Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
zuzuziehen. Er war schon ein wenig blau angelaufen, und nachdem Zack ihm rausgeholfen hatte, kotzte er auf den Rasen, aber sonst ging’s ihm prima. In diesem Moment kam der alte Mann aus dem Haus und herrschte sie an, schleunigst zu verschwinden …
Schleunigst verschwinden - gute Idee.
Verdammt gute Idee!
Zack rutschte auf dem Rücken aus seinem Versteck, rappelte sich auf und rannte los. Im Laufen schaltete er den iPod ein, das Display gab einen schwachen, blauen Lichtschein von sich. Angst und Panik dröhnten so laut in Zacks Kopf, dass er nicht einmal seine eigenen Schritte hörte. Aber er war sich sicher, dass er verfolgt wurde … spürte schon die Hände, die sich um sein Genick schlossen …
Nur zu gerne hätte er nach Nora gerufen, doch damit hätte
er sich endgültig verraten. Plötzlich berührte die Messerspitze die Tunnelwand - er war zu weit nach rechts geraten.
Er orientierte sich wieder zur Mitte des Tunnels, und nach einer Weile sah er eine rote Flamme vor sich. Sie war viel zu hell für eine Kerze, es schien eher eine leuchtende Fackel zu sein. Das Licht machte ihm Angst. Eigentlich wollte er doch von der Gefahr weg und nicht darauf zu rennen. Seine Schritte wurden langsamer, zögerlicher; gleichzeitig wagte er es aber auch nicht, sich umzudrehen.
Er dachte an den Jungen im Kühlschrank. Kein Licht. Keine Geräusche. Keine Luft zum Atmen …
In diesem Moment sah er eine Tür in der Wand, lief darauf zu und griff nach der Klinke. Nicht abgeschlossen. Er schlüpfte durch die Tür, hetzte durch den schmalen Gang - und dann stand er wieder im nördlichen Tunnel. Er roch den Rauch, der beim Entgleisen des Zuges entstanden war. Roch das stechende Ammoniak. Er war im Begriff, einen Riesenfehler zu machen - eigentlich sollte er ja auf Nora warten, die sicher bald kommen würde, um ihn abzuholen. Aber er musste einfach weiterrennen.
Plötzlich erblickte er eine Gestalt vor sich. Erst dachte er, es sei Nora, da die Gestalt ebenfalls einen Rucksack trug. Doch ein zischendes Geräusch belehrte ihn eines Besseren.
Ein Vampir?
Jedenfalls machte die Gestalt keine Anstalten, über ihn herzufallen, ja, sie schien ihn nicht einmal bemerkt zu haben. Stattdessen verteilte sie mit anmutigen Bewegungen Farbe aus einer Sprühdose auf der Tunnelwand. Daher kam das Zischen.
Zack machte einen weiteren Schritt auf sie zu. Die Gestalt war kaum größer als er und hatte eine Kapuze aufgesetzt. Auf den Ellenbogen und dem Saum des schwarzen Sweatshirts waren Farbspritzer, ebenso wie auf der Militärhose und den Converse-Turnschuhen. Zack wandte den Kopf, aber er konnte nur einen kleinen Ausschnitt des Wandgemäldes
erkennen. Es war silbern und an den Ecken irgendwie ausgefranst. Der Sprayer brachte darunter gerade seinen Namen an: PHADE.
Die gesamte Szene war so grotesk, dass Zack sich gar nicht wunderte, warum um alles in der Welt jemand im East River Tunnel die Wände verschandelte.
Dann, nach getaner Arbeit, senkte Phade den Arm und drehte sich zu Zack um.
»Hey«, sagte der. »Ich weiß ja nicht, was du vorhast, aber du solltest besser …«
Phade - wenn das überhaupt sein Name war - zog die Kapuze zurück. Er war gar kein er ; Phade war ein Mädchen oder zumindest mal eines gewesen. Jetzt war ihr Gesicht völlig reglos, eine erstarrte Fleischmaske, die das Böse darunter verbarg. Im Schein von Zacks iPod hatte ihre Haut einen unnatürlichen Farbton, wie ein Schweinefötus in einem Glas mit Formaldehyd. Er sah, dass irgendeine rote Flüssigkeit über Kinn und Hals auf das Sweatshirt gelaufen war.
Das war bestimmt keine Farbe.
Plötzlich ertönte im Tunnel hinter ihm ein Kreischen. Er wandte sich um - und wirbelte im selben Moment zurück, als ihm bewusst wurde, dass er soeben einem Vampir den Rücken gekehrt hatte. Instinktiv streckte er die Hand mit dem Messer aus …
… und Phade lief direkt in die Klinge. Zack zog Abraham schnell zurück, als hätte er gerade einen schrecklichen Unfall verursacht. Weiße Flüssigkeit schoss aus Phades Hals. Der Vampir rollte bedrohlich mit den Augen, und noch bevor Zack wusste, was er tat, hatte er der Kreatur schon vier weitere Stichwunden am Hals versetzt. Die Sprühdose in Phades Hand gab ein letztes Zischen von sich und fiel zu Boden. Der Vampir brach zusammen.
Zack konnte sich keine Gedanken darüber machen, ob der unheimliche Sprayer wirklich tot war, denn hinter ihm erklang das Geräusch von Schritten. Noch konnte er sie
nicht sehen, aber sie kamen aus der
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