Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
jeden Termin eingehalten habe und dem Meister treu und loyal zu Diensten war. Meine Zeit läuft ab.«
Der Meister sieht alles und vergisst nichts.
»Darf ich Sie an seinen - und Ihren - wie mir scheint noch ungelösten Konflikt mit Abraham Setrakian erinnern? Ihren früheren Gefangenen.«
Die Pläne des alten Mannes sind zum Scheitern verurteilt.
»Natürlich, da bin ich ganz Ihrer Meinung. Und doch stellt die Gewissenhaftigkeit, mit der er seine Operationen durchführt, eine nicht unerhebliche Gefahr dar. Für Sie - und für mich.«
Eichhorst schwieg für einen Augenblick, als würde er Palmer
in diesem Punkt Recht geben. Der Meister wird seinen Zwist mit diesem aufrührerischen Menschen in wenigen Stunden beigelegt haben. Doch nun - ich habe seit längerer Zeit nichts mehr zu mir genommen, und mir wurde eine frische Mahlzeit versprochen.
Palmer verbarg seinen Abscheu, so gut er konnte. Bald würde sein nur allzu menschliches Ekelgefühl einem vampirischen Hunger weichen, und er würde sich an seine Naivität erinnern wie ein Erwachsener an die Tage der Kindheit. »Es ist alles vorbereitet.«
Eichhorst gab einem seiner Untergebenen ein Zeichen, worauf dieser in einen der größeren Ställe trat. Palmer hörte ein Wimmern und sah auf die Uhr; er wünschte sich sehnlichst, dass dieses Schauspiel bald vorüber wäre.
Eichhorsts Handlanger kam zurück. Er hatte einen Jungen am Kragen gepackt, der nicht älter als elf Jahre sein konnte, und trug ihn vor sich her, wie ein Bauer ein Ferkel zum Markt trägt. Man hatte dem Jungen die Augen verbunden. Panisch schlug und trat er um sich.
Als Eichhorst den Geruch seiner Beute wahrnahm, wandte er den Kopf und sein Kinn hob sich in einer Geste der Zufriedenheit.
Palmer beobachtete ihn. Fragte sich, wie er selbst sich wohl nach der Verwandlung fühlen würde. Was es bedeutete, eine Kreatur zu sein, die sich von Menschen ernährte …
Schließlich wandte sich der Milliardär ab und gab Fitzwilliam das Zeichen, den Wagen zu starten. »Bitte nehmen Sie Ihre Mahlzeit doch ungestört ein«, sagte er zu Eichhorst und überließ den Vampir seinem grausigen Bankett.
Internationale Raumstation ISS
Dreihundertfünfzig Kilometer über der Erde hatte der Wechsel von Tag und Nacht nur geringe Bedeutung. Die internationale Raumstation umkreiste den Planeten alle eineinhalb Stunden - was der Besatzung mehr Sonnenauf- und Sonnenuntergänge bescherte, als sie sich wünschen konnte.
Astronautin Thalia Charles schlummerte friedlich in ihrem Schlafsack, der an der Wand befestigt war. Für die amerikanische Flugingenieurin brach soeben der 466. Tag im Orbit an. In knapp einer Woche würde das Space Shuttle andocken, das sie zurück zur Erde brachte.
Thalias Schlafperioden wurden vom Kontrollzentrum vorgegeben. Heute musste sie »früh« aufstehen, um die Raumstation auf die Ankunft der Endeavour vorzubereiten, die ein weiteres Forschungsmodul mit sich führte. Sie wurde von einer Computerstimme geweckt und verbrachte einige Sekunden im angenehmen Dämmerzustand zwischen Schlafen und Wachen. In der Schwerelosigkeit befand man sich ohnehin permanent in einem traumähnlichen Schwebezustand, und sie fragte sich, ob sie sich je wieder an ein normales Kissen - und überhaupt an die Schwerkraft - gewöhnen würde.
Sie legte die Schlafmaske und die Nackenstütze ab und stopfte beides in den Schlafsack, bevor sie die Gurte öffnete. Danach löste sie ihr Haarband, schüttelte das lange schwarze Haar, kämmte es mit den Fingern, fing es geschickt mit einem kleinen Salto auf und band es sich zu einem Pferdeschwanz.
Dann eine Stimme aus dem Lautsprecher: Die Kommandozentrale im Johnson Space Center in Houston forderte sie auf, sich für eine Konferenzschaltung zu dem Laptop im Unity -Modul zu begeben. Das war etwas ungewöhnlich, aber noch kein Grund zur Panik. Die elektronischen Übertragungskapazitäten im Weltall waren begrenzt und streng reglementiert. Thalia fragte sich, ob es wieder einmal eine Kollision
von im All treibendem Weltraummüll gegeben hatte. Die Schrottteile, die bei einem solchen Zusammenprall entstanden, schossen mit der Geschwindigkeit einer Schrotflintenladung durch den luftleeren Raum, und wenn eine Kollision mit diesen Teilchen bevorstand, musste sie sich zur Vorsicht in das an der Station angedockte Raumschiff vom Typ Sojus-TMA begeben, das im Notfall die einzige Fluchtmöglichkeit von der ISS war. Vor zwei Monaten war es tatsächlich zu einem derartigen Vorfall
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