Das Blutschwert
Ihr unheimliches Lächeln wurde breiter. Sie wies auf den Boden.
»Das ist ein >Nachtigallboden<. Eine uralte Tradition, die ich in Japan kennen gelernt habe«, erklärte sie. »Die Kaiser ließen ihn einbauen, damit sich niemand an sie heranschleichen konnte. Du hast ja gemerkt, wie er funktioniert. Er singt. Aber natürlich wusste ich, dass du kommst.« Sie kicherte. »Ich konnte dein Blut riechen. Ich kann es kaum noch erwarten, es zu kosten.«
»Willow«, versuchte Buffy es erneut. »Mit dir ist etwas sehr Schlimmes passiert. Lass mich dich zu Giles bringen, damit wir dir helfen können.«
»Mir braucht niemand zu helfen.« Willow hob ihr Kinn. Ihre Augen sprühten vor Zorn. Doch dann war da plötzlich noch etwas anderes. Es war Angst, die den Zorn für einen Augenblick vertrieb. »Es ist ohnehin zu spät«, flüsterte Willow und ihr Kinn bebte. Sie streckte beide Arme nach Buffy aus. »Halte ihn auf«, flehte sie. »Buffy, halte mich auf.« Dann kippte sie nach vorn, als wäre auf sie geschossen worden.
Die Sonne war untergegangen. Die Nacht hatte begonnen.
Buffy handelte. Sie stürzte sich auf Willow, ignorierte den unheimlich singenden Boden und entriss ihr den Speer. In einer Bewegung zerbrach sie ihn über dem Knie und warf die beiden Bruchstücke in die hinterste Ecke des Zimmers.
»Und was hast du damit erreicht?«, fragte Willow mit einer dunkleren, tieferen Stimme. »Das war nicht die Waffe, die du fürchten solltest.«
»Okay«, entgegnete Buffy langsam mit einem Blick zu dem
Schwert, das nicht weit von ihr entfernt auf dem Boden lag. Sie musste Zeit gewinnen. Angel musste jede Sekunde eintreffen.
»Ich bin diese Waffe«, erklärte Willow. Langsam richtete sie sich wieder auf. Der Boden klirrte und klingelte. Sie konnte fast sehen, wie Willows Gesichtszüge von etwas Fremdem überlagert wurden. Ein leuchtend grünes Gesicht mit blutroten Lippen. Mandelförmige schwarze Augen bohrten sich in ihre. Das Gesicht schien von einer Art phosphoreszierendem Schimmel bedeckt zu sein. Es war ein grausiger Anblick.
Der Boden sang, obwohl Buffy wie erstarrt dastand.
»Das bin ich«, sagte Willow hämisch grinsend. Dann klatschte sie in die Hände.
Wie Pfeile schossen Vampire durch jedes Fenster in den Raum und stürzten sich auf Buffy. Augenblicklich nahm die Jägerin Kampfhaltung ein. Sie trat dem ersten Vampir ins Gesicht und suchte fluchend in ihrem Beutel nach einem Pflock, als ein weiterer Vampir sie von hinten angriff. Sie warf sich nach vorn, wirbelte herum und schleuderte den Untoten zu Boden. Dann packte sie einen Pflock und verwandelte beide Vampire in Ascheregen.
Der Gesang des Bodens wurde zu einem wutentbrannten Kreischen. Die Vampire rückten näher. Es war eine regelrechte kleine Armee. Buffy schlug und trat um sich, und erst jetzt wurde ihr klar, dass die Vampire, die ihr in jener Nacht vor dem Bronze aufgelauert hatten, von Willow geschickt worden waren.
Aber es war nicht wirklich Willow, rief sich Buffy ins Gedächtnis. Es war der Vampir, der von Willow Besitz genommen hatte.
Buffys Unaufmerksamkeit hatte Folgen: Ein rothaariges Vampirmädchen sprang sie mit einem wilden Knurren an, während ein anderer Blutsauger ihre Beine packte. Für einen Moment hatten sie sie in ihrer Gewalt.
Erst jetzt reagierte Buffy. Sie riss die Fäuste hoch und befreite sich aus dem Griff des Rotschopfes. Mit dem Handrücken versetzte sie ihr einen Schlag gegen den Kopf und rammte den Pflock tief in ihre Brust.
Kaum war der Rotschopf explodiert, nahm Buffy den anderen Blutsauger, der immer noch ihre Knie umklammert hielt, ins Visier.
Aber die Zahl der Untoten schien unaufhörlich zu wachsen, und Buffys Kräfte ließen allmählich nach.
Willow verfolgte lächelnd den Kampf. Buffy fuhr zu ihr herum und hob flehend eine Hand, wie Willow es zuvor getan hatte. Keuchend sagte sie: »Will, du kannst sie aufhalten.«
Willow sagte langsam, als wäre ihr gerade erst der Gedanke gekommen: »Ja.«
Voller Hoffnung fuhr Buffy fort: »Ja, ja! Du musst ihnen nur befehlen aufzuhören. Sie gehorchen dir. Sie haben Angst vor dir.«
Willow senkte den Kopf. In Buffy keimte die vage Hoffnung auf, dass ihre gute alte Freundin gegen das Monster kämpfte, das von ihr Besitz ergriffen hatte.
Dann warf Willow den Kopf zurück und breitete lachend die Arme aus. Die Züge des anderen Wesens überlagerten wie eine groteske grüne Plastikmaske ihr Gesicht.
»Sie sollten mich auch fürchten«, triumphierte Willow, nur dass es
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