshalb wollten wir uns Euch anschließen, sobald Ihr die Fahne aufgenommen hattet. Doch weil wir so wenig Macht haben, wollten wir Euch etwas Wertvolles mitbringen. Vor kurzem gelang es uns, ins Herz des Wolkenberges vorzudringen, in die Festung des Allmächtigen. Dort erfuhren wir ... «
    Er verstummte und atmete tief den Rauch der Kräuter ein, der ihn zu beruhigen schien. Dann fuhr er fort.
    »Wir erfuhren die Wahrheit über den Allmächtigen. Uns wurde offenbar, dass er sich in eine Kammer aus Kristall tief im Inneren seines Berges zurückgezogen hat und sich nicht mehr mit den täglichen Regierungsgeschäften seines Reiches befasst. Stattdessen sinnt er über tiefe Geheimnisse nach. An seiner Stelle und in seinem Namen regiert ein Engel namens Metatron. Ich kenne diesen Engel sehr gut, obwohl er, als ich ihn kannte ... «
    Seine Stimme erstarb. Lord Asriels Augen blitzten, doch sagte er nichts und wartete darauf, dass Baruch fortfuhr.
    »Metatron ist stolz«, flüsterte Baruch, als er sich wieder ein wenig erholt hatte, »und sein Ehrgeiz grenzenlos. Der Allmächtige hat ihn vor viertausend Jahren zu seinem Regenten bestimmt, und seither planen sie alles gemeinsam. Jetzt haben sie ein neues Vorhaben gefasst, und mein Gefährte und ich konnten es in Erfahrung bringen. Der Allmächtige ist der Ansicht, dass die mit Bewusstsein ausgestatteten Lebewesen aller Arten eine gefährliche Unabhängigkeit erreicht hätten, deshalb soll Metatron sich aktiver in die Angelegenheiten der Menschen einmischen. Der Regent will den Allmächtigen heimlich aus dem Wolkenberg fortschaffen und in eine andere, stationäre Festung verlegen. Der Wolkenberg soll dann zu einer Kriegsmaschine umgebaut werden. Die Kirchen der verschiedenen Welten sind für Metatron korrupt und schwach und gehen zu bereitwillig Kompromisse ein ... Metatron will deshalb in allen Welten eine ständige Inquisition unter direktem Befehl des Himmelreichs einrichten. Ziel seines ersten Feldzugs soll sein, Eure Republik zu zerstören...«
    Sie zitterten beide, der Engel wie der Mann, der eine aus Schwäche und der andere vor Erregung.
    Unter Aufbietung seiner letzten Kraft fuhr Baruch fort: »Zweitens gibt es ein Messer, das Fenster von einer Welt in die andere öffnen und durch alle Materialien in diesen Welten schneiden kann. Seine Gewalt ist grenzenlos, doch nur in der Hand dessen, der damit umzugehen versteht. Und das ist ein Junge ... «
    Wieder schwieg der Engel erschöpft. Er hatte Angst, denn er spürte, wie er sich allmählich auflöste. Lord Asriel entging nicht, welche Anstrengung es den Engel kostete, sich zusammenzuhalten. Gespannt saß er da und umklammerte die Arme seines Sessels, bis Baruch wieder genug Kraft hatte fortzufahren.
    »Mein Gefährte ist jetzt bei diesem Jungen. Wir wollten ihn gleich zu Euch bringen, doch weigerte er sich, weil ... Das ist das Dritte, das ich Euch sagen muss: Er und Eure Tochter sind Freunde. Und er will erst darin zu Euch kommen, wenn er sie wieder gefunden hat. Sie ist -« »Wer ist dieser Junge?«
    »Der Sohn des Schamanen, der Sohn von Stanislaus Grumman.« Lord Asriel war so überrascht, dass er von seinem Sessel auffuhr. Rauchschwaden wirbelten um den Engel.
    »Grumman hatte einen Sohn?«, rief er.
    »Grumman ist nicht in Eurer Welt geboren und er hieß auch nicht wirklich

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