Das Blut der Azteken
sie nur den Mund aufmache. Catalina zückte den Dolch und stieß ihn dem Mann in die Brust. Ihr weiteres Verhalten verbesserte ihre Lage nicht eben, denn als der Richter am Ort sie festnehmen lassen wollte, zog sie das Schwert und verletzte ihn. Von einem Dutzend Männern im Raum bedrängt, wich sie zur Tür zurück und hielt sie mit dem Schwert in Schach. Dann lief sie hinaus und flüchtete sich in die Kathedrale.
Weil der Gouverneur und seine Polizisten sie in der Kirche nicht verhaften durften, blieb sie sechs Monate lang dort. Dann erschien einer ihrer Freunde, ein Leutnant namens Juan de Silva, und bat sie, ihm bei einem Duell zu sekundieren, das noch am selben Tag gegen Mitternacht stattfinden sollte. Da sie sicher war, dass es sich nicht um eine Falle handelte, um sie aus der Kirche zu locken, erklärte sie sich einverstanden, ihn zu begleiten. Der Gouverneur hatte Duelle verboten, weshalb alle Masken trugen, um ihre wahre Identität zu verbergen.
Den Regeln entsprechend stand Catalina dabei, während ihr Freund sich mit dem anderen Mann duellierte. Als sie sah, dass er verlieren und wahrscheinlich getötet werden würde, zog sie das Schwert und mischte sich in den Kampf ein. Der Sekundant des anderen Mannes griff sie an, und ihr Schwert durchdrang sein dickes Lederwams neben der linken Brustwarze. Der Mann lag im Sterben, und Catalina musste zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie ihren eigenen Bruder, Miguel de Erauso, tödlich verwundet hatte.
Catalina verließ Concepción bewaffnet und zu Pferde und zog weiter nach Valdivia und Tucumán.
Mit knurrendem Magen und vom Durst ausgetrockneter Kehle ritt sie die Küste entlang und schloss sich unterwegs zwei desertierten Soldaten an. Kilometer um Kilometer zogen sie weiter, angetrieben von Hunger und Verzweiflung und ohne einer Menschenseele zu begegnen. Nur hin und wieder sahen sie einen Indio, der vor ihnen die Flucht ergriff. Immer weiter zogen sie, bis die Pferde aufgegessen und Catalinas Begleiter vor Schwäche zusammengebrochen waren. Als der letzte Amigo zu Boden stürzte und schluchzte, dass er nicht mehr aufstehen könne, nahm sie acht Pesos aus seiner Tasche und ließ ihn liegen.
Als die Erschöpfung sie übermannte, wurde sie von zwei berittenen Indios gefunden. Die beiden hatten Mitleid mit ihr und brachten sie zum Landgut ihrer Herrin. Die Frau war Mestizin, Tochter eines Spaniers und einer Indianerin. Sie pflegte Catalina gesund und übertrug ihr bald die Verwaltung des Hofes. Da es in der Gegend nur wenige Spanier gab, machte sie ihr bald den Vorschlag, ihre Tochter zu heiraten.
Allerdings bevorzugte Catalina hübsche Gesichter, und die Tochter war so hässlich wie der Leibhaftige selbst. Sie musste sich zwar mit der Hochzeit einverstanden erklären, schaffte es aber, diese um zwei Monate hinauszuzögern. Doch zu guter Letzt war sie gezwungen, sich mitten in der Nacht davonzumachen; die vereinbarte Mitgift nahm sie mit.
Nach einer Reihe weiterer Abenteuer wurde Catalina erneut wegen Mordes verhaftet. Da sie inzwischen einen Ruf als Schwertkämpfer, Spieler und Gauner genoss, wusste sie, dass man sie bald zu ihrem Schöpfer schicken würde.
Als ein Polizist sie zum Galgen schleppen wollte, suchte sie wieder Schutz in den Armen der Kirche und gestand ihm, sie sei in Wahrheit eine Frau und habe ihre Jugend im Kloster verbracht.
Nach einiger Überlegung ließ der Mann Catalina von zwei alten Frauen untersuchen, die ihm nicht nur ihr Geschlecht bestätigten, sondern auch, dass sie noch Jungfrau war.
Eigentlich hatte Catalina nach ihrer Beichte mit einer Bestrafung gerechnet, doch die Nachricht, der berüchtigte Sancho de Erauso sei in Wirklichkeit eine Frau, sprach sich bald bis nach Europa herum.
Catalina fand sich auf einem Schiff wieder, das sie zurück nach Spanien bringen sollte -allerdings nicht ins Gefängnis, sondern zu einer Audienz beim König. Danach sollte sie nach Rom Weiterreisen, um beim Papst vorzusprechen.
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Die Geschichte von Catalina de Erauso und ihrer Reise nach Madrid zum König und weiter zum Papst nach Rom erfuhr ich, nachdem ich selbst das große Meer überquert und Europa besucht hatte. Auch wenn ich das Ende nicht verschweigen möchte, fand unsere Begegnung erst später statt. Zuerst möchte ich mich deshalb wieder der Suche nach dem naualli und den Rittern des Jaguars zuwenden.
Mateo und ich trafen in Oaxaca wieder mit dem Zauberer zusammen. Sofort brachen wir nach Puebla auf, denn Don Julio hatte erwähnt,
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