Das Blut von Magenza
zustimmend, während sein Ross stolz die Mähne schüttelte und hin und wieder ein lautes Schnauben von sich gab.
Gegen Mittag gelangte Jonah an einen Wald, der zu groß war, als dass er ihn hätte umrunden können. Das dunkle Gehölz wirkte bedrohlich und steigerte seine Furcht. Da es Zeit für das Mittagsgebet war, stieg er ab und wandte sich Richtung Jerusalem. Während er die Mincha sprach, überkam ihn eine Zuversicht wie schon lange nicht mehr. Auf einmal legte sich die Angst vor seinen Geistern und er glaubte fest daran, dass der Herr ab jetzt schützend seine Hand über ihn hielt. So bestärkt, stieg er wieder auf sein Pferd und tauchte mit klopfendem Herzen in das stille Dickicht ein.
In Inneren des Waldes war es weniger düster als vermutet. Die Laubbäume hatten ihre Blätter abgeworfen und Sonnenlicht fiel bis auf den Boden, den eine dicke Schicht aus Herbstlaub, Bucheckern und Eicheln bedeckte. Hier war es so ruhig, dass nur das Rascheln, das sein Pferd und der Hund verursachten, die Stille unterbrach. Er begann ein Lied zu summen, um sich nicht ganz so einsam vorzukommen, und ließ die Zügel locker. Sie gelangten an eine Lichtung, wo Jonah sich neu orientieren musste, als urplötzlich eine heftige Bö aufkam, die die trockenen Blätter durcheinanderwirbelte. Die Bäume ächzten unter dem Wind, Äste schlugen laut aneinander und klangen dabei wie das Knallen einer Peitsche. Sein Pferd erschrak, bäumte sich auf und preschte in kopfloser Flucht davon. Jonah hatte alle Mühe, sich im Sattel zu halten. Die Zügel waren seinen Fingern entglitten, er presste die Schenkel fest an den Leib des Tieres und suchte an seiner Mähne Halt. Durch Zurufe versuchte er, es zu beruhigen, doch es hörte nicht auf ihn. Mit rollenden Augen und Schaum vor dem Mund hetzte es weiter. Als sie an einen Baum gelangten, dessen Äste weit herunterragten, wurde er aus dem Sattel gerissen und fiel zu Boden. Augenblicklich verlor er das Bewusstsein.
Es dämmerte bereits, als er wieder zu sich kam. Sein Hund lag an seiner Seite und wachte über ihn, während sein Pferd in einiger Entfernung nach Futter suchte. Kaum bemerkte der Hund, dass sein Herr erwachte, bellte er vor Freude.
„Ihr seid treue Gefährten“, lobte Jonah die Tiere, während er sich mühsam aufrappelte. Sein Kopf dröhnte, aber außer einer Beule schien er keine größeren Verletzungen davongetragen zu haben. Er beschloss, einen Platz zum Übernachten zu suchen, pfiff den Hund herbei und nahm das Pferdam Zügel. In der Ferne hörte er einen Bach plätschern und folgte dem Geräusch. Als er ihn gefunden hatte, stillten sie zunächst ihren Durst, dann füllte er seinen Vorrat auf und kühlte die Beule. In unmittelbarer Nähe entdeckte er einen Felsvorsprung, der ihnen ausreichend Schutz für die Nacht bieten würde. Nachdem er trockenes Holz gesammelt und ein Feuer angezündet hatte, röstete er Maronen, die er unterwegs gefunden hatte. Sie stillten seinen größten Hunger und bald besserte sich auch sein Kopfschmerz. Nach dem Abendgebet rollte er seine Decke aus, legte Holz nach und schlief mit dem Hund im Arm erschöpft ein.
Rechts des Rheins
Hartwig erwachte mit dem ersten Hahnenschrei und somit lange vor Wolff. Er stand leise auf, nahm seine Sachen und schlich sich davon, um ein Pfarrhaus zu suchen, in dem er sein Glück versuchen wollte. Ein betagter Pfarrer öffnete auf sein Klopfen hin und Hartwig grüßte ihn mit gebührendem Respekt.
Der Gottesmann wich zunächst erschrocken zurück, da Hartwig wenig vertrauenerweckend erschien, aber dieser setzte sein gewinnendstes Lächeln auf und zerstreute so seinen Argwohn. „Kannst du mir etwas vorlesen?“, bat Hartwig ihn höflich.
Der Alte lächelte. „Mit Lesen und Schreiben verdiene ich mir einen Zusatzobolus. Zeig es mir“, forderte er ihn auf.
„Wie viel verlangst du?“, erkundigte sich Hartwig zuerst.
Der Pfarrer nannte einen Preis und Hartwig drückte ihm ohne zu disputieren eine Münze in die Hand.
Als er seinen Ledergürtel löste und ihm zeigte, staunte der Geistliche nicht schlecht. Schon allerlei schrägeGestalten hatten dieses Zimmer betreten, aber der hier gehörte zu den Seltsamsten. Doch er ließ sich nichts anmerken, sondern nahm den Gürtel und führte ihn dicht vor seine Augen.
„Ein Künstler hat das nicht gerade geschrieben“, stellte er fest.
„Deine Meinung interessiert mich nicht, sag mir lieber, was da steht“, erwiderte Hartwig deutlich weniger freundlich.
„Das hier
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