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Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Titel: Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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ill stand auf und lief quer durch den Saal zu seiner Frau.

NEUNUNDDREISSIG
    August 2013
    Wir saßen in einem altmodischen Tea Room in der W inchester Street, zwischen uns eine Etagere mit winzigen Sandwiches. Eine knisternde Schallplattenaufnahme der Andrews Sisters kam aus einem diskret verborgenen Lautsprecher. In einem klebrigen Close-Harmony-Arrangement flehten sie den Zuhörer an, mit niemandem außer ihnen unter dem Apfelbaum zu sitzen. Ein rotes Plakat aus W eltkriegszeiten über unseren Köpfen drängte uns, Ruhe zu bewahren und weiterzumachen, eine Aufforderung, die einem durch ihre allseitige W iederholung auf Küchenhandtüchern, Postern und Teebechern auf die Nerven ging. Kerry starrte verzückt zu einem lärmenden kleinen Jungen auf einem hohen Kinderstuhl am Nachbartisch hinüber. Als seine Mutter mit ihm hinausging, war ich das einzige männliche W esen im Lokal.
    Diese viktorianische Promenade! Ein heruntergekommenes V iertel am W estrand der Stadt hatte sich neu erfunden und hieß jetzt Saxby V intage Quarter. Das einzige Geschäft, das aus meiner Kindheit noch erhalten war, war der Fahrradladen, und selbst der war einer Retro-Retouche unterzogen worden: Im Schaufenster stand ein Fahrrad, auf dem man saß wie ein Äffchen auf dem Schleifstein, und am Lenker hing ein W eidenkörbchen. Neben dem Tea Room gab es hier noch eine Süßwarenhandlung mit Zuckerstangen und Bonbons in großen Gläsern, ein halbes Dutzend Altkleidergeschäfte, einen Secondhand-Buchladen und einen Friseursalon namens » Pin-up« mit roten Ledersesseln und mit Fotos von Rita Hayworth und V ivien Leigh im Schaufenster. Ein Geschäft gegenüber hieß » Spirit of the Blitz«. Dort bekam man recycelte und antike Möbel, Kunstdrucke, Spielsachen und Accessoires. In einer aufgeräumten Ecke war Felix dabei, einen Stuhl abzuschleifen.
    » Da ist er«, sagte ich, und Kerrys Augen füllten sich mit Tränen.
    » Nicht schon wieder. Kerry, dein Make-up !«
    Ich hatte sie hergerichtet, wie es Felix vermutlich gefallen würde: das Haar zur Seite gebürstet, Eyeliner, Hemdblusenkleid. Ihr scharlachroter Lippenstift blühte wie eine W üstenrose in der blassen Ebene ihres Gesichts.
    » Ich will das nicht. Ich mag sein komisches Auge nicht.«
    Es tat mir leid, dass Kerry mit Felix schlafen musste, zumal sie an mich gewöhnt war, und ich hatte mit Tara wenigstens kein Monster, mit dem ich mich wälzen musste. Ich nahm die gefalteten Geldscheine aus meiner Brieftasche, legte einen Zwanziger auf den Tisch und gab ihr den Rest.
    » Das sind fast tausend Pfund. Selbst bei seinen inflationären Preisen sollte das reichen, um etwas zu kaufen, das geliefert werden muss und das du nicht selbst die Treppe hinaufschleppen kannst. Bitte ihn, es persönlich zu bringen. Er hat einen Lieferwagen, das habe ich gesehen. W as haben wir geprobt?«
    Sie strich geistesabwesend über das Narbengewebe an ihrem Ohrläppchen. » Ich habe eben eine neue W ohnung gemietet, und ich möchte sie ein bisschen aufhübschen und persönlicher gestalten, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, und brauche eine Beratung.«
    » Braves Mädchen.«
    » Was ist mit diesen Tagebüchern und so? Soll ich ihn heute danach fragen?«
    » Nein! V erdammt noch mal…« Ich ballte unter dem Tisch die Hände zu Fäusten. » Kerry, wie soll er sich erklären, dass du davon weißt? Das wirst du als Letztes tun. Du brauchst jetzt nur… dafür zu sorgen, dass er dich mag. W enn er über seine Mutter redet, hör zu und erzähl’s mir später, aber das ist alles. Ich möchte nicht, dass du improvisierst.«
    » Was ist das?«
    » Du sollst nicht tun, was dir gerade einfällt.« Ich nahm ihre beiden Hände, um sie zu beruhigen. » Du wirst mich doch nicht im Stich lassen, oder? Denk immer nur daran, was danach kommt.« Sie schüttelte den Kopf und nickte gleichzeitig. » Gut. Ja, du siehst sehr hübsch aus.«
    Wenigstens damit entlockte ich ihr ein Lächeln.
    Die Straße draußen lag in der Sonne. Ich drückte mich in eine Mauernische zwischen zwei Geschäften. Kerry öffnete Felix’ Ladentür. Eine Messingglocke klingelte, und er sprang auf, um sie zu bedienen. Ich sah, wie er sich zu voller Größe aufrichtete, sah das zögernde Lächeln auf seinem Gesicht, sah, wie er die Locke über die leere Augenhöhle strich. Plötzlich war es nicht mehr so wichtig, dass die Sprache nicht Kerrys starke Seite war. Sie war am besten, wenn sie nicht sprach. Die V erführung zumindest, das sah ich, würde

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