Das bisschen Haushalt
des Hotels bietet heute Vormittag einen zweistündigen Bauchtanzkurs an. Carola hat sich dazu angemeldet. Gemeinsam mit vier weiteren Damen findet sie sich um 10:00 Uhr auf der Bühne des Amphitheaters ein - dort soll der Kurs stattfinden. Während Paul und Rebecca im Kinderpool planschen, flaniere ich zur Bar - von dort kann man die Bühne einsehen. Ich bestelle mir einen Maracujasaft und beobachte die Bauchtanznovizinnen. Eine interessante Gruppe! Rechts neben Carola steht eine etwa 25-jährige, pummelige, in beiden Augenbrauen, Nase und Ohren gepiercte Frau, deren Nationalität ich nicht bestimmen kann. Links von ihr hat sich eine ca. 30-jährige, kleine, schwarzhaarige Italienerin - vielleicht auch Spanierin - in Position gebracht. Im Anschluss an sie ragt eine holländische Bohnenstange (geschätztes Alter: 34) in den Himmel. Und schließlich betritt noch eine korpulente kurzhaarige Endvierzigerin die Bühne.
Die türkische Lehrerin animiert ihre Schülerinnen zunächst zu ein paar Aufwärmübungen. Dann schaltet sie den mitgebrachten CD-Spieler ein - die Musik dringt bis zu mir an die
Bar herüber. Ich verstehe zwar nicht, was die Instruktorin sagt, aber ich sehe, dass die fünf Damen nun versuchen, ihre Hüften kreisen zu lassen. Bei Carola und der Italienerin sieht das auch ganz passabel aus. Aber bei den anderen! Da hat man irgendwie das Gefühl, die haben sich was ausgerenkt, nicht jedoch, dass hier Tanzübungen gemacht werden.
Anschließend lässt die türkische Jane Fonda ihre Elevinnen die Arme nach oben strecken und dann den Bauch abwechselnd einziehen und wieder rausstrecken; rein und raus; rein und raus. Mir erscheint das zwar alles hochgradig lächerlich, doch die Bauchtänzerinnen in spe blühen auf wie Narzissen in der Frühlingssonne - auch meine Carola. Hauptsache, ihnen macht’s Spaß.
Als Carola um 12:00 Uhr zu uns kommt, ist sie völlig außer Puste, aber enthusiastisch: „Das hat so viel Spaß gemacht. Und Aische hat gemeint, dass wir wirklich toll waren. Heute Abend dürfen wir sogar bei der Gästeshow auftreten!“ „Super, das freut mich für dich.“ Wow! Die müssen eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein haben, wenn die nach zwei Stunden Üben schon vor Publikum auftreten wollen. Na ja, sollen die sich mal zum Deppen machen - ich hab’ ja beim Limbo-Dance schon zur Belustigung der anderen Gäste beigetragen.
Als wir nach dem Abendessen zum Amphitheater gehen, durchfährt es mich auf einmal: Was ist, wenn die Bauchtanzgruppe zur Verstärkung noch Gäste aus dem Auditorium nach oben holt? Bestimmt haben die so was vor. Jede Wette, dass es mich dann treffen würde. „Carola, sag’ mal: Tretet ihr allein auf oder holt ihr euch auch Opfer aus dem Publikum?“ Sie grinst nur vielsagend. „Also, was jetzt?“ „Tja, das darf ich nicht verraten. Lass dich überraschen!“ Dann haben die bestimmt was Fieses vor. Doch diesmal nicht mit mir!
Carola verschwindet hinter der Bühne, um sich umzuziehen, und wir suchen uns einen schönen Platz. „Kinder, ich muss noch mal schnell aufs Zimmer. Wartet ihr bitte hier, bis ich wiederkomme.“ Schnell haste ich in unser Appartement, ziehe die Tasche mit der Reiseapotheke hervor und krame eine Mullbinde heraus. Mit selbiger umwickle ich mein rechtes Knie und sprinte wieder zum Amphitheater. Kurz bevor ich dort ankomme, verlangsame ich meinen Gang und beginne zu humpeln. „Paps, was hast du denn gemacht?“, will Rebecca wissen, als sie mich erblickt. „Nix Schlimmes, Mäuschen, ich hab’ nur keine Lust, wieder auf die Bühne geholt zu werden.“ Rebecca versteht den Zusammenhang nicht. „Also, wenn eine von den Bauchtänzerinnen später durch die Reihen geht, um Leute zu finden, die mittanzen, dann zeig’ ich auf mein Knie und sage, dass ich nicht kann.“ Jetzt hat Rebecca kapiert. „Dad, das ist echt cool. Muss ich mir mal für die Schule merken“, äußert sich Paul anerkennend zu meiner Idee.
Dann ist es so weit: Die fünf Bellyqueens erscheinen in traditionellen Gewändern, sogar einen Schleier tragen sie. Zu heißen orientalischen Rhythmen wackeln sie um die Wette mit den Hüften. Das Ganze erinnert mich eher an Schwangerschaftsgymnastik als an eine künstlerische Darbietung. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu kritisch? Das Publikum jedenfalls zollt den Tänzerinnen frenetischen Beifall. Natürlich klatsche auch ich, allerdings mehr aus Erleichterung, dass ich nicht auf die Bühne musste. Hatte Carola also doch nur eine
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