Das Blut des Teufels
Mumie vor sich. Er spürte, dass er besser keine Lügen auftischen sollte, zumindest so lange nicht, bis er ungefähr wusste, wie viel die anderen wussten. Dennoch hatte er nicht vor, die ganze Wahrheit preiszugeben. »Wir haben sie … in Bruder de Almagros Besitz gefunden.«
Joan sah ihn scharf an.
Die Augen des Abts wurden größer. »Also war unser alter Kollege bei seiner Mission erfolgreich. Er hat die Quelle des Sangre del Diablo entdeckt.«
Henry zog die Brauen zusammen und übersetzte die Worte des Abts: »Das Blut des Teufels?«
Eine Weile musterte ihn Ruiz schweigend, dann legte er die Fingerspitzen vor sich aneinander und sagte langsam: »Ich habe das Gefühl, Sie wissen mehr, als Sie uns sagen, Professor Conklin. Und obwohl wir unsere Werkzeuge über die Jahrhunderte hinweg verfeinert haben, bin ich der Ansicht, dass schlichte Aufrichtigkeit Sie leichter zu uneingeschränkter Zusammenarbeit bewegen wird. Schließlich sind Sie ein Mann der Wissenschaft und der Historie … und da mag Neugier die Oberhand behalten, wo Drohungen letztlich überhaupt nichts erreichen. Würden Sie mich bitte bis zum Ende anhören?«
»Als bliebe mir eine andere Wahl …«
Abt Ruiz erhob sich wieder. Er nahm das Becherglas an sich und ließ es in den Falten seiner Kleidung verschwinden. »Alle Menschen haben einen freien Willen, Professor Conklin. Und der bringt uns Verdammnis oder Rettung ein.« Der Abt ging um seinen Schreibtisch herum und winkte dem Mönch namens Carlos, voranzugehen. »Zum Heiligtum!«, befahl er.
Henry fiel der entsetzte Ausdruck auf dem Gesicht des Mönchs auf, bevor Carlos nickte, sich auf dem Absatz herumdrehte, die Bürotür öffnete und sie hinausließ.
Immer der gute Soldat des Herrn, dachte Henry.
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Joan. Sie hielt sich erneut eng an Henry.
Sie traten in den Korridor, Ruiz ihnen zur Seite. »Ihnen die Wahrheit enthüllen. In der Hoffnung, dass auch Sie entsprechend offen sein werden.«
»Die Wahrheit über el Sangre del Diablo ?«, fragte Henry, der den Abt weiter ausquetschen wollte. »Woher haben Sie davon erfahren?«
Ruiz seufzte laut und wägte offenbar ab, ob er Antwort geben sollte. Schließlich sagte er: »Ursprünglich haben die spanischen Konquistadoren hier in Cusco das Metall entdeckt.« Der Abt wedelte mit der Hand. »Es ist in dem heiligen Sonnentempel der Inka gefunden worden.«
»Die Ruinen unter der Kirche Santo Domingo?«, fragte Henry. Als Erster hatte der Historiker Pedro de Cieza de Leon den Tempel als einen der reichsten an Gold und Silber beschrieben, der irgendwo auf der Welt zu finden sei. Selbst die Wände des Inkatempels waren mit zentimeterdicken Platten aus Gold bedeckt gewesen – bis ihn die Spanier geplündert und das Gebäude bis auf die Grundmauern niedergerissen harten, um die Kirche ihres eigenen Gottes darauf zu errichten.
»Genau«, meinte Ruiz seufzend. »Vor seiner Zerstörung muss der Tempel einen wunderbaren Anblick geboten haben. Eine Schande, in der Tat.«
»Und dieses Blut des Teufels?«, hakte Joan nach. »Warum der Name?«
Sie erreichten ein Treppenhaus, das sich tief nach unten ins Herz der Abtei wand. Der Abt nahm die Stufen sehr langsam, weil ihm sein beträchtlicher Umfang Probleme bereitete. Er keuchte leicht beim Sprechen. »Die Inka hatten sehr anschauliche Namen für Silber und Gold – die Tränen des Mondes, der Schweiß der Sonne. Als die spanischen Eroberer von der Existenz dieses anderen Metalls erfahren haben und Zeugen seiner unirdischen Eigenschaften geworden sind, erklärten sie das Material für blasphemisch und benannten es ebenso anschaulich: el Sangre del Diablo . Das Blut des Teufels.«
Henry entdeckte, dass er in diese Geschichte hineingezogen wurde. Das war sein Fachgebiet, aber davon hatte er noch nie etwas gehört. »Warum gibt es von dieser Entdeckung keine Aufzeichnung?«
Der Abt zuckte mit den Schultern. »Weil die Kirche eingeschaltet worden ist und mit den Eroberern einer Meinung war. Das Metall wurde untersucht, seine ungewöhnlichen Eigenschaften festgehalten und im Jahr 1542 verkündete Papst Paul III., dass es in den Augen des Herrn eine Abscheulichkeit darstellt – ein Werk des Satans. Die Dominikaner, die die Spanier begleitet hatten, konfiszierten sämtliche Proben und brachten sie zur Reinigung nach Rom. Alle schriftlichen Unterlagen über die Entdeckung des Metalls wurden vernichtet. Darüber zu sprechen oder zu schreiben hieß, mit dem Satan zu verkehren.« Der Abt warf einen
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