Das Bernsteinerbe
Feiern der Handwerker vorzustellen hatte. Am Ende verbeugte er sich so tief, dass sein Spitzhut zu Boden fiel. Er gab vor, nach vorn zu kippen und haltlos zu Boden zu stürzen. Übertrieben schrie sie auf. Er ruderte mit den Armen und sank wie zufällig genau vor ihr auf die Knie, griff nach ihren Händen, hob sie zum Mund und bedeckte sie mit heißen Küssen.
»Letztlich bin wohl eher ein rechter Tolpatsch und muss selbst in diesem Metier noch viel lernen.«
»Ach, Christoph! Mach dir keine Gedanken. So vieles hast du in deinem Leben schon gelernt. Ich bin mir sicher, auch das mit den Gaukeleien wird noch klappen.«
»Gewiss kannst auch du mir da noch einiges beibringen. Lass uns gleich hier mit den ersten Lektionen beginnen. Schließlich hast du letztens gleich nebenan im Junkergarten deine Standesgenossen mit sprühendem Witz bezaubert.«
»Das klingt, als wärst du eifersüchtig auf die alten Herren.«
»Nicht nur auf die«, entgegnete er. »Ach, wenn du wüsstest, wie ich allein schon bei dem Gedanken leide, wer dir alles nahekommen darf. Schließlich muss ich dich am helllichten Nachmittag mit meinem ausgebreiteten Doktorenmantel erschrecken, um dich wenigstens für eine kurze Weile hierher in den Garten zu entführen. Sonst bleibt mir kaum eine Gelegenheit, in den Genuss deiner Gegenwart zu kommen.«
»Vielleicht sollte ich dich zweimal in der Woche zur Ader lassen. Ordentlich zu bluten sollte es dir wert sein, mich zu sehen.« Sie zwinkerte ihm zu. »Heißt wahre Liebe nicht auch tiefes Leiden?«
»Wenn es daran hängt, dann schlitz mir bitte sofort die Adern auf.« Eilig krempelte er die Ärmel hoch. »Dich um mich zu haben, ist mir der tägliche Blutfluss wert.«
»Was habe ich von dir, Liebster, wenn du mir täglich deinen Lebenssaft opferst? Keine zwei Wochen wird es dauern, und du liegst völlig erschöpft danieder. Das kann ich nicht ertragen.«
»Aber behandeln«, erwiderte er mit keckem Grinsen. »Schließlich musst du dann an mein Krankenbett eilen und Tag und Nacht bei mir wachen.«
Auf Knien rutschend, schob er sich näher zu ihr heran und legte ihr vorsichtig die Hände um die Hüften. Zuerst zuckte sie unter der gewagten Berührung zusammen, gab dann dem eigenen Verlangen nach und ließ ihn gewähren.
»Dafür aber werde ich heftig um deine Gesundheit bangen müssen. Nein, mein Lieber, lass uns einen anderen Weg finden, uns öfter zu sehen.« Sie nahm sein Gesicht in die Hände und sah ihm eindringlich in die grauen Augen. Es war ihr, als lägen alle Schätze der Welt in diesem Blick. Hatte sie je etwas Ähnliches empfunden? Sie spürte, wie ihr die Sinne schwanden.
Langsam erhob er sich und setzte sich zu ihr auf den Stuhl. Heiß brannten ihr die Wangen ob des Gefühls, ihn so dicht bei sich zu haben. Durch den Stoff ihres Kleides meinte sie, die Wärme seiner Haut auf den Schenkeln zu spüren. Das Verbotene reizte sie. Sie schloss die Augen und beugte sich bereitwillig zu ihm hin. Er begann, sie zu küssen. Erst auf die Wangen, dann suchte er ihren Mund, stieß sanft mit der Zungenspitze zwischen ihre Lippen und öffnete sie. Sie ließ ihn gewähren. Er schlang die Arme um ihren Leib und zog sie näher heran.
Ihn zu küssen war eins, seine Wärme zu spüren das Nächste. Gleichzeitig loderte das eigene Begehren immer heftiger in ihr auf. Ihre Zähne spielten mit seiner Zunge, ihre Hände glitten derweil seinen Rücken hinab. Ehe sie sich dessen bewusst wurde, verschwanden sie unter seinem Rock, nestelten an Wams und Hemd, fanden gar ein Schlupfloch unter das Leinen. Er stöhnte auf. Sie genoss den Schauder auf ihrem eigenen Leib. Seine Haut fühlte sich angenehm weich an. Sanft strich sie darüber, spürte, wie sich die Härchen aufrichteten. Er schob sich noch näher an sie heran. Sein Stöhnen wurde lauter, sie seufzte hell auf.
Derweil gingen auch seine Hände auf Wanderschaft, strichen über ihre Schulterblätter den Rücken hinunter, wagten den Weg vorn herum wieder herauf, fanden ihre Brüste, liebkosten, zupften an dem Stoff. Gelangten zum Verschluss ihres Mieders, fanden den Knopf.
»Nein!« Abrupt wich sie zurück.
Es war, als hätte jemand einen Eimer kalten Wassers über ihnen ausgegossen. Ihre Gesichter liefen rot an. Sie senkten beide den Blick, konnten einander nicht mehr in die Augen sehen. Vorsichtig tastete sie nach seinen Händen, jäh zog er sie zurück, tat, als gäbe es nichts Dringenderes, als sein Hemd in die Hose zu stopfen.
»Verzeih«, murmelte
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