Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
sie nicht so weit laufen können, da sein Bein nicht sofort so stark belastet werden sollte. Inzwischen war er wieder völlig gesund, aber Mattoo war nicht der stärkste oder schnellste Jäger. Er war kein Spurenleser und auch nicht besonders geschickt bei der Herstellung von Dingen oder der Zubereitung von Nahrung. Gerne wäre er so wie die anderen gewesen.
Lantan drehte sich im Schlaf auf den Rücken, die schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht. Sein muskulöser schlanker Körper glänzte im Schein des Feuers und Mattoos Blick fiel auf die Narben an der rechten Schulter. Narben von einem Bärenbiss wie ihm Tisgar erzählt hatte. Mattoo seufzte als er sich vorstellte, wie Lantan und Tisgar gegen den Bären gekämpft hatten. Er selbst hatte das nie erlebt. Seine Prüfung zum Jäger hatte daraus bestanden, ein Wildschwein in eine Falle zu locken. Er hatte sich den Ablauf gut überlegt und dem Tier selbst nie nahe kommen müssen. Die Aufgabe war gewesen, ein Tier selbst zu erlegen, und das hatte er getan, trotzdem wurde er den Verdacht nicht los, dass seine Mutter einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen hatte, dass er zum Jäger berufen worden war. Egal, er war froh, dass er das hinter sich hatte. Er war kein Jäger. Wollte auch keiner sein. Er wusste nur nicht, was er für die Sippe sein konnte. Was war er für Lantan? Warum durfte er ihn begleiten? Mattoo hatte zunächst Angst bekommen, als er erfahren hatte, dass er und Lantan allein den Weg Richtung der aufgehenden Sonne antreten würden, um die Handelswege zu beschreiten und vielleicht neue zu finden. Aber irgendwie hatte er gewusst, dass es das Richtige war. Irgendwie hatte er gewusst, dass er das tun musste. Und dass er Lantan vertrauen konnte. So wie dieser ihm vertraute. Schließlich hatte er ihn ausgewählt. Und das einzige, was Mattoo bisher zu dieser Beziehung beisteuern konnte, war das Reden. Immerhin, das konnte er. Lantan sprach nur wenig. Man konnte aber nicht einfach so durch die Gebiete fremder Sippen spazieren, ohne zu erklären, wer man war und was man da tat. Das übernahm Mattoo und bisher lief es ganz gut.
Sie waren fast überall freundlich aufgenommen und sogar mit Nahrung versorgt worden. Mit den bekannten Sippen hatten sie bereits kleinere Tauschgeschäfte gemacht. Ihren größten Schatz, die durchsichtigen harten Steine, hatten sie meist verborgen gehalten. Einige hatten allerdings davon gehört und danach gefragt, doch Mattoo hatte ihnen erklärt, dass sie erst einmal nur erkunden wollten, was in Richtung der aufgehenden Sonne möglich war und die Steine nicht dabei hatten. Sie sollten zum großen See wandern, um dort vor Ort mit ihren Sippen den Stein zu handeln. Bei der letzten Sippe hatten sie dann aber doch drei der Steine gegen viele sehr gute Biberfelle und einen anderen wunderschönen Stein, der schwarz glänzte, eingetauscht. Ein gutes Geschäft. Die Sippe jagte die Biber sehr intensiv, sie folgten dem Fluss und gingen oft gezielt auf die Suche nach den Tieren, darum hatten sie die besten Felle. Zudem hatten sie ihnen einen interessanten Hinweis auf eine Sippe geben können, die besonders schöne Farben verarbeiteten. Neue Farben würden bei ihren Leuten sicher gut ankommen und so wollten sie diese Sippe besuchen. Der Weg war ihnen so genau wie möglich beschrieben worden und bisher hatten sie sich zurechtgefunden, es lag aber noch ein gutes Stück vor ihnen.
Mattoos Gefühl sagte ihm, dass er jetzt auch etwas Schlaf brauchen könnte, und er weckte Lantan.
Tisgar und Haroo hatten den gesamten Tag nach ihrem erfolgreichen Angriff an dem kleinen Bach gerastet. Sie hatten ihre Wunden versorgt, keine war allzu tief, einen äußerst unvorsichtigen Fuchs erlegen können und sich den Bauch vollgeschlagen. Jetzt lagen sie nebeneinander unter einem Baum in der Nähe ihres kleinen Lagerfeuers und blickten in den Himmel. „Warum hast du eigentlich noch keine Frau?“ wollte Tisgar wissen. Haroo sah ihn nachdenklich an. „Ich weiß nicht, ich glaube, ich habe Angst.“ antwortete er dann. „Ich meine, Angst davor, meine Freiheit zu verlieren. Das, was wir hier erleben, nicht mehr erleben zu dürfen.“ „Warum denn nicht?“ fragte Tisgar. „Ich habe eine Frau und bin doch trotzdem hier.“ „Sicher, aber sie macht sich bestimmt Sorgen um dich.“ gab Haroo zurück. „Ich denke, man kann sie nicht immer allein lassen. Man muss sich um sie kümmern. Und wenn man dann noch Kinder hat … nein, das kann ich mir nicht
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