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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Mulefa, ihr setzt eure Hoffnung auf mich, also werde ich mein Bestes tun. Ihr seid freundlich und euer Leben ist gut und harmonisch. Ich werde mich bemühen, euch zu helfen. Nun, da ich Sraf gesehen habe, weiß ich, was ich tue. Ich danke euch für euer Vertrauen.
    Sie nickten, murmelten und streichelten sie mit ihren Rüsseln, als sie durch die Reihen ging. Mary fragte sich betroffen, auf was sie sich da eingelassen hatte.
     
     
    In der Welt von Cittàgazze stieg zur gleichen Zeit Pater Gomez, der Priester mit dem Mordauftrag, auf schmalem Pfad in die Berge hinauf. Das Abendlicht fiel schräg durch die silbrigen Blätter knorriger Olivenbäume, und die laue Luft war vom Gesang der Zikaden erfüllt.
    Vor sich sah er, zwischen Weinberge gebettet, ein kleines Bauernhaus, wo eine Ziege meckerte und eine Quelle aus grauem Felsgestein plätscherte. Neben dem Haus machte sich ein alter Mann zu schaffen, und eine alte Frau führte eine Ziege zu einem Schemel und Eimer.
    Weiter unten im Dorf hatte man ihm gesagt, die Frau, deren Spur er verfolgte, sei hier vorbeigekommen und habe davon gesprochen, in die Berge zu gehen. Vielleicht hatte das alte Paar die Frau gesehen. Wenigstens würde er dort Käse und Oliven kaufen und einen tüchtigen Schluck Wasser aus der Quelle nehmen können. Pater Gomez war an ein einfaches Leben gewöhnt, und Zeit hatte er genug.

Die Vorstädte der Toten
     
     

    Den fröstelnden Pantalaimon an der Brust wachte Lyra noch vor Tagesanbruch auf. Sie erhob sich und tat ein paar Schritte, um sich aufzuwärmen. Langsam erschien das erste graue Morgenlicht am Himmel. Noch nie, nicht einmal in der schneebedeckten Arktis, hatte sie eine so tiefe Stille erlebt; kein Lüftchen regte sich, die See lag spiegelglatt da, und nicht die kleinste Welle brach sich am Strand; die Welt schien zwischen Ein- und Ausatmen stillzustehen.
    Will schlief immer noch zusammengerollt und mit dem Kopf auf dein Rucksack, um das Messer zu schützen. Sie legte ihm den Mantel, der ihm von der Schulter gerutscht war, wie der um und tat so, als hüte sie sich davor, seinen katzengestaltigen Dæmon zu berühren, so vermutete sie wenigstens, zusammengerollt wie er dalag. Er muss hier irgendwo sein, dachte sie.
    Mit dem noch schläfrigen Pantalaimon auf dem Arm entfernte sie sich ein paar Schritte von Will und setzte sich am Hang einer Sanddüne nieder. Dort konnten sie miteinander sprechen, ohne ihn aufzuwecken.
    »Die kleinen Leute da ... «, sagte Pantalaimon.
    »Ich kann sie nicht leiden«, entgegnete Lyra entschieden. »Wir sollten versuchen, sie so bald wie möglich loszuwerden. Wenn wir sie in einem Netz fingen, könnte Will eine Öffnung schneiden und gleich wieder schließen. Dann wären wir sie los.«
    »Wir haben aber kein Netz«, wandte Pantalaimon ein. »Im Übrigen glaube ich, dass sie dazu viel zu schlau sind. Schau nur, er beobachtet uns.«
    Ihr Dæmon hatte sich in einen Falken verwandelt und sah mit seinen Greifvogelaugen schärfer als Lyra. Die Schwärze des Himmels wich von Minute zu Minute einem blassen, ätherischen Blau. Als sie zum Strand hinunterschaute, sah sie die ersten Sonnenstrahlen über das Wasser streichen. Weil sie oben auf der Düne saß, erreichte das Licht sie ein paar Sekunden früher als den Sandstrand. So beobachtete sie, wie es über sie hinweg zu Will flutete, und dann sah sie die spannenlange Gestalt des Chevaliers neben Wills Kopf Wache halten.
    »Fest steht«, sagte Lyra, »dass sie uns zu nichts zwingen können. Sie sind dazu verurteilt, uns zu folgen. Das hängt ihnen sicherlich zum Hals heraus.«
    »Wenn sie uns in ihre Gewalt bekommen würden«, sagte Pan und meinte damit Lyra und sich selbst, »und sie hätten ihre Giftstacheln im Anschlag, dann müsste Will schon tun, was sie von ihm verlangen.«
    Lyra dachte darüber nach. Sie erinnerte sich lebhaft an Mrs. Coulters schreckliche Schmerzensschreie und ihre augenrollenden Zuckungen, als das Gift in die Blutbahn eintrat, dazu das plötzliche Erschlaffen des goldenen Affen ... Und das war nur ein Kratzer gewesen. Will würde nicht darum herumkommen, ihnen dann zu gehorchen.
    »Mal angenommen, sie glauben, er würde es nicht tun«, gab sie zu bedenken. »Angenommen, sie halten ihn für so eiskalt, dass er zuschauen würde, wie wir sterben. Vielleicht sollten wir alles tun, damit sie glauben, er wäre tatsächlich so abgebrüht.«
    Sie hatte das Alethiometer mitgenommen und nun war es hell genug geworden, um die Anzeigen abzulesen. Lyra

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