Das Blut des Skorpions
hinter dem Tisch Platz und musterte die Männer, die er unter größter Geheimhaltung hier versammelt hatte. Spitzel, Kuppler, Diebe und Mörder der schlimmsten Sorte, Gestalten, die im Schutz der Dunkelheit ihr Unwesen trieben und für eine Handvoll Geld zu jeder Ruchlosigkeit bereit waren. Das waren die Leute, die er im Moment brauchte.
Muti fixierte ihre finsteren Mienen eine nach der anderen, als suchte er nach einem äußeren Anzeichen für die Bereitschaft zum Verrat, durch die sich solche Individuen auszeichneten.
Er spürte, dass sein Blick in diesen abgebrühten Schurken eine fast übernatürliche Scheu hervorrief, wie eine Vorahnung von unsagbaren Schmerzen und Qualen.
Unnachgiebig setzte er seine Musterung fort, eine schweigende Ermahnung. Die Männer konnten seinem Blick nicht standhalten. Ihre Augen wanderten durch den kahlen Raum, richteten sich auf die Schimmelflecken an den Wänden oder, häufiger noch, auf die eigenen Schuhe, die über den nackten, kalten Fußboden scharrten.
Als die Spannung unerträglich wurde, erhob sich Muti von seinem Stuhl. Die Bewegung wirkte wie das Losschnellen einer Feder oder der Knall einer neunschwänzigen Katze, und die Versammelten zuckten erschrocken zusammen.
Der Inquisitor stützte die skelettartigen Hände auf den Tisch, deren lange Finger an Raubtierkrallen erinnerten, und begann zu sprechen.
Im Gegensatz zu seinem Aussehen war seine Stimme sanft, beinahe samtig, auch wenn man durch die milden Töne die stählerne Entschlossenheit hindurchhörte, die in jeder Faser seines mageren Leibes vibrierte.
Es wurde keine lange Rede.
Die Männer wussten genau, was der Inquisitor von ihnen erwartete, und umgekehrt konnte dieser davon ausgehen, dass sie in der Lage waren, seinen Auftrag zu verstehen und mit größter Gründlichkeit auszuführen.
Es war nicht das erste Mal, dass der Mönch ihre Dienste in Anspruch nahm, und bei allen früheren Gelegenheiten waren seine Anweisungen mit Eifer und Gehorsam befolgt worden.
Auch diesmal würde es so sein, daran zweifelte Muti nicht.
So heillos verdorben ihre Seelen auch waren, würde es doch keiner von ihnen wagen, sich den Befehlen des Heiligen Offiziums zu widersetzen.
Der Inquisitor kannte diese Sorte Halunken gut, er las in ihnen wie in einem offenen Buch. Die Bosheit geht immer Hand in Hand mit der Angst, und je größer die Bosheit ist, die im Herzen eines Sünders wohnt, desto größer ist auch seine Angst.
Darüber hinaus war es nicht besonders schwierig, Menschen zu manipulieren – man musste nur an den verborgenen Strängen ziehen, die ihre Herzen zum Klopfen brachten. Und er, Bernardo Muti, kannte diese Stränge in- und auswendig. Er hatte sie bei zahllosen Verhören erforschen können, zuerst im Norden als junger Mann und dann in Rom, wohin er berufen worden war, um seinem hohen und heiligen Amt als Verteidiger des Glaubens nachzukommen. Während er den Torturen beiwohnte, die den Ketzern, den Abtrünnigen, den Teufelsanbetern zugefügt wurden, hatte er gelernt, dass das wichtigste Mittel zur Läuterung der menschlichen Seele die Angst war. So war die Angst zu seinem Werkzeug geworden, zu seiner Verbündeten, seiner Überzeugung.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle waren es weniger die Schmerzen, welche die verstockten Herzen erzittern ließen, als vielmehr die Androhung von Schmerzen. Wie oft hatten scheinbar mutige Männer und Frauen angefangen zu zittern wie verängstigte Tiere, wenn ihnen die Folterinstrumente zur Erzwingung eines Geständnisses gezeigt wurden! Wie viele unverbesserliche Prediger von Lügen und Verbreiter von Ketzereien waren beim Anblick der glühenden Zangen, der Daumenschrauben und der Folterbänke schleunigst in die Arme der heiligen Mutter Kirche zurückgekehrt!
Für die Männer vor ihm galt das Gleiche.
Sie würden ohne Zögern und Schwanken gehorchen, weil sie wussten, dass jedes Versagen, jeder Fehler verhängnisvoll für sie wäre.
Aus Bösem konnte manchmal Gutes hervorgehen, vor allem wenn eine feste und unnachgiebige Hand das Böse leitete.
Diese Männer waren der Abschaum der Christenheit, der Unrat der Welt. Und doch würden sie dem Inquisitor zur größeren Ehre Gottes gehorchen!
Der Mönch lud die Versammelten ein, niederzuknien und ein Gebet an den Höchsten zu richten, damit er in seiner unendlichen Güte das Unternehmen segne und für ein gutes Gelingen sorge.
Die Männer leisteten der Aufforderung bereitwillig und beinahe gleichzeitig Folge.
Nur in der
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