Das Blut von Magenza
es dabei. Ansonsten …“, drohte der Mann, aber Hanno ließ ihn gar nicht erst ausreden.
„Was ist ansonsten?“, entgegnete er unbeeindruckt, legte es ab und zog sein Schwert. „Wenn ihr es haben wollt, müsst ihr darum kämpfen.“
Das war für alle das Signal, die Waffen zu erheben, und sofort entflammte ein Kampf auf Leben und Tod. Die Kreuzfahrer stellten sich dabei als beinahe ebenbürtige Gegner heraus. Hieb folgte auf Hieb, Stich auf Stich. Da aber die Männer um Hanno kräftiger waren, gewannen sie bald die Oberhand und drängten die Widersacher zurück. Dabei verletzte Widukind einen der Pilger und der Soldat des Bischofs zwei Männer. Auch Bolko und Friedrich wehrten sich tapfer und sorgten für manche Wunde. Plötzlich gelang es einem der Angreifer, in die Fünfergruppe einzudringen. Aber Hanno handelte blitzschnell. Mit seinem Dolch, den er zusätzlich gezogen hatte, wehrte er den Angriff ab und stach dabei den Mann in den Hals, der tödlich getroffen zu Boden sank. Auch der Soldat verwundete in diesem Augenblick einen der Wallfahrer so schwer, dass dieser den Kampf einstellte. Das brachte die Angreifer endlich zur Besinnung. Sie kapitulierten, stützten den Verletzten und liefen so schnell sie konnten davon. Den Toten ließen sie zurück.
Hanno und die anderen waren nicht stolz auf diesen Sieg,der einen Menschen das Leben gekostet hatte. Schweigend setzten sie den Weg fort. Als sie endlich an das Rheinufer gelangten, waren die Schiffe bereits fort. Etliche Meilen rheinabwärts waren ihre Umrisse noch vage in der Abenddämmerung zu erkennen.
„Lasst uns umkehren“, meinte Hanno. „Wir sollten uns beeilen, denn ich fürchte, sie holen Verstärkung und kommen zurück.“
Altmünsterkloster, spätabends
Sara schrie vor Schmerzen. Die Wehen kamen in immer kürzeren Abständen und sie hatte jedes Mal das Gefühl, als würde ihr Leib zerreißen. Die schweißfeuchten Laken waren zerwühlt und blutverschmiert.
„Der Kopf des Kindes ist schon zu sehen. Bald hast du es geschafft“, versicherte ihr Magdalena. Zu Rachel meinte sie: „Komm jetzt her, damit du das Neugeborene auffangen kannst“, und diese folgte der Aufforderung.
Eine letzte heftige Wehe beförderte das Kind aus dem Mutterleib, das mit lautem Geschrei das Leben begrüßte.
„Es ist ein Mädchen! Und es ist gesund“, sagte Rachel, als sie es in den Armen hielt.
Sara sank erschöpft auf das Bett zurück. Sie fühlte sich schwach, aber glücklich. Die langen Wehen hatten viel Kraft gekostet, jetzt wollte sie nur noch schlafen. Ihr fielen die Augen zu, die sie erst wieder öffnete, als ihr das Neugeborene gewaschen und in Tücher gewickelt auf ihre Brust gelegt wurde. Nachdem sie ihm kurz über den Kopf gestreichelt hatte, nahm Rachel es ihrer Tochter wieder ab und legte es auf das andere Bett. Dann kümmerte sie sich um Sara, die gewaschen und deren Bett frisch bezogenwerden musste. Nachdem alles erledigt war, bekam sie ihr Kind wieder.
Voller Zärtlichkeit betrachtete sie das kleine Wesen, das zufrieden vor sich hin nuckelte. „Sie hat den Mund ihres Vaters findest du nicht auch?“, stellte Sara fest und Rachel stimmte ihr zu.
Erst jetzt wurde beiden bewusst, wie still es in der Stadt war. „Magdalena, warum ist es so ruhig? Während der letzten Tage lärmten die Kreuzfahrer vor den Toren. Nun ist nichts mehr von ihnen zu hören. Sind sie abgezogen?“, fragte Sara voller Hoffnung. Magdalena wandte den Kopf ab. Diesen Augenblick hatte sie gefürchtet. Wie konnte sie der jungen Mutter in einem solchen Moment des Glücks mitteilen, welches Unheil über ihr Volk hereingebrochen war. „Was ich euch jetzt zu sagen habe, wird euch mit tiefer Trauer erfüllen. Die Pilger gelangten in die Stadt, eroberten den Palast und die Burg und töteten jeden eurer Mitbrüder, der die Taufe verweigerte. Ich fühle mit euch und es tut mir sehr leid.“
Rachel stieß einen verzweifelten Schrei aus, ging in die Knie und zerriss ihr Gewand. „Der Herr hat uns verlassen, welche Sünde haben wir begangen, dass er unser Volk so straft. Was ist mit Isaac? Wie geht es meinem Sohn?“, schluchzte sie unter Tränen.
Sara weinte im Gegensatz zu ihrer Mutter in sich hinein, denn sie wollte ihr Kind nicht erschrecken. „Wenn Conrad bei ihm war, dann ist ihm nichts zugestoßen“, versuchte sie Rachel schluchzend zu trösten.
„Wenn aber nicht? Ach, hätte ich doch nicht auf dich gehört und wäre mit den anderen gegangen. Dann müsste ich ihren Tod
Weitere Kostenlose Bücher