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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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hat.«
    »Mach dir keine Sorgen. Er kann mir nichts tun.«
    »O doch, das kann er«, murmelte Fatima.
    Laila und ihre Mutter sahen sie fragend an. Fatima biss sich auf die Lippe; sie wusste nicht recht, ob sie sprechen sollte oder nicht. Sie konnte ihre Schwiegermutter gut leiden. Nie hatte sie die Hand gegen sie gehoben und sich stets liebevoll um die Kinder gekümmert. Was Laila betraf … Sie bewunderte sie rückhaltlos. Wäre sie doch nur so mutig, könnte sie doch nur sein wie die Schwägerin! Bevor sie Laila kennengelernt hatte, war sie fest überzeugt gewesen, dass es ihre Pflicht sei, sich den Männern unterzuordnen, jetzt aber … Nein, sie wagte nicht, gegen Mohammed aufzubegehren, und auch nicht gegen den verehrungswürdigen Imam Hassan al-Jari, dessen Tochter zu sein sie die Ehre hatte. Doch das bedeutete keineswegs, dass sie der Ansicht war, Laila habe mit ihren Worten und Ansichten Unrecht.
    »Was willst du damit sagen, Fatima?«, fragte Laila eher neugierig als besorgt.
    »Unsere Bräuche … du weißt doch … wenn sie die Ehre der Familie … Sie können uns umbringen, wenn sie finden, dass wir die Familienehre in den Schmutz ziehen … Dein Vetter … ich weiß nicht … Verzeih mir, aber ich kann ihn nicht leiden.«
    Laila lachte laut auf und trat auf ihre Schwägerin zu, um
sie in die Arme zu nehmen. Sie hatte Mitleid mit dieser unansehnlichen Frau, die sich unter dunklen Djellabas verbarg und ständig das Hidschab auf dem Kopf trug. »Fatima, hier in Spanien gibt es so etwas nicht. Niemand wird mich umbringen. Ganz davon abgesehen habe ich die Ehre der Familie nicht in den Schmutz gezogen.«
    Ihre Mutter aber war bei Fatimas Worten bleich geworden. Die Eindringlichkeit, mit der der Bruder ihres Mannes darum ersucht hatte, seinen Sohn Mustafa zu ihnen schicken zu dürfen, hatte sie überrascht, und Unruhe hatte sie erfasst, als sie gemerkt hatte, wie er das Streitgespräch mit Laila vom Zaun gebrochen hatte.
    »Aber gewöhnlich kümmern sich die unmittelbaren männlichen Verwandten um die Familienehre – Vater, Ehemann, Bruder …«, sagte sie und sah zu Fatima hin.
    »Mitunter ist es nötig, ein anderes Familienmitglied damit zu beauftragen, wenn es zum Beispiel Väter gibt, die es nicht fertigbringen, ihre eigene Tochter zu töten, und … nun, ich denke, dass Mohammed trotz allem seine Schwester liebt. Ab und zu hatte ich schon Angst, dass er … aber nein … ich glaube nicht, dass er dazu imstande wäre.«
    Die Mutter stieß einen Klagelaut aus, so dass Laila sie bestürzt ansah. Fatima sprach über ihr Leben, als gehörte es ihr nicht. Als ob es von ihrer Familie abhinge, ob sie leben durfte oder sterben musste!
    »Fatima, ich kämpfe seit Jahren gegen all das, was du da sagst. Weder dürfen wir zulassen, dass man eine Ehebrecherin steinigt, einem Dieb die Hand abhackt oder eine Frau tötet, um eine überholte Vorstellung von Ehre zu befriedigen, noch, dass man eine junge Frau mit einem Mann verheiratet, den sie nicht einmal kennt.«
    »Gib Acht, Laila. Sei deiner Sache nicht zu sicher!«, flehte die Schwägerin. »Sei auf der Hut vor Mustafa. Geh ihm aus dem Weg. Wir lassen dich nicht allein – nicht einmal nachts darfst du allein bleiben. Schließ deine Tür ab, und trau deinem Vetter nicht.«
    Fatima sah erstaunt, dass ihre Schwiegermutter zu ihr trat, ihre Hände nahm, sie kräftig drückte und ihr in die Augen sah, wobei sie sagte: »Was weißt du? Sag es uns!«
    »Nichts, ich schwöre es! Wenn ich etwas wüsste, würde ich es sagen. Ich will nicht … ich will nicht, dass Laila was passiert. Ich hab einfach Angst.«
    Tief erschüttert standen die drei Frauen schweigend beieinander. Zum ersten Mal empfand auch Laila Angst.
     
    Mohammed half seinem Vetter, das Wenige an Kleidung einzuräumen, das er in seinem kleinen Koffer hatte.
    »Deine Mutter hätte nicht erlauben dürfen, dass sich Laila wie eine Ungläubige benimmt«, hielt ihm Mustafa vor.
    »Sie ist, wie sie ist. Mit meiner Mutter hat das nichts zu tun. Meine Eltern haben uns so erzogen, wie es sich gehört. Aber hier in Spanien ist das Leben nun einmal anders als in eurem Dorf in Marokko. Hier müssen auch die Mädchen in die Schule gehen, und da setzt man ihnen leider Rosinen in den Kopf.«
    »Du bist ein guter Moslem, einer, auf den wir stolz sein dürfen, aber deine Schwester … sie bereitet unserer Familie Schande.«
    »Sie hat nichts Verwerfliches getan«, nahm Mohammed sie in Schutz.
    »Du weißt genau,

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