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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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gut“, sagte Julie kurz und verließ endlich das Zimmer.
Dane atmete tief durch. Julie war gefährlich für ihn. Ihre Worte und Fragen waren zu vertraut für das erste Mal – zu intim.
Es war halb sechs und schon dunkel draußen. Er hatte ihr kurz nachgesehen, als sie das Zimmer verlassen hatte. Die Jeans saß wirklich eng, aber sie passte zu ihren Fragen.
Er schüttelte verdrossen den Kopf, schloss die Augen und döste eine Stunde vor sich hin, bis der alte Mann in das Zimmer kam.
Ragee trug keinen Pyjama mehr, sondern die Kleidung für einen Ausflug nach draußen. Nachdem er schweigend seinen Mantel und seine Schuhe abgelegt hatte, griff er in die große Tüte, die er mit in das Zimmer gebracht hatte. Er zog einen neuen Bademantel heraus und hielt ihn triumphierend in die Höhe. Seine Augen glänzten. Er sah zu Dane. Dessen Augen waren müde – vom Warten … und von Julie.
„Da habe ich zwei Stunden in der Stadt gesucht, um so ein verdammtes Mantelding zu finden. Und zwei Stunden mit den Ärzten herumpalavert, dass sie mir hier unnötiges Geld mit jedem weiteren Tag aus der Tasche ziehen. Ich habe kein Glück gehabt. Strafliegen bis übermorgen.“
„Du warst in der Stadt?“, fragte Dane und schloss seine Augen. Sie brannten. Seine Freude auf Ragee war durch Julie verflogen. Er dachte nicht mehr an das Geschenk seines Zimmergenossen, auch nicht, wie sehr er sich über die bezahlte Rechnung von ihm gefreut hatte.
„Sicher. Julie hat zwar dich eingekleidet, aber mich hat sie vergessen. War sie bei dir?“ Ragee stand an seinem Bett wie eben Julie. Auch er las Alan C. Gampell.
„War sie“, antwortete Dane gleichgültig und drehte sich zur Seite.
„Und?“
„Nichts und.“
„Sie hatte ihren Bohrer dabei, was?“
„Hab ich gemerkt. Ich bin ganz wund.“
„Was weiß sie?“
„Die Frage lautet: Was weiß sie von dir ?“
„Nichts. Nichts, was dich in Verlegenheit bringen könnte. Was hast du ihr gesagt?“
„Lauter dummes Zeug.“
„Sie ist schlau. Sie macht aus dummem Zeug schnell schlaues Zeug.“
„Dann hilf mir.“ Dane drehte sich wieder zu dem alten Mann und sah ihn fragend an.
„Wie denn? Sie ist nicht mein Eigentum. Sie ist ein eigenständiger sturer Mensch und, wenn ich mich nicht irre, sehr alleine. Wie soll ich sie vor dir retten? Sieh dich mal an!“
Dane riss die Augen auf. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Das war es also! Die Einsame, die einen Mann suchte! – ihn suchte – und morgen wiederkommen wollte. „Ist sie oberflächlich?“, riskierte er vorsichtig.
„Nein. Absolut nicht. Nie. Deswegen ist sie ja auch noch alleine. Aber sie macht es richtig, Junge. Sie wartet auf den einzig Wahren.“ Ragee musste lächeln und amüsierte sich mehr über die Dinge, die da anstanden, als ihnen einen entsprechenden Ernst beizumessen. Alles sah nach einem Amüsement aus, das sich sicherlich schon bald verlieren würde.
„Redet sie immer so ungeniert mit Fremden?“, fragte Dane.
„Nein, eigentlich nur mit interessanten Menschen.“
Liegt wohl in der Familie, dachte Dane und fragte: „Bin ich interessant?“
„Mehr noch.“
„Was bin ich?“
„Wahrscheinlich der einzig Wahre für sie. Momentan. Seit gestern lacht sie viel und hat rote Wangen bei der Arbeit. Gib ihr Zeit.“
Dane sackte zurück auf sein Bett. So hatte er die Dinge überhaupt nicht betrachtet. Ein bisschen hatte er sich geschmeichelt gefühlt, aber jetzt gefiel es ihm nicht mehr. Julie redete nicht so, als ob sie Zeit brauchte.
„Und was bin ich für dich?“, fragte er, um sich von seinem eigenen Unmut abzulenken.
„Hans.“
„Wer ist Hans?“
„Ein alter Freund von mir. Du bist wie er.“
„Wie kannst du wissen, wie ich bin? Ob ich Hans bin?“
„Ich habe zwei Akten zu Hause bei mir: eine von Hans und eine von dir.“
Dane stierte ungläubig auf den Alten. Der redete weiter: „Ich lege sie nebeneinander, streue auf Hans‘ Akte eine gute Prise Cheyennepfeffer und bekomme eine zweite Dane-Akte.“
„Du hast was von mir?“ Dane schoss aus seinem Bett hoch. Ragee stand am Fenster. Er schaute hinaus und wusste, dass es an der Zeit war, Dane langsam vorzubereiten. Es war nicht leicht, auch nicht, ihm dabei in die Augen zu schauen. So sah er in die Dunkelheit des Januars hinein und versuchte, die Ruhe zu finden, die er nun dringend brauchte. Wie lange war es her, als er das letzte Vorbereitungsgespräch geführt hatte?
Am unteren Rand der Scheiben bildeten sich kleine Eisblumen. Ein Kältehauch drang durch das

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