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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ein neuer Schauer niedergehen würde. Ich hatte nichts bei mir, um ein Feuer anzuzünden, und außerdem auch kein trockenes Holz. Nachdem ich noch eine Stunde weitergegangen war, begann es tatsächlich zu nieseln und schließlich heftig zu regnen. Ich war froh darüber, weil es meinen Häschern die Suche nach mir vielleicht erschweren und vergällen würde. Aber jetzt musste ich einen Unterschlupf finden.
    Ich erreichte ein kleines Dorf, das aus kaum einem Dutzend Hütten bestand. Bis auf ein dunkeläugiges, nacktes Kind, das mir aus einer Tür entgegenstarrte, sah ich niemanden. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass auch noch andere Blicke auf mir ruhten. Da es in diesem kleinen Dorf keinen Platz für mich gab, setzte ich meinen Weg fort. Wenn ich geblieben wäre, um auch nur eine Tortilla zu erbetteln, hätte man sich an mich erinnern können. Und ich wollte, dass man mich für einen x-beliebigen Wanderer hielt, der vom Markt zurückkehrte.
    Ein Mönch auf einem Maultier gefolgt von vier Indiodienern zu Fuß ritt an mir vorbei. Ich spielte mit dem Gedanken, ihm meine Geschichte zu erzählen, doch ich entschied mich klugerweise dagegen. Bruder Antonio hatte mich gewarnt, dass nicht einmal ein Geistlicher den Worten eines lépero Glauben schenken würde, der des Mordes an einem Spanier bezichtigt wurde.
    Es regnete immer noch, als ich in einem anderen Dorf durch den Schlamm stapfte. Hunde bellten mich an, und einer lief mir sogar nach, bis ich einen Stein nach ihm warf. Die Indios züchteten Hunde als Schlachttiere, und wenn ich die Möglichkeit zum Feuermachen gehabt hätte, hätte ich diesen Straßenköter sicher getötet und mir eine saftige Keule zum Abendessen genehmigt.
    Bald klebte mir der Hut triefnass am Kopf, und der Umhang über meinen Schultern war völlig durchweicht. Auch Hose und Hemd tropften. Meine dünne Kleidung war an der warmen Küste ausreichend gewesen, doch hier im eisigen Regen zitterte ich vor Kälte.
    Der Regen, mit dem die Götter mich straften, nahm weiter zu. Ich war gezwungen, innezuhalten und Schutz unter den breiten Blättern einiger Pflanzen zu suchen. Ich zog die Blätter über mich und rollte mich zu einer Kugel zusammen. Wieder einmal wurde mir klar, wie wenig ich über das Leben der Indios wusste - meine Vorfahren, die seit Menschengedenken dieses Land besiedelten. Ich fühlte mich wie ein Fremdkörper, ein Eindringling, auf den die Götter, die sich in die Dschungel und Berge zurückgezogen hatten, verächtlich hinunterblickten.
    Ganz gleich was ich auch tat und wie klein ich mich auch machte, der Regen erreichte mich trotzdem. Zitternd, tropfnass, durchgefroren und verängstigt fiel ich schließlich in einen unruhigen Schlaf.
    In meinen Träumen wimmelte es von finsteren, formlosen Gestalten, und als ich aufwachte, fürchtete ich mich und hatte eine düstere Vorahnung. Es war stockdunkle Nacht. Der Regen hatte aufgehört, und eine feuchtwarme Witterung zog auf. Still lag ich da und versuchte, die Angst abzuschütteln, als ich plötzlich hörte, wie sich etwas im Gebüsch bewegte. Panik stieg in mir hoch.
    Ich spitzte die Ohren, rührte mich nicht und hielt den Atem an. Wieder vernahm ich das Geräusch, etwas schlich ganz in meiner Nähe durchs Gestrüpp. Da mich die Angst, die meine Träume in mir ausgelöst hatten, immer noch im Griff hielt, dachte ich zuerst an das Böse. Und die schlimmste Bedrohung der Nacht war die Nachtaxt, ein wilder Waldgeist der Azteken, der den Reisenden auflauerte, welche so leichtsinnig waren, ihren Weg nach Anbruch der Dunkelheit fortzusetzen.
    Die Nachtaxt war der schwarze Mann, mit dem die Mütter ihre Kinder einschüchterten, damit sie gehorchten. Selbst mir hatte man gedroht, die Nachtaxt würde kommen und mir den Kopf abschlagen, wenn ich nicht brav wäre.
    Doch das Geräusch, das ich nun hörte, erinnerte eher an ein großes Tier, das durchs Gebüsch schlich, und ich war ziemlich sicher, dass ich es mit einem Jaguar zu tun hatte -und ein hungriger Jaguar war mindestens ebenso gefährlich wie die Nachtaxt.
    Starr vor Angst blieb ich liegen, noch lange nachdem das Geräusch verklungen war. Selbst die Stille, die darauf folgte, war mir unheimlich. Man hatte mir Geschichten von anderen bedrohlichen Tieren erzählt, von Schlangen, die einem Menschen jeden Knochen im Leib zermalmen konnten, und von giftigen Spinnen, die so groß waren wie der Kopf eines Mannes - und beide hatten die Eigenart, sich lautlos an ihre Opfer anzuschleichen.
    Ich sagte

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