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Das blaue Zimmer

Das blaue Zimmer

Titel: Das blaue Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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endgültig an Andrew Latham verlor, aber das hatte seiner Freundschaft mit Andrew keinen Abbruch getan, und als die Hochzeitsvorbereitungen im Gange waren, hatte es niemanden überrascht, als Andrew verkündete. William werde sein Trauzeuge sein.
    „Ich begreife einfach nicht, warum du ihn nicht magst.“
    „Ich hab nichts gegen ihn. Er ist mir nur zu geleckt.“
    „Ist er doch gar nicht. Er ist süß.“
    „Ich meine… du weißt, was ich meine. Dieser Wagen, das Boot, und alle Mädchen klimpern jedesmal mit den Wim pern, wenn sein Blick zu ihnen schwenkt.“
    „Du bist gemein. Er kann nichts dafür, wenn die Mädchen sich in ihn verlieben.“
    „Er würde mir besser gefallen, wenn er nicht ganz so erfolgreich wäre.“
    „Das ist doch spitzfindig. Bloß daß andere Leute ihn mögen, ist noch lange kein Grund für dich, ihn nicht auch zu mögen.“
    „Ich hab dir doch gesagt, ich hab nichts gegen ihn. Es gibt nichts an ihm, wogegen man was haben könnte. Ich wünsche bloß manchmal, er hätte Flecken im Gesicht oder eine Reifen panne mit seinem schnellen Wagen, oder er würde beim Segeln ins Wasser fallen.“
    „Du bist unmöglich. Am Ende landest du bei einem lang weiligen Akademiker mit Brillengläsern so dick wie Flaschen böden.“
    „Ja, so sehen die Männer aus, mit denen ich die ganze Zeit rumziehe.“
    Sie funkelten sich an, und dann lachten sie. Jane sagte: „Ich geb’s auf. Deine Aggressionen haben mich besiegt.“
    „Das will ich hoffen“, sagte Laurie. „So, ich gehe jetzt run ter, frühstücken.“ Sie steuerte auf die Tür zu, aber als sie sie öffnete, sagte Jane mit ganz veränderter Stimme: „Laurie“, und Laurie drehte sich um, die Hand am Türknauf.
    „Laurie… meinst du, du hältst es durch?“
    Laurie starrte sie an. Sie hatten sich nie sehr nahe gestanden, hatten keine Vertraulichkeiten ausgetauscht oder Geheim nisse geteilt, und daher wußte Laurie, daß es Jane einige Mühe gekostet haben mußte, dies zu sagen. Sie wußte, daß auch sie ihre Zurückhaltung überwinden sollte, aber die war ihr einzi ger Schutz gegen das schmerzliche Gefühl des Verlustes. Ohne sie wäre sie verloren, sie würde in Tränen ausbrechen und den ganzen Tag nicht mehr aufhören können zu weinen.
    Sie fühlte, wie jeder Nerv ihres Körpers sich zusammenzog wie eine Seeanemone bei einer plötzlichen Berührung. Sie sagte: „Was meinst du?“, und sogar in ihren eigenen Ohren hörte es sich kalt an.
    „Du weißt, was ich meine.“ Die arme Jane machte ein verzweifeltes Gesicht. „Großvater…“ Laurie sagte nichts. „Wir… wir wissen alle, daß es für dich schlimmer ist als für uns“, haspelte Jane weiter. „Du warst immer sein Liebling. Und heute… ich hätte nichts dagegen gehabt, die Hochzeit zu verschieben. Ich hätte nichts dagegen gehabt, nur standesamt lich zu heiraten. Andrew hätte auch nichts dagegen gehabt. Aber Mutter und Vater… ihnen gegenüber wäre es einfach nicht anständig gewesen… “
    „Du kannst nichts dafür“, sagte Laurie.
    „Ich will nicht, daß du unglücklich bist. Ich will nicht das Gefühl haben, daß wir dich noch unglücklicher machen, als du bist.“
    Sie sagte wieder: „Du kannst nichts dafür.“ Und weil es da nach anscheinend nichts weiter zu sagen gab, ging sie hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
    Der Vormittag schritt voran. Das Haus, das ohne Möbel un vertraut wirkte, wurde nach und nach von Fremden übernom men. Der Party-Service kam, Lieferautos fuhren vor, Tische wurden aufgestellt, Gläser hergerichtet; als die Sonne darauf fiel, sahen sie aus wie viele hundert Seifenblasen. Die Floristin kam mit einem kleinen Lastauto angefahren, um den Gebin den, für deren Arrangement sie fast den ganzen gestrigen Tag gebraucht hatte, den letzten Schliff zu geben. Robert fuhr zum Bahnhof, Tante Blanche abholen. Einem Kind war schlecht. Lauries Vater konnte seine Hosenträger nicht finden, und ihre Mutter bekam aus heiterem Himmel einen Wutanfall und ver kündete, sie könne unmöglich den Hut aufsetzen, der eigens passend zu ihrer Brautmuttergarderobe angefertigt worden war. Sie kam herunter, mit dem Hut auf dem Kopf, um zu be weisen, daß sie recht hatte. Es war eine Art Bäckerjungen mütze aus azaleenrosa Seide. „Ich seh damit nach gar nichts aus“, jammerte sie, und Laurie merkte, daß sie den Tränen nahe war, aber alle sagten ihr, sie sehe umwerfend aus, und wenn ihre Haare erst gemacht seien und sie ihre Brautmutter garderobe anhabe,

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