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Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall

Titel: Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Guillermo;Hogan Del Toro
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zusammen, hakte ihre Mutter unter und befahl Zack, sich in Bewegung zu setzen. Als sich jedoch ein Bahnangestellter vor die schmale Rolltreppe stellte, die hinunter zum Bahnsteig führte, und verkündete, der Zug sei noch nicht abfahrbereit, wurde das Chaos noch größer, und plötzlich fand sich Nora im hinteren Teil der wütenden Menge wieder. Sie waren so weit zurückgefallen, dass sie zweifelte, ob sie es überhaupt in den Zug schaffen würden, Fahrkarten hin oder her.
    Also entschied sie, etwas zu tun, was sie eigentlich nie hatte tun wollen: Sie zückte den CDC-Ausweis und bahnte sich damit einen Weg zur Rolltreppe. Dabei redete sie sich ein, dass sie ihr Amt nicht aus Egoismus, sondern für das Wohl von Zack und ihrer Mutter missbrauchte. Sie hörte, wie man ihr Beleidigungen hinterherrief, spürte die wütenden Blicke, als sich die Menge widerwillig teilte, um sie durchzulassen.
    Endlich wurde die Rolltreppe freigegeben und die Fahrgäste auf den unterirdischen Bahnsteig gelassen. Aber die Gleise waren leer. Der Zug hatte erneut Verspätung, und niemand konnte ihnen sagen, wie lange es noch dauern würde.
    Nora setzte ihre Mutter auf die Koffer, die sie ganz vorne an die gelbe Sicherheitslinie gestellt hatte, und teilte sich mit Zack die letzte Packung Donuts. Da sie nicht mehr als eine halb volle Flasche Wasser mitgenommen hatten, erlaubte sie jedem nur einen winzigen Schluck.
    Nun schien es, als würden sie den Bahnhof erst nach Einbruch der Dunkelheit verlassen - was Nora zunehmend beunruhigte. Eigentlich hatte sie gehofft, die Stadt vor Sonnenuntergang bereits hinter sich gelassen zu haben. Immer wieder spähte sie über den Rand des Bahnsteigs,
starrte, die Tasche mit den Waffen an den Körper gedrückt, in den Tunnel.
    Sie war maßlos erleichert, als irgendwann ein Windstoß und Lichter die Ankunft des Zuges ankündigten. Alle standen auf und drängten an den Bahnsteigrand, um sich die besten Plätze zu sichern; fast wäre Noras Mutter von einem Kerl mit einem riesigem Rucksack über den Haufen gerannt worden. Wie durch ein Wunder kam der Zug dann so zum Stehen, dass sich die Türen eines Abteils direkt vor ihnen befanden.
    Die Türen öffneten sich, und sie wurden von der Menge in den Zug gedrängt. Schnell besetzte Nora zwei Plätze für Zack und ihre Mutter und stopfte dann das Gepäck in ein Fach über ihnen. Lediglich Zacks Rucksack - den er auf den Schoß nahm - und die Waffentasche behielten sie bei sich. Nora stellte sich dicht vor die beiden und umklammerte die Haltestange.
    Es kam zu tumultartigen Szenen, doch als sich unter den Fahrgästen langsam die Gewissheit breitmachte, dass sie die Stadt in Kürze verlassen würden, benahmen sie sich etwas zivilisierter. Einer überließ seinen Sitz einer Frau mit Kind; Fremde halfen sich gegenseitig, ihr Gepäck zu verstauen. Bald entstand unter den Glücklichen, die einen Platz im Zug ergattert hatten, so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl.
    Auch Nora fühlte sich mit einem Mal besser. Zumindest konnte sie etwas freier atmen. »Alles klar?«, fragte sie Zack.
    »Könnte nicht besser sein«, erwiderte er, rollte mit den Augen, entwirrte das Kabel des iPod und steckte sich die Kopfhörer in die Ohren.
    Wie Nora befürchtet hatte, schafften es nicht alle Wartenden in den Zug. Als sich die Türen geschlossen hatten, trommelten die Zurückgebliebenen gegen die Fenster. Einige redeten heftig auf die Bahnwärter ein, die jedoch selbst so wirkten, als würden sie am liebsten mitfahren. Das alles erinnerte Nora an Szenen aus einem Krisengebiet. Sie schloss
die Augen und sprach ein kurzes Gebet für die Zurückgebliebenen. Bat um Verzeihung dafür, dass sie es geschafft hatten und die anderen nicht.
    Und dann fuhr der silberne Zug los, nach Westen, in Richtung der Tunnel, die unter dem Hudson River hindurchführten. Spontan brandete unter den Fahrgästen Applaus auf.
    Nora sah den verschwindenden Lichtern des Bahnhofs hinterher. Sie fühlte sich gut - wie ein Schwimmer, der kurz vor dem Ertrinken die rettende Oberfläche erreicht. Sie beobachtete das faltige Gesicht ihrer Mutter, die flatternden Augenlider. Zwei Minuten gleichmäßigen Rüttelns - und schon war die alte Dame eingeschlafen.
    Der Zug musste eine kurze oberirdische Strecke zurücklegen, bevor er in den Tunnel fahren konnte. Und hier, durch den Regen, der gegen die Scheiben prasselte, sah Nora etwas, das ihr den Atem raubte: In den Straßen herrschte reine Anarchie. Autos standen in Flammen; Feuer

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