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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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Kinderschwester eingekleidet. Es war ein besonderer Tag für den Kleinen: die Feier seines ersten Geburtstags.
    »Bitte, greift zu, esst und trinkt! Der Wein ist hervorragend.« Sie hakte sich bei Generalabt Saviano unter und führte ihn zum überreichen Büfett: Gänsebraten, Spanferkel, Artischocken, Oliven, ein Silbertablett mit goldgelb geräucherten Sardinen aus eigener Herstellung.
    »Ihr seht reizend aus, Signora«, sagte der Generalabt, den Blick gierig auf das Büfett gerichtet.
    Sie bedankte sich mit einem bescheidenen Nicken für das Kompliment. »Der Herr ist gut zu mir gewesen. Aber nicht nur zu mir, zu ganz Prato.« Sie reichte ihm einen Kelch und gab einem Diener einen Wink, ihn mit Wein zu füllen. Er trank, doch sie ließ seinen Arm nicht los.
    »Ich habe eine ganz besondere Bitte, Monsignore«, sagte sie dann mit einem einnehmenden Lächeln.
    »Nun, ich werde mein Bestes tun, um sie Euch zu erfüllen«, antwortete Saviano galant. Der gute Wein stimmte ihn großzügig.
    Signora Teresa hörte nicht auf zu lächeln. Sie wusste, ihr Lächeln war einer ihrer zahlreichen Vorzüge.
    »Ihr könntet Lucrezia Buti den Schutz des Ordens gewähren, solange sie ihn braucht, egal unter welchen Lebensumständen sie nach dem Willen der Muttergottes leben mag«, sagte sie.
    Der Generalabt unterdrückte einen wilden Fluch. Er blickte zu Ottavio hinüber, der in einem feinen Samtwams am anderen Ende des Balkons stand und den zuvorkommenden Gastgeber gab. Der Kaufmann erwiderte seinen Blick, und der Generalabt hob fragend die Augenbrauen.
    Der Kaufmann nickte unmerklich und wies mit einem Blick auf seine hübsche Frau. Dann wandte er sich lächelnd einem anderen Gast zu.
    »Sie hat natürlich jetzt ihr Kind«, fuhr Signora Teresa fort, »aber der Titel einer Schwester bietet einer Frau den Schutz des Himmels. Ich glaube, es ist der Wunsch der Muttergottes, dass die junge Frau und ihr Kind den Schutz ihrer irdischen Dienerinnen in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie ihn brauchen.«
    Signora Teresa war wahrscheinlich die einzige Frau außerhalb des Klosters, die zu verstehen glaubte, wie die Rückkehr Filippinos und das Wiederauftauchen des Heiligen Gürtels miteinander zusammenhingen. Es gab natürlich keinen Beweis dafür, dass der Gürtel tatsächlich verschwunden gewesen war, aber sie unterschätzte keineswegs die Macht von Lucrezia und von Schwester Pureza – weder auf Erden noch bei den Heiligen im Himmel. Wenn, wie man sich erzählte, der Generalabt und der Propst tatsächlich wutschäumend das Kloster gestürmt hatten, dann musste zumindest ein Funken Wahrheit an der Sache sein. Sie musste Schwester Pureza einmal danach fragen. Aber sie bezweifelte, dass sie der alten Nonne viel entlocken würde.
    »Ihr habt ja vielleicht Grund, einverstanden zu sein«, sagte sie bescheiden zu Saviano. »Immerhin scheinen Lucrezia und der Maler unter dem Schutz der Heiligen Jungfrau zu stehen.«
    Unbekümmert schwatzend, als habe sie nicht gerade eine geradezu unerhörte Bitte geäußert, und mit festem Griff zog Teresa de Valenti den Generalabt vom Balkon zu ihren Privatgemächern.
    »Was sie getan haben, verstößt gegen das Kirchengesetz«, stieß der Generalabt mit knirschenden Zähnen hervor. »Ein Mönch. Eine Nonne.«
    »Ein Maler. Eine junge Frau. Die sich lieben.«
    Teresa de Valenti lächelte nicht nur mit den Lippen, sondern auch mit den Augen. Sie hatte allen Grund, an diesem Tag glücklich zu sein, im Bewusstsein ihrer einflussreichen Stellung als Ottavios Frau.
    »Ihre Sünde ist gewiss nicht unverzeihlich, da bin ich mir sicher«, sagte sie. Sie blieb stehen und wies mit einer Kopfbewegung auf ein Bild an der Wand. »Mein Gesinde nennt sie unsere Wunderreiche Madonna . Es ist nicht an mir, zu entscheiden, wer ihrer Gunst würdig ist und wer nicht. Aber eins ist sicher: Das Mädchen steht in der Gunst der Muttergottes. Falls die himmlische Intervention jedoch nicht erfolgreich ist, dann führt vielleicht eine großzügige Spende meines Mannes dazu, dass den beiden ein päpstlicher Gnadenerweis gewährt wird.«
    Der Generalabt schaute das Bild an. Die vollen, runden Lippen der Novizin; ihre funkelnden Augen; ihre hohe, weise Stirn.
    »Der Preis für einen solchen Indult könnte sehr hoch sein«, sagte Saviano dickköpfig. »Und wenn Rom ablehnt, sind mir die Hände gebunden. Gegen eine Entscheidung der Kurie bin ich machtlos.«
    Teresa de Valenti nickte. »Das versteht sich von selbst.«
    Der Generalabt musste an den

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