Das Blut der Azteken
Während ich wehrlos umhertaumelte, holte Eléna etwas unter ihrem Kleid hervor.
Mein Gegner hob sein Schwert, um mir den Kopf abzuschlagen, als Eléna ihm den Gegenstand in den Rücken stieß. Seine Augen traten erstaunt hervor. Als er sich zu ihr umdrehte, ragte ihm ein juwelenbesetzter Dolch aus dem Rücken. Er sackte in die Knie, und ich nahm ihm das Schwert ab. Inzwischen stürmte eine Horde seiner Komplizen auf uns zu.
»In die Kutsche!«, rief ich.
Ich kletterte auf den Bock, packte mit der unverletzten Hand die Zügel und warf mein Schwert auf die Bodenbretter zu meinen Füßen. Während ich die Zügel mit den Knien festhielt, riss ich die Peitsche aus ihrer Verankerung und drosch damit auf die Pferde ein. Eine Piratenkanone war auf den Platz gerollt worden. Ein Knall ertönte, und das Haupttor des Regierungspalastes zerbarst in tausend Stücke. Die Pferde hörten besser auf das Dröhnen der Kanone als auf meine Peitsche. Mit der gesunden Hand umklammerte ich die Zügel, während die verängstigten Tiere über den Platz preschten und die Freibeuter auseinander stoben.
Ein Pirat sprang auf die Kutsche und hielt sich an der Tür fest. Als Eléna aufschrie, beugte ich mich hinunter und hieb mit dem Schwert nach ihm. Ich verfehlte ihn zwar, aber er lockerte seinen Griff und fiel hinunter.
»Eléna, ist alles in Ordnung?«
»Ja!«, erwiderte sie.
Wir rasten vom Platz und eine Wohnstraße entlang. Ein paar Ecken weiter erreichten wir die Straße nach Jalapa. Ich hatte unerträgliche Schmerzen, und mir schwindelte von dem Blutverlust. Doch das Wissen, wer in der Kutsche saß, verdoppelte meine Kräfte.
Als wir genug des Weges zurückgelegt hatten, um uns sicher fühlen zu können, zügelte ich die Pferde und ließ sie im Schritt gehen. Sie waren schweißüberströmt und am Ende ihrer Kräfte. Auch ich war verschwitzt und über und über mit Blut beschmiert. Der Blutverlust hatte mich geschwächt, und ich war im Begriff, die Besinnung zu verlieren. Die Pferde blieben stehen.
»Seid Ihr verletzt?«, rief eine Stimme.
Das Letzte, was ich hörte, war diese Stimme eines Engels. Dann senkte sich eine schwarze Wolke über mich, und ich stürzte immer tiefer in den Abgrund hinab.
2
» Señor, Señor, könnt Ihr mich hören?«
War es wirklich die Stimme eines Engels - oder die einer Sirene? Eines Geschöpfes in Frauengestalt, das Seeleute durch seine süßen Gesänge ins Verderben lockte. Diese Frage spuckte mir im Kopf herum, während ich zwischen Licht und Dunkelheit schwebte. Als es endlich wieder hell um mich wurde, bemerkte ich, dass ich immer noch auf dem Kutschbock saß. Eléna war zu mir hinaufgestiegen.
»Ich versuche, die Blutung zu stillen«, sagte sie. Ein weißes, mit Blut durchtränktes Stück Leinen war um meinen Arm gewickelt, und sie riss einen weiteren Streifen von ihrem Unterrock ab.
Obwohl ich mich noch immer benommen fühlte, fielen mir meine medizinischen Kenntnisse wieder ein. »Legt den Verband oberhalb der Wunde an«, erklärte ich ihr. »Dann nehmt etwas… den Griff Eures Kammes vielleicht… und dreht den Stoff damit zusammen, dass er eng am Arm anliegt.«
Während sie die Anweisungen befolgte, trafen sich unsere Blicke, und ich sah in die Augen meines Schutzengels. Erneut wurde es dunkel um mich. In meinem Dämmerzustand war ich sicher, Hufgetrappel zu hören und das Schaukeln der Kutsche zu spüren.
Nach einer Weile kam ich wieder zu mir und konnte meine Umgebung klar erkennen. Ich stellte fest, dass Eléna neben mir saß. Sie hielt die Zügel kurz, sodass die Pferde langsam die Kutsche zogen. Merkwürdig, dachte ich. Ich hatte noch nie eine Frau gesehen, die eine Kutsche lenkte, und im ersten Moment glaubte ich zu träumen. Doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Schließlich hatte ich es mit einer Frau zu tun, die nicht nur lesen und schreiben konnte, sondern auch Gedichte und Theaterstücke verfasste. »Und die einen Piraten mit einem Dolch erstochen hat.«
»Was habt Ihr gesagt?«, erkundigte sie sich.
Ich hatte nicht bemerkt, dass ich laut gesprochen hatte. »Ich habe mich gefragt, woher Ihr den Dolch hattet, mit dem Ihr mir das Leben gerettet habt.«
»Ein Freund erzählte mir, dass Prostituierte zur Selbstverteidigung stets einen Dolch bei sich führen. Und ich sehe keinen Grund, warum eine Dame wehrloser sein sollte als eine Prostituierte.«
Sie zog an den Zügeln und zwang die Pferde mit sanfter Stimme zum Anhalten auf.
»Wo sind wir?« wollte ich
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