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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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Fra Filippo an ihn herantrat, wandte sich Fra Diamante von dem Tisch ab, auf dem eine Skizze der Fresken ausgebreitet lag, und begrüßte den Maler mit weit ausgebreiteten Armen. Seine Miene war lebhaft, seine braune Mönchskutte über und über von Farbe bespritzt.
    »Ich muss Euch alles zeigen, was wir inzwischen gemacht haben«, sagte Fra Diamante und deutete auf die feinen Linien, die er der Szene des heiligen Stephanus hinzugefügt hatte.
    Während die beiden Männer sich berieten, blickte sich Lucrezia in dem geschäftigen Kapellenraum um. Ihre Augen wanderten über die Gerüste, über die dicken Putzschichten mit den Kreideskizzen, über die Farbeimer und die lange Reihe von Kerzen, die sich am Boden vor den Wänden hinzog. Sie hatte nicht gewusst, dass der Maler derart viele Helfer beschäftigte. Ihre Bewunderung für ihn wuchs: Dies war kein kleines Unternehmen. Sie lächelte ihm scheu entgegen, während er vorsichtig die Gerüsttreppe hinunterkletterte und zu den beiden Schwestern trat.
    »Dort, auf diese Wand kommen die Szenen aus dem Leben des heiligen Stephanus«, erklärte er und berührte ihren Ellbogen, damit sie sich in Richtung der Nordlünette wandte. Lucrezia bewunderte die überaus lebensecht skizzierten Figuren, ihre ausdrucksvolle Gestik, die genauen Proportionen der Körper.
    »Was ist das?« Spinetta trat, Werkzeugen, Eimern und Kerzen ausweichend, vor eine Wand und deutete zu den Kreideskizzen hinauf.
    »Das ist eine Szene aus dem Leben des Täufers«, erklärte Fra Filippo und trat ebenfalls näher. Zufrieden registrierte er auch hier die Fortschritte und wie genau man sich an seine Anweisungen gehalten hatte. Er wies mit einer Handbewegung auf eine Ecke, an der sich Süd- und Ostwand trafen.
    »Dorthin kommt die Hinrichtungsszene des Täufers, hier die Enthauptung, dann geht es weiter um die Ecke und dort wird Herodes der Kopf des Täufers auf einem Silbertablett überreicht.« Voller Begeisterung schilderte Fra Filippo, wie er sich die Szene vorstellte, wie die Figuren gleichsam aus der Wand heraus- und auf den Betrachter zutreten sollten, fast wie eine Art Theatervorstellung.
    »Das ist meisterhaft, Bruder«, sagte Lucrezia schüchtern, ihre ersten Worte, seit sie die Kapelle betreten hatten. »Ich kann es förmlich vor mir sehen, Ihr beschreibt es so gut.« Sie hielt inne und wollte schon weitersprechen, als sie durch ein lautes Hüsteln unterbrochen wurden.
    Lucrezia fuhr herum und sah einen zierlichen Mann mit einem spitzen Gesicht hinter dem Altar hervortreten. Er schien wie auf unsichtbaren Füßen zu gleiten, lautlos, seine rote Robe hinter sich herschleifend.
    »Guten Tag, guter Propst«, begrüßte Fra Filippo Propst Inghirami. »Ich dachte, Ihr wärt heute auf einer Beerdigung.«
    Fra Filippo fiel sofort die tiefe Falte auf der Stirn des Propsts auf und seine rechte Hand, die er zur Faust geballt hatte. Er musste daran denken, was Piero zu ihm gesagt hatte, dass der Propst geheime Gelüste habe. Ob es stimmte?
    »Schon vorbei«, antwortete der Propst knapp.
    »Das kann ich sehen. Ich hoffe, Ihr seid wohlauf. Ich habe heute zwei Novizinnen aus Santa Margherita dabei, denen ich die Wunder Eurer Kathedrale zeigen möchte. Ich war gerade dabei, ihnen zu erklären, wo Euer Porträt hinkommt.«
    Er stellte die Frauen kurz vor, deren Blicke scheu zu Boden gerichtet waren. Der Propst wandte sich von den Nonnen ab und blickte Fra Filippo finster an.
    »Warum sind diese Novizinnen hier?«, fragte er barsch.
    »Vergebung, Exzellenz, aber das ist alles so mit Äbtissin Bartolommea abgesprochen. Sie hat ihre Erlaubnis erteilt, nachdem sie vom Emissär der Medici darum ersucht wurde.« Fra Filippo streute absichtlich den Namen seines mächtigsten Gönners und Förderers ein. »Sie erwiesen mir ihre Hilfe bei einem äußerst wichtigen Auftrag der Medici, und als Gegenleistung habe ich sie hierher, in Eure herrliche Kapelle geführt.«
    »Aha.«
    Der Propst wusste natürlich über die Anwesenheit des Medici-Emissärs Bescheid. Doch bis zu diesem Moment hatte er nicht gewusst, warum der versiegelte Befehl, in dem ihm aufgetragen worden war, den Heiligen Gürtel an Ser Francesco auszuliefern, direkt aus Rom gekommen war. Nun begann ihm zu dämmern, welche Mächte hier am Werk waren. Wer ihn seines größten Schatzes beraubt hatte. Der Gürtel würde zwar nicht lange fort sein, doch auch eine so kurze Zeit genügte, um die Kirche – und damit ihn – in Gefahr zu bringen.
    Der Propst war ganz und

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