Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
ist, dafür büßen?« Es war das Mittel, nicht der Zweck meines Handelns, was sie missbilligte. Aus ihren Worten konnte ich eine Vergebung saugen, in deren Licht die folgende Aufforderung naheliegend, logisch, notwendig klang. » Du musst es besser machen. Nimm Rache, aber du musst Gleiches mit Gleichem vergelten. Das ist kein Boxkampf. Es ist Schach.«
In ihren Augen leuchtete eine Begeisterung, die meine Bedenken zerstreute. Ich widmete mich der Verfolgung unseres neuen, gemeinsamen Ziels. Stundenlang lag ich wach, und Aufregung und Angst verbündeten sich gegen den Schlaf. Ich fragte mich, was wir tun mussten, was wir dieser Familie wegnehmen konnten, damit es je genug wäre.
SECHZEHN
Ein Beweis für die vorausgegangene Korruption würde MacBrides Heuchelei entlarven. Darin waren meine Mutter und ich uns einig. Als Erstes schrieb sie einen Brief an die Schule und fragte, ob wir eine Kopie der Unterlagen über das diesjährige Stipendium sehen könnten. Wir rechneten zwar nicht damit, dass MacBride so dumm sein würde, stichhaltige Beweise für seine Korruption zu Papier zu bringen, aber wir vertrauten doch zuversichtlich darauf, dass irgendein Versehen, irgendeine Unterlassung uns in die richtige Richtung weisen würde. Sie wechselte zunehmend kurz angebundene Briefe mit einer Sekretärin, die vermutlich in MacBrides Bann stand und ihr unmissverständlich mitteilte, dass die Cath nicht verpflichtet sei, ihre Unterlagen öffentlich zugänglich zu machen.
Unsere einzige Möglichkeit, da waren wir uns einig, bestand darin, irgendwie in die Institution einzudringen. Wir versuchten, Kenneth für unsere Pläne zu gewinnen, aber er reagierte in verletzender Weise abschätzig und bagatellisierte die Schlussfolgerungen meiner Mutter als Fantasieprodukte. So bemühten wir uns ohne seine Hilfe, einen Plan auszuhecken, den ich allein verwirklichen könnte.
Meine Mutter führte die Regie in unserem Stück, aber wenn es darauf ankam, stand ich ohne Partner auf der Bühne. Die Vorstellung musste ich ganz allein bestreiten.
Ich sah Felix und Tara eines Dezembernachmittags auf dem Markt. Der Platz war geschmackvoll mit Weihnachtslichtern getüpfelt, die ihr helles Haar leuchten ließen. Bruder und Schwester waren durch die Ohrhörer an Taras CD -Player miteinander verkabelt. Felix wirkte ein paar Zentimeter kleiner, und sein Gang hatte jede Großspurigkeit verloren. Er schwang seine Einkaufstasche nicht hin und her, sondern hielt sie dicht vor der Brust. Sie blieben vor einem dampfenden Kohlenbecken stehen, um sich Maronen zu kaufen. Ich ging näher heran. Tara hatte ein bisschen zugenommen und war gewachsen. Sie hatte ihr Haar zu zwei Zöpfen gebunden, was einen unglückseligen Brünhilde-Effekt hervorrief. Felix’ Haar war gewachsen und hing ihm über die Augen. Ein Windstoß hob seinen Pony wie einen Flügel und enthüllte eine Höhle aus leuchtend roter Haut, die wie ein Strudel in einer Öffnung verschwand, in der sein rechtes Auge gesessen hatte. Als ich es sah, taumelte ich so heftig, dass ich mich umdrehte, um zu sehen, wer mich gestoßen hatte, aber da war niemand. Mein linker Fuß kribbelte, als erinnere er sich an den Kontakt mit Felix’ Gesicht. Rowan MacBrides anklagende Stimme bildete einen Missklang mit der Stimme meiner Mutter, die mir sagte, ich hätte recht daran getan, mir von Felix zurückzuholen, was mir zustand. Ich bebte innerlich vor Scham und Verwirrung, aber auch von dem Gefühl meiner eigenen Macht, und ich glaube, ich schrie leise auf. Ich machte mich auf ein Wiedererkennen gefasst, auf Vorwürfe, auf einen Konflikt. Aber Felix’ ausdrucksloser, halber Blick ging durch mich durch und auf der anderen Seite wieder hinaus. Ich war immer noch ein Niemand für ihn.
Ihre Gleichgültigkeit hüllte mich in eine schützende Unsichtbarkeit, die mir erlaubte, ihnen zur Cathedral Terrace zurück zu folgen. Als sie zu Hause ankamen, riss Tara ihrem Bruder den Ohrhörer heraus.
» Autsch! Leck mich!«, rief er und gab ihr einen Klaps auf die Stirn.
» Leck mich selber«, sagte sie und gab ihm ebenfalls einen Klaps, bevor sie die Haustür aufschloss. An ihrem Schlüsselring hing ein Dutzend Schlüssel. Felix drängte sich an Tara vorbei ins Innere, und ihre pralle Einkaufstüte zerriss. Schaumbad und Schokoladenpapiere, Kleider und CD s flogen heraus. Sie raffte alles zusammen und sammelte es ein, bevor sie die Tür mit einem Fußtritt hinter sich schloss. Der Schlüssel steckte außen.
Ich wartete ein
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