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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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„Meinetwegen gleich morgen früh.“
    Hartwig gab sich damit zufrieden und seine Laune besserte sich schlagartig. Dennoch irritierte ihn der schnelle Stimmungsumschwung seines Gefährten. Normalerweise beharrte er auf einmal getroffenen Entscheidungen und gab nicht so schnell klein bei. Aber in letzter Zeit hatte er sich ziemlich verändert, und das nicht erst seit dem Mord. Hartwig war nicht entgangen, dass er sein Geld hortete. Besonders spendabel hatte Wolff sich nie gezeigt, doch inzwischen erschien er ihm krankhaft geizig. Und dann gab es da noch die Sache mit der Börse des Mönchs. Hartwig hatte zwar so getan, als bemerke er nicht, wie Wolff die Notiz las, aber er wüsste doch zu gern, was darin stand. Er hatte längst für sich beschlossen, es herauszufinden, nur war der Zeitpunkt bislang nie günstig gewesen. Aber heute Abend wollte er endlich Klarheit.
    „Komm, suchen wir uns etwas, wo wir essen können. Seit dem Morgen habe ich nichts mehr zwischen die Zähne bekommen“, schlug Hartwig vor.
    Wenig später saßen sie einträchtig nebeneinander in einem kleinen Gasthaus und stillten ihren Hunger. Wolff zeigte sich auf einmal umgänglich und machte Hartwig einen überraschenden Vorschlag. „Jucken dich deine Lenden eigentlich nicht? Wir waren schon lange bei keinen Weibern mehr.“
    „Wo du recht hast, hast du recht“, grinste Hartwig anzüglich.
    „Wie wär‘s mit morgen?“
    „Warum nicht heute Abend?“
    „Hast du hier ein Hurenhaus gesehen?“
    „Nein“, gab Hartwig zu.
    „Bis zum nächsten müssen wir bestimmt ein ganzes Stück reiten und jetzt ist es dunkel. Außerdem sind wir morgen ausgeruht.“
    „Gut, wenn du meinst.“
    Wolff stand auf. „Meine Blase drückt, bin gleich wieder da“, sagte er und ging nach draußen.
    Hartwig ging an den Schanktisch und kehrte mit zwei Krügen an den Tisch zurück. In einem unbeobachteten Moment schüttete er einen Schlaftrunk in Wolffs Bier. Sein Gefährte schien nichts zu schmecken, als er davon trank, denn er verzog keine Miene. Nicht lange, und die Tropfen entfalteten ihre Wirkung.
    „Ich bin auf einmal richtig müde und kann die Augen nicht mehr offen halten“, gähnte er laut und stand schwerfällig auf.
    Gemeinsam traten sie den Weg zu ihrer Unterkunft an. Wolff hatte sich noch nicht richtig hingelegt, da schnarchte er auch schon. Hartwig wartete noch einige Zeit und zwickte ihn dann. Als Wolff keine Reaktion zeigte, zog er vorsichtig dessen Bündel unter seinem Kopf hervor und schob sein eigenes darunter. Rasch knüpfte er es auf und durchsuchte den Inhalt.
    Er fand die Börse des Mönchs und das Leinenpäckchen mit dem Amulett und dem Rosenkranz. Er erkannte sofort, dass sie wirklich wertlos waren – genau wie Wolff behauptete. Dann entdeckte er jedoch die fingergroße Schriftrolle,die er vorsichtig öffnete. Da er nicht lesen konnte, sagten ihm die krakeligen Schriftzeichen nichts. Aber er musste wissen, was da geschrieben stand. Kurzerhand zog er seinen ledernen Gürtel aus und legte ihn neben die Notiz. Im Schein der Kerze kopierte er die Zeichen mit einem Messer auf dessen Innenseite. Zum Glück waren es nur wenige Worte und er war bald fertig. Sonderlich schön sah das Geschreibsel nicht aus, aber darauf kam es ja auch nicht an. Hauptsache, der Pfarrer, den er morgen früh aufsuchen wollte, war in der Lage, sie zu entziffern.
    Danach versetzte er alles wieder in seinen Urzustand und versuchte zu schlafen, wobei ihn eine gewisse Erregung erfasste. Er ahnte, dass er einem Geheimnis auf der Spur war.

Mittwoch, 19. Dezember 1095, 20. Tewet 4856
    Frankreich
    Jonah war seit vier Tagen unterwegs und kam schneller voran als gedacht, obwohl er vom üblichen Weg abwich. Seine Tarnung als Christ bot ihm ausreichend Schutz und er war bisher nicht behelligt worden. Die Menschen konnte er täuschen, aber nicht seine Dämonen. Sie ließen sich nicht abschütteln und suchten ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit heim, meist dann, wenn er es am wenigstens erwartete. Überfielen sie ihn, erstarrte er vor Angst, und wenn ihre wispernden Stimmen ihm den Tod prophezeiten, glaubte er zu ersticken.
    In lichten Augenblicken sagte er sich, dass sie nur Hirngespinste seien, aber je mehr er sie zu verdrängen versuchte, umso erbarmungsloser schlugen sie zurück. Um seinen Gedanken eine andere Richtung zu geben, redete er mit seinen Tieren, die ihm tatsächlich zuzuhören schienen. Sein Hund neigte den Kopf zur Seite, schaute ihn mit treuem Blick an und hechelte

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