Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
Vom Netzwerk:
mit unserem Besuch gerechnet. Ich hatte nämlich den Verdacht, dass er jeden filmte, der sein Büro betrat, Therapiesitzungen und auch sonst, einschließlich uns.
    »Bingo, Bud.«
    Bud schlug die Augen auf. »Was?«
    Ich zeigte ihm die Kamera, klappte den Deckel wieder ordentlich zu und stellte das Buch zurück an seinen Platz. Dann schob ich mich an dem großen, unordentlichen Schreibtisch vorbei, der vor der Fensterscheibe stand. »Black hat einen Einschaltknopf unter dem Schreibtisch. Dieser Typ sicher auch.«
    Ich bückte mich und suchte die eine Seite der mittleren Schreibtischschublade ab und – voilà! –, da hatten wir ihn schon. Offenbar gingen Spitzenpsychiater alle nach dem gleichen Muster vor. Im nächsten Moment hörte ich, wie sich die Tür öffnete, und richtete mich schnell auf. Allerdings nicht schnell genug.
    Der Mann auf der Schwelle blieb stehen, als überrasche es ihn, dass es sich zwei Detectives in seinem Büro gemütlich gemacht hatten. Nicht zu fassen. Young war ein attraktiver, hoch gewachsener Mann von mindestens einsachtzig, schlank und gepflegt, und sah genauso aus, wie man sich einen Seelenklempner vorstellt. Sein blondes Haar trug er zu einem beinahe militärischen Kurzhaarschnitt gestutzt, und seine eindringlichen dunkelblauen Augen schienen mich zu durchbohren. Er war mit einem grauen Baumwollpulli mit einem weißen Hemd darunter, anthrazitfarbenen Dockers, dunklen Socken und schwarzen Mokassins mit hübschen kleinen Bommeln bekleidet. Offenbar hatte auch er seine Erfahrungen mit den arktischen Temperaturen in Oak Haven. Eine Schildpattbrille mit quadratischen Gläsern hing an einer roten Kordel um seinen Hals. Sein Kinn wies die tiefste Spalte auf, die ich je gesehen hatte – Aaron Eckhart und Kirk Douglas natürlich nicht mitgezählt. Herrje, in einem Hohlraum von dieser Größe fingen sich vermutlich die Flusen. Da er ein Mann war, richtete sich seine Aufmerksamkeit sofort auf mich, nicht auf Bud. »Haben Sie was fallengelassen, Miss?«
    »Mein Schnürsenkel war offen«, erwiderte ich, obwohl mir sein beißender Sarkasmus natürlich nicht entgangen war. Er grinste, wie um zu zeigen, dass er meine Lüge sehr wohl durchschaut hatte, worauf ich lächelte, als sei mir das piepegal.
    »Da es sich hier um mein Büro handelt, nehme ich an, dass Sie wissen, wer ich bin. Allerdings kann ich das umgekehrt von mir nicht behaupten.«
    Bud erhob sich, ganz der höfliche Detective, und ich, der zwielichtige, umrundete den Schreibtisch. »Ms Macy war so nett, uns hier im Warmen warten zu lassen«, entgegnete er.
    Dr. Young fand das weder komisch, noch schien er Ms Macys Entscheidung gutzuheißen. Er betrachtete uns nur eine Weile. »Ich verstehe«, sagte er schließlich. »Und darf ich fragen, was Sie zu mir führt?«
    »Natürlich«, antwortete ich. »Wir sind Detectives aus Canton County und wollten uns nach einem Ihrer Patienten erkundigen.«
    »Ach, ja? Könnte ich vielleicht einen Ausweis sehen?«
    Mann, der nahm es aber ganz schön genau. Insbesondere, wenn man bedachte, dass wir beide unsere Dienstmarken gut sichtbar um den Hals hängen hatten. Meiner Ansicht nach hätte er nur seine Brille aufzusetzen brauchen, anstatt sie weiter an dieser albernen und nicht sehr männlich wirkenden Kordel baumeln zu lassen. Dennoch hielten wir gleichzeitig unsere offiziellen Visitenkarten hoch, um zu zeigen, dass wir für denselben Sheriff arbeiteten.
    »Es wäre nett, wenn Sie vorher angerufen hätten, um mir Gelegenheit zu geben, mich vorzubereiten.«
    »Glauben Sie, dass für ein Gespräch mit der Polizei Vorbereitungen nötig sind?«, gab ich zurück.
    Unsere Blicke trafen sich. Inzwischen musterte er mich prüfend, und ich hatte den Verdacht, dass er nicht mit dem Gedanken spielte, mir einen Orden wegen guter Führung zu verleihen. Dann schenkte er mir ein sehr freundliches Lächeln, wobei er Zähne zeigte, die so weiß und regelmäßig waren wie die der Nachrichtensprecherinnen im Fernsehen – der Nachrichtenbarbies, wie ich sie nannte. Im nächsten Moment lachte er laut auf, als hätte ich einen besonders guten Witz gerissen. Bud und ich starrten ihn an. An unseren Zwerchfellen regte sich nichts, obwohl wir beide nah und fern für unseren Humor bekannt sind. Anscheinend saß ich auf der Leitung.
    »Verzeihung, dass ich so gereizt bin. Ich habe gerade eine unangenehme Sitzung hinter mir und lasse es offenbar gerade an Ihnen aus. Sie kennen das ja, projizierte Aggression und so. Bitte setzen Sie

Weitere Kostenlose Bücher