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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Die Indios hingegen trinken zur Feier des Tages, ohne sich um die Menge zu scheren. Sie trinken an Sonntagen und Feiertagen, bei Hochzeiten und zu anderen Anlässen. Und wenn sie trinken, schütten sie den Alkohol in sich hinein, bis sie den Verstand verlieren. Es heißt, ein Indio könnte für ein Dutzend Spanier trinken.« Er drohte mir mit dem Finger. »Meine Glaubensbrüder meinen, dass der Alkohol bei den Indios der Ursprung aller Laster ist. Doch warum war dieses Laster dann nicht weiter verbreitet, als wir an dieser Küste landeten?«
    Der Bruder rang verzweifelt die Hände, wie so häufig, wenn die Lehren der Kirche dem widersprachen, was er mit eigenen Augen gesehen hatte. »Für die Indios ist der Sonntag der Tag des Massenbesäufnisses geworden. Und warum? Weil sie sich auf diese Weise gegen die Religion wehren, die wir ihnen aufgezwungen haben.«
    Allerdings fragte man sich, warum die spanischen Herren so bereitwillig Profit aus der Trunksucht der Indios schlugen, wenn sie diese als Problem betrachteten. Die riesigen Agavenfelder befanden sich im Besitz der Spanier. Und es hieß, dass die Indios von spanischem Wein schneller den Verstand verloren als von pulque. Diese starken Weine wurden von reisenden spanischen Händlern in die Dörfer gebracht, und bald fand man heraus, dass sich nicht nur mit dem Verkauf des Getränks Gewinn erzielen ließ. Die Indios waren leichter zu überzeugen, ihr Land und ihr Gold herauszugeben, wenn sie zuvor kräftig dem Wein zugesprochen hatten.
    Mein Magen knurrte heftig. Es war schon einige Stunden her, seit ich die Tortilla mit den ausgesprochen scharfen Chilischoten gegessen hatte. Die einzige verfügbare Nahrungsquelle, für die ich meinen aus zwei Reales und einigen Kakaobohnen bestehenden Schatz nicht opfern musste, war pulque. Und da ich so hungrig war, würde ich es schaffen, den Saft unvergoren hinunterzuwürgen… außer es gelang mir, etwas von dem vergorenen zu stehlen.
    Von meinem Ausflug mit Bruder Antonio zu der Dorfkirche wusste ich, dass die Indios, die die Felder bestellten, häufig einen geheimen Vorrat anlegten und ihn gären ließen, ohne dass die Aufseher des Haciendabesitzers es bemerkten. Also sah ich mich auf dem Feld um und fragte mich, für welches Versteck ich selbst mich wohl entschieden hätte: natürlich nicht zwischen den Pflanzen, wo der Boden nackt und kahl war, sondern im Gebüsch.
    Mit dem geschulten Auge eines Diebes blickte ich mich überall um und ging dann in die Richtung, die mir am viel versprechendsten erschien. Es dauerte länger, als ich gedacht hatte - etwa eine halbe Stunde -, einen Tontopf mit vergorenem pulque zu finden. Allerdings führte ich das nicht auf einen Fehler meinerseits zurück, sondern auf die Dummheit des Indios, der den Topf nicht so schlau versteckt hatte wie ich an seiner Stelle.
    Nachdem ich den pulque getrunken hatte, machte sich vom Magen aus ein angenehm warmes Gefühl in mir breit. Da es sicher eine kühle Nacht werden würde und ich nur mit meinem Umhang als Decke auf dem Boden schlafen musste, nahm ich noch einen Schluck vom Trank der Götter, um mich zu wärmen.
    Als ich ins Lager zurückkehrte, setzte ich mich, den Rücken zum Stamm, an meinen Platz unter den Baum. In meinem Kopf drehte es sich zwar ein wenig, doch meine Stimmung hatte sich merklich aufgehellt. Ich dankte der Gefiederten Schlange dafür, dass sie einen Teil der Last von meinen Schultern genommen hatte.
    Ganz in meiner Nähe lagerte der Besitzer einer Zuckerrohrplantage mit dreien seiner Viehhirten und einem afrikanischen Sklaven. Sie teilten ein großes Feuer mit einigen anderen spanischen Reisenden. Im Licht der Flammen erkannte ich, dass der Sklave, ein junger, dunkelhäutiger Mann, schwer misshandelt worden war. Die eine Seite seines Gesichts war geschwollen, und seine zerlumpte Kleidung war blutig und von Peitschenhieben zerrissen. Schon oft hatte ich gesehen, wie Afrikaner, Indios und Mestizen von ihren Herren auf diese Weise geprügelt wurden. Wenn eine Minderheit die Mehrheit in Schach halten will, muss sie zu Unterdrückung und Gewalt greifen.
    Mit halb geschlossenen Augen lauschte ich, wie der Besitzer des Sklaven, dessen Zuckerrohrplantage östlich von Veracruz lag, mit einem anderen Sporenträger über den Afrikaner sprach.
    »Er ist geflohen«, sagte er, »und wir haben drei Tage gebraucht, um ihn einzufangen. Jetzt bringe ich ihn wieder zurück und peitsche ihn in Gegenwart meiner übrigen Sklaven noch einmal aus. Wenn

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