Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
zurück und zog einen verkorkten Krug heraus.
»Meine Alte denkt, ein Schluck Sprit ist ein Schluck von des Teufels eigener Spucke«, sagte er. »Hat wahrscheinlich recht. Aber was soll’s, hin und wieder braucht ein Mann den Geschmack von gutem Fusel, sonst verliert er seinen Saft vollkommen. Hab ich recht, Jungs?« Die Brüder versicherten ihm, dass er absolut recht habe. Sie flüsterten alle drei.
»Vor allem, wenn ein Verwundeter unter ihnen ist«, sagte Campbell und goss einen großzügigen Schuss Selbstgebrannten in jeden Becher. »Verwundete sollen alle Hilfe nehmen, die sie kriegen können.« Die Brüder sagten, auch da habe er recht wie sonst nur was.
»Trifft sich, dass ich selbst seit über einem Jahr ’ne richtig böse Wunde mit mir rumtrage«, sagte John mit ernster Miene. »Letztes Jahr bei ’nem Tanz passiert. Sarah Jean Charles hat sich geweigert, eine Runde mit mir zu drehen. Hat mein armes Herz schlimmer zugerichtet als ein Indianerpfeil, und ich bin immer noch nicht gesund.« Edward grinste, und der Farmer schlug sich leicht auf den Schenkel und bedeckte seinen Mund, um sein Kichern zu ersticken. Die drei stießen sachte mit ihren Bechern an und nahmen einen Schluck, gefolgt von einer Reihe von leisen anerkennenden Seufzern.
So tranken sie eine Weile, nippten immer wieder und schmatzten mit den Lippen. Der Farmer schenkte eine zweite Runde ein und reichte Edward etwas Tabak, mit dem dieser seine Pfeife stopfte und anzündete und an John weitergab. Sie rauchten und tranken zufrieden schweigend, genehmigten sich noch eine Runde und prosteten sich wieder wortlos zu. Der Mond stand hoch, als der Farmer für alle einen letzten Schluck ausschenkte, und sie stießen mit ihren Bechern an und tranken und legten sich dann zur Ruhe.
Am Morgen hatte der Schmerz von Edwards Wunde merklich nachgelassen, und er hatte überhaupt kein Fieber mehr. Die Frau von Farmer Campbell untersuchte die Wunde, verkündete dann, dass sie sich schön verschorfe, und legte einen frischen Verband an. Die Brüder frühstückten noch gemeinsam mit der Familie, und anschließend packte die Frau für sie noch ein Stück Maisbrot und ein paar Haxen zum Mitnehmen ein. Als Zeichen der Dankbarkeit für die erwiesene Gastfreundschaft und Edwards Verarztung schenkten sie Campbell den alten Falben, und sie dankten auch den Töchtern für ihre Fürsorge. Dann ritten sie fort, die aufgehende Sonne im Rücken.
8 Richtung Westen nach Mississippi hinein. Tage brennender Sonne und schwammiger, feuchter Hitze. Reife Flachlandgerüche. Sie ritten auf verschlungenen Pfaden über niedrige Hügel und durch dichte Pinienwälder, durch Wälder voll moosbehangener Eichen und Magnolienbäume, deren weiße Blüten fast platzten. An manchen Nachmittagen wölbten sich die Wolken dunkel und riesig über dem Golf, Donner rollte und Blitze verzweigten sich grell, und Wind schüttelte die Bäume und Regen fegte heran und wühlte frischen rotgelben Schlamm auf. Manchmal regnete es nachts, und die Brüder fluchten und schliefen unruhig in durchweichten Decken. Doch morgens teilten sich die Wolken, und die Sonne brach rot durch die Bäume, und die Flüsse stiegen für den Rest jenes schwülen Sommers nicht mehr über ihre Ufer.
Sie kannten keine Eile, und selten trieben sie ihre Tiere zum Trab an. Manchmal verweilten sie tagelang bei einem Lagerfeuer. Sie erlegten Rehe und stopften sich mit den gebratenen Lenden voll und räucherten das Rückenfleisch in dicken Streifen. Sie kletterten auf Bäume, um sich einen Rundblick zu verschaffen und die Wolken näher zu betrachten und ihre Namen über die Wipfel hinauszubrüllen. Sie badeten in Seen und kescherten mit ihren Hemden Katzenwels aus den Bächen. Sie dösten im hohen Sommergras. Sie übernachteten auf Wiesen, knochenbleich im Schein des Mondes, unter Himmelszelten, die schwarz waren wie Geheimnisse und von Sternen barsten. Sie deuteten verschiedene lodernde Kometen als Vorzeichen ihrer eigenen leuchtenden Zukunft und erzählten einander von den schönen Frauen, von denen sie geliebt werden, und dem großen Reichtum, den sie gewiss anhäufen würden.
Sie wurden von einem Arbeitstrupp, der die Brücke reparierte, über den Pasacagoula gebracht, teilten mit den Männern ihre Beute von geräuchertem Wild und lernten von ihnen Drei-Karten-Poker, das manche Monte nannten. Der Einsatz waren zwei Bits. Edward war unfähig zu verlieren. Wenn jemand ein Ass auf der Hand hatte, hatte er ein Paar Dreien. Hatte
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