Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
Graffiti zu stoßen, war mehr als unheimlich; es war wie eine aufwändige Tätowierung in den Eingeweiden der Zivilisation.
Und es war ganz bestimmt ein Bild, das nur für Vampiraugen bestimmt war …
Ein Zischlaut in ihrem Rücken ließ Nora herumfahren. Nur wenige Meter von ihr entfernt im fahlen Grün des Nachtsichtgeräts stand Kelly Goodweather und blickte sie an.
Das Gesicht des Vampirs war so von Verlangen verzerrt, dass es beinahe wirkte, als litte sie Schmerzen. Ihr Mund war ein schmaler Schlitz, aus dem die Stachelspitze wie die Zunge einer Schlange ragte. Und Kelly zischte auch wie eine Schlange.
Ihre zerrissene Kleidung war noch immer vom Regen durchnässt und hing schwer an ihrem ausgemergelten Körper. Ihr Haar war an den Kopf geklatscht und die Haut mit Dreck verschmiert. Ihre Augen, die im Nachtsichtgerät weiß glühten, waren weit aufgerissen.
Ganz langsam, mit zitternden Fingern, streckte Nora die Hand nach der UV-C-Lampe aus … doch in diesem Moment sprang Kelly blitzschnell auf sie zu und schlug ihr die Lampe aus der Hand, bevor sie noch Gelegenheit hatte, sie einzuschalten. Die Lumalampe segelte gegen die Wand und fiel dann scheppernd zu Boden.
Jetzt war nur noch Noras Silberklinge zwischen ihr und Kelly.
Der Vampir zischte, sprang nach hinten, stieß sich auf dem niedrigen Vorsprung ab und katapultierte sich über Noras Kopf hinweg auf die andere Seite. Nora folgte ihr mit der Messerspitze. Kelly deutete einen Angriff an, dann flog sie erneut durch die Luft. Obwohl Nora die rasend schnellen Bewegungen der Kreatur durch das Nachtsichtgerät nur verschwommen erkennen konnte, machte sie einige Ausfälle mit dem Messer.
Und traf.
Kelly landete wieder auf dem Vorsprung. Eine dünne weiße Linie lief über ihren Hals. Es war nur ein Kratzer, doch als Kelly das Blut auf ihrer Hand betrachtete, verzog sie das
Gesicht zu einer boshaften Fratze und sah Nora wütend an. Sie hatte ihre Gegnerin unterschätzt.
Nora machte einen Schritt zurück und suchte hektisch in ihrer Tasche nach den Magnesiumfackeln, als sie das Krabbeln hörte. Wie zuvor. Kleine Gliedmaßen, die an der Tunnelwand entlangliefen.
Die Vampirkinder. Kelly hatte sie zu Hilfe gerufen.
Langsam wandte sich Nora zur Seite. Blickte in den Tunnel. Sah zwei Jungen und ein Mädchen auf sich zukommen. »Na schön«, flüsterte sie. »Du hast es ja nicht anders gewollt.« Sie zog eine der Fackeln aus der Tasche, schraubte die Plastikkappe ab und fuhr dann mit der Oberseite der Kappe über den roten Magnesiumstab. Funkensprühend erwachte die Flamme zum Leben und tauchte den Tunnel in helles rotes Licht. Nora nahm das Nachtsichtgerät ab und hielt die Fackel in die Richtung, aus der die Vampirkinder kamen.
Die Kreaturen sprangen erschrocken zurück, das grelle Licht brannte offenbar in ihren blinden Augen. Nora wandte sich Kelly zu und schwenkte die Fackel vor ihr hin und her, doch Ephs Ex-Frau zeigte sich nicht besonders beeindruckt.
Und dann griff einer der Jungen mit einem schrillen Schrei von der Seite an. Aber Nora war schneller: Sie fuhr herum und ließ den Vampir direkt in das Messer laufen. Es bohrte sich bis zum Griff in seine Brust. Ein verdutzter Ausdruck machte sich auf dem Gesicht der blinden Kreatur breit, als könnte sie nicht begreifen, was hier geschah. Dann öffnete der Junge den Mund, doch bevor er den Stachel zum Einsatz bringen konnte, hatte Nora die Klinge wieder aus seinem Körper gezogen und ihm das brennende Ende der Fackel zwischen die Lippen gerammt. Der Vampir zappelte wie wild und gab klägliche Schreie von sich, als Nora immer wieder auf ihn einstach. Schließlich verstummte er. Und rührte sich auch nicht mehr. Nora hob die immer noch brennende Fackel und wirbelte in Erwartung des nächsten Angriffs herum.
Kelly Goodweather war verschwunden.
Die beiden anderen Vampirkinder kauerten erschrocken neben ihrem toten Gefährten.
Nora schwenkte die Fackel, vergewisserte sich, dass Kelly nicht an der Decke hing oder sich unter dem Absatz versteckt hatte.
Wo war sie nur hin?
Jetzt bewegten sich der Junge und das Mädchen. Näherten sich Nora langsam von zwei Seiten. Die Ärztin stellte sich mit dem Rücken vor das riesige Wandgemälde und machte sich zum Kampf bereit.
Sie hatte sich inzwischen ans Töten gewöhnt.
Mit amüsierter Miene beobachtete Eldritch Palmer, wie die Leuchtraketen über der Stadt aufstiegen. Was für ein lächerliches Feuerwerk , dachte er. Die letzten Zuckungen einer
Weitere Kostenlose Bücher