Das blaue Feuer - Roman
diesen bleichen, tröstlichen Schein. Ich konnte jeden sehen, der sich vielleicht ins Zimmer schlich. Mir war aufgefallen, dass die Tür kein Schloss hatte. Aber ich hatte die Tür auf dem Hauptkorridor nicht überprüft. Vielleicht waren wir jetzt schon eingeschlossen. Zerbrich dir darüber morgen den Kopf.
Es gab auch so genug, worüber ich mich heute Nacht sorgen konnte.
Lärm weckte mich. Ein dumpfer Aufprall, unterdrückte Schreie, besorgte Worte. Ich war auf den Beinen, ehe meine Augen ganz offen waren. Aylin schlief noch. Sie hatte nicht einmal die Schuhe ausgezogen. »Aylin, wach auf!« Ich presste das Ohr gegen die Tür. Stille.
Türen knallten, aber es klang nicht, als käme es vom Korridor. Aylin murmelte etwas und rollte sich auf die andere Seite. Ich verließ die Tür und ging zu ihrem Bett. Dann lauschte ich an der Wand. »Aylin.« »Hmmmm?« »Was?«
»Hol Danello.« Ich schlüpfte zur Tür hinaus und schlich auf Zehenspitzen zum Eingang des Hauptraums. Dann öffnete ich die Tür einen Spalt. »... warten auf uns«, sagte ein Mann. »Ich weiß nicht, wie.«
»Ein Gefängnisausbruch hat die halbe Stadt in Alarm versetzt«, sagte eine Frau wütend. Unser Ausbruch? Sie dachte, wir seien für alles, was geschah, verantwortlich? »Ach, hör mal, Siekte«, sagte Jeatar. »Das Gefängnis ist überhaupt nicht in der Nähe der Gilde.«
»Du glaubst doch nicht, dass sie alarmiert sind, weil politische Gefangene ausgebrochen sind? Es sind nicht alle Soldaten des Herzogs in Alarmbereitschaft.«
»Still, beide«, sagte Onderaan. Er klang sehr müde. »Wie schwer ist sie verletzt?« Verletzt? Ich öffnete die Tür ein wenig mehr und lugte hindurch. Sechs Personen waren im Raum. Drei hatte ich zuvor gesehen. Sie trugen Baseeriuniformen. Wahrscheinlich von denen, die Neeme gestohlen hatte. Eine Frau lag auf dem Sofa, wie es aussah, schwer verletzt. Ein Mann lag auf dem Fußboden, ebenfalls verwundet. Eine Tür öffnete sich, und Danello trat hinter mich. »Was ist los?« fragte er.
»Ich glaube, ein Plan ging schief. Etwas über die Gilde der Heiler.«
Er und Aylin drängten sich hinter mich und blickten durch den Spalt.
Siekte presste ein gefaltetes Tuch gegen den Bauch der verletzten Frau. Das Blut war dunkel. Nicht gut. Sie ignorierte den Mann auf dem Fußboden. Aber Onderaan nicht. Er kniete sich neben ihn und schlug ihn ins Gesicht.
»Woher habt ihr gewusst, dass wir kommen?«
Der Mann stöhnte.
»Antworte mir!«
Aylin entfernte sich von der Tür. »Hm, ich glaube, seine Uniform ist echt.«
Wenn ja, dann konnte dieser Mann mir vielleicht sagen, wo Tali und die anderen waren.
»Verräter«, sagte der Soldat.
»Ihr bringt Unschuldige um, und ich bin ein Verräter?« Wieder schlug Onderaan ihn. »Hat jemand euch gesagt, dass wir kommen?«
»Warum stehen alle auf dem Korridor?«
Wir wirbelten herum. Neeme stand im Nachthemd und mit zerzausten Haaren hinter uns und rieb sich die Augen.
»Jemand ist verletzt worden«, sagte Aylin.
Neeme machte große Augen. Sie schob uns beiseite und rannte hinein. Neben der verletzten Frau kniete sie nieder. Siekte versuchte sie zurückzuhalten, aber ohne Erfolg.
Ich trat vor, aber Danello packte mich am Arm.
»Wir sollen in unseren Zimmern bleiben.«
»Ich muss wissen, was los ist.« Ich wagte mich weiter, Danello und Aylin hinter mir. Wir standen auf einer Seite, aber Jeatar sah uns. Er runzelte die Stirn und gab uns mit dem Kopf das Zeichen, zur Tür zu gehen. Ich schüttelte den Kopf.
Neeme schluchzte. Dann holte sie tief Luft und blickte wild um sich. Zuerst zur Tür, dann in den Raum. Ihr Blick fiel auf mich. Jeatar fluchte.
»Hilf ihr, bitte«, flehte sie mich an. »Heil sie, wie du mich geheilt hast.«
Dreizehntes Kapitel
A lle Augen hefteten sich auf mich. Onderaans verengten sich. »Du bist eine Heilerin?«
»Nein«, antwortete ich, gerade als Jeatar sagte: »Das ist kompliziert.«
Neeme schniefte und fuhr sich mit dem Ärmel über die Nase. »Tut mir leid, Jeatar, aber ich musste«, sagte sie. Dann wandte sie sich an Onderaan. »Sie hat mich geheilt. Eine Straßenbande hatte mir das Bein gebrochen, und sie hat das irgendwie an einen von ihnen weitergegeben.«
Onderaan schaute nicht mich mehr an, sondern Jeatar. Dann war er nur wenige Zoll vor ihm, ehe ich Luft holen konnte.
»Du hast die Schifterin hergebracht und mir nichts gesagt?«
»Ich hatte keine Zeit.«
»Du hattest Zeit, Neeme zu sagen, sie solle darüber schweigen.«
Jeatar
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