Das blaue Haus (German Edition)
Treppe stand. In seinen Augen war weder Panik noch Zorn zu erkennen. In seinem Blick lagen Dankbarkeit und Erleichterung.
Sie sahen sich schweigend an. Dann sah Ragee auf den Esstisch. Dane hatte die Zeitung nicht angerührt. War er, Ragee, ihm um so vieles wichtiger als der Tod seiner Frau Sarah?
Ragee lächelte. Er spürte die Waffe hinten in seiner Hose. Welch dumme Aktion hatte er doch heute Morgen unternommen. Er zog sich den Mantel aus, ging in die Küche und kochte Kaffee.
Dane konnte nicht lächeln – so wie der alte Mann. Ihm war noch zu elend. Warum hatte er ihn heute Morgen so schocken wollen? Wo war er gewesen, der alte Mann? Gott sei Dank war ihm nichts zugestoßen. Jetzt kochte er Kaffee, wie immer an jedem Morgen. Dane ging zu ihm in die Küche und sah, dass er immer noch zitterte.
„Sarah ist nicht tot“, sagte er leise. „Der Artikel in der Zeitung ist eine Lüge.“
Ragee sah nicht hin. Verdammt, er hat es nicht in sich aufgenommen. Eine Lüge, dachte er, so sieht er es also. Kein Wunder, dass heute Morgen nichts passiert ist, wenn alles nur eine Lüge für ihn ist.
Ragee wurde wieder unwohl. Dane stand in der Küchentür und wartete auf eine Antwort, die er nicht bekam. Ragee wühlte verstimmt in der Brotkiste nach Toast.
„Wo warst du?“, fragte Dane, als der alte Mann ihm nicht antwortete.
„Spazieren“, antwortete Raimund Geers knapp. Er dachte daran, dass er immer noch die Waffe in der Hose stecken hatte – für die Lüge. „Hast du einmal in die Zeitung geschaut?“, fragte er.
Dane sah sich zum Esstisch um. „Das brauche ich nicht. Ich weiß es auch so.“
„Dann schau‘ dir die Anzeige einmal richtig an.“
„Ragee, ich brauch‘ nicht in die Zeitung zu sehen. Ich weiß auch so, dass es eine Falschmeldung ist. Irgendjemand hat sich einen makaberen Scherz ausgedacht.“
„Warum?“
„Ganz einfach: Um das Neueste von ihr zu erfahren. Es war lange nichts mehr über sie in der Zeitung. Die Presse hat manchmal miese Angewohnheiten, um heißen Stoff für gute Verkaufszahlen zu bekommen. Am Ende entschuldigen sie sich, aber sie haben ihr Ziel erreicht.“
Das stimmte. Ragee nickte, aber es nahm nichts von seiner Überzeugung. Die Fronten verhärteten sich, und beide begannen zu überlegen, wie man den Anderen am besten überzeugen konnte.
Ragee begann, sich im Kreis zu drehen. All seine Versuche, Dane den Tod seiner Frau noch einmal näher zu bringen, misslangen. Dane ließ sich einfach nicht von seinem Glauben abbringen und blieb der Situation vollkommen gelassen gegenüber. Er versuchte, dem alten Mann etwas über seine innere Verbindung zu Sarah zu erzählen, wie er sie spürte und sie täglich einatmete, dass das Gefühl immer noch da war – nicht tot. Waren seine Gefühle nicht bedeutungsvoller als ein dummes Geplänkel aus einer Zeitung?
Ragee wehrte alles ab. Er telefonierte mit der Redaktion der Denver Post, bekam aber keine Auskunft.
Dafür rief Julie an und überbrachte die Nachricht über den Tod dieser Sarah Gelton.
Ragee sah, wie sich Danes Gesicht plötzlich verspannte. Woher kannte Julie Sarah Gelton? Warum war ihr Tod plötzlich so wichtig für sie, dass sie extra dafür anrufen musste?
Er wurde misstrauisch, da die Anzeige doch selbst für ihn so unscheinbar klein gewesen war und er sie nicht einmal beim ersten Mal gesehen hatte. Welcher Dornenbusch wuchs da heran?
Er sah Dane fragend an, der schwieg unbehaglich.
„Morgen wird die Zeitung alles aufklären“, versuchte Dane einzulenken und ging in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Ihr Gespräch war zu Ende.
Am nächsten Morgen stand nichts in der Zeitung, und Ragee wusste, was er davon zu halten hatte – nur Dane nicht. Nirgends konnte er eine Gegendokumentation der Todesanzeige entdecken, aber auch nicht die Bestätigung ihres Todes, was ganz gewiss Stoff für die Medienwelt gewesen wäre. Was war da los?
Während der nächsten Tage war Ragee arg irritiert und beobachtete Danes Lässigkeit mit großer Vorsicht. Es war ihnen nicht möglich, wieder in einem vernünftigen Gespräch zusammenzufinden.
Dane musste plötzlich an Julie denken, an den Anruf von ihr. Warum wollte sie Sarahs Tod so eilig kundtun? War sie etwa in diese miese Angelegenheit verwickelt? War die Lüge etwa von ihr?
Die Spannung führte schließlich soweit, dass Dane sich veranlasst fühlte, Sarahs Nummer bei der Auskunft zu erfragen. Ihm sanken die Knie weg, als er Sarahs Stimme hörte und noch mehr, als er bemerkte, nur die Stimme
Weitere Kostenlose Bücher