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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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nahm den Farbton von Vanilleeiscreme an. Sein Entsetzen wirkte nicht gespielt. »Nein, nein, unmöglich. Das kann nicht wahr sein.«
    Wir alle nickten ernst.
    »Mein Gott, er war so ein netter Junge. Ich dachte, wir hätten ihn wieder hingekriegt.«
    »Offenbar nicht«, entgegnete Bud.
    Oh, Bud, heute nahm er wirklich kein Blatt vor den Mund. Ach, herrje. Außerdem schien er eine tief sitzende Abneigung gegen den armen Pete entwickelt zu haben. Also würde ich die Rolle der Guten übernehmen müssen.
    »Herzliches Beileid, Pete. Waren Sie eng mit Mikey befreundet?«
    »O ja, wir waren sogar vor ein paar Jahren zusammen in einer Therapiegruppe, als ich noch Patient war. Wir haben uns dort kennengelernt.«
    Das deckte sich mit Youngs Schilderung des Zeitablaufs.
    Ich wandte mich an Pete. »Was halten Sie davon, kurz mit uns zu sprechen, während Dr. Young die Gruppe über Mikeys Tod informiert? Vielleicht können Sie ja einige unserer Fragen beantworten.«
    »Ja, tu das ruhig, Pete«, meinte Dr. Young. »Ich komme schon allein mit der Gruppe zurecht.« Nun, hoffentlich, dachte ich. Young wandte sich wieder an mich. »Ich schaue, ob einige der Jugendlichen mit Ihnen reden wollen. Aber seien Sie taktvoll. Manche von ihnen sind noch sehr labil.«
    »Das kriege ich hin.« Zugegebenermaßen nicht sehr gut, aber ich schaffe es, wenn es absolut nötig ist und wenn es um junge Menschen geht.
    Ich drehte mich wieder zu Pete um. »Können wir irgendwo ungestört und unter vier Augen reden?«
    »Ist es möglich, dass wir uns ins Beobachtungszimmer setzen, Doc?«
    »Klar, aber pass auf, dass der Ton zum Sitzungszimmer abgeschaltet ist.«
    »Wird gemacht.«
    Pete brachte uns nach nebenan in einen behördengrau gestrichenen kleinen Raum, der mit Wildledersesseln in einem dunkleren Grauton und einem Teppich in einem noch dunkleren Grau ausgestattet war. Allem Anschein nach sollte das Beobachtungszimmer keine fröhliche Atmosphäre verbreiten, so viel stand fest. Hier saßen Leute und sahen den Verrückten beim Plaudern zu. Also vergesst das Osterglockengelb und das Tulpenrot. Grau, grau, grau. Mann, ich hatte jetzt schon Depressionen.
    Pete setzte sich und wies auf zwei identische Drehstühle. Allerdings blieb sein Blick auf die Szene gerichtet, die sich im Nebenraum abspielte. Bud und ich nahmen Platz und schauten ebenfalls gebannt zu. Der Doctor wies die Jugendlichen an, sich in einem Halbkreis niederzulassen. Seine Miene war ernst, seine Körpersprache entspannt. Er wusste, wie man Hiobsbotschaften überbrachte. Wir drei schauten schweigend hin, denn es war verdammt offensichtlich, dass der arme Pete es kaum erwarten konnte, wie seine Schützlinge wegen der schlechten Nachricht die Fassung verloren. Leider jedoch war der genaue Zeitpunkt, an dem er es ihnen eröffnete, nur schwer auszumachen, denn es erfolgte keine Reaktion. Acht Jugendliche saßen da und starren ihn an. Also gut. Der Gipfel der Gelassenheit. Vielleicht waren sie ja auch hirntot.
    »Es scheint sie nicht aus der Ruhe zu bringen«, merkte Bud an.
    »Die Gruppe geht nicht gern aus sich heraus«, entgegnete Pete.
    Ach, wirklich, Pete? Ich hätte es eher als Apathie bezeichnet. Sie wirkten wie junge, schlampig gekleidete Schaufensterpuppen in einer Gap-Filiale. Nur, dass sie jede Menge Piercings zur Schau trugen. Vermutlich waren auch noch zahlreiche unsichtbare vorhanden.
    »Wir werden schon noch zu ihren Gefühlen vordringen. Das ist ein schrittweiser Prozess. Dr. Young geht sehr gut mit ihnen um.«
    Okay, was mich betraf, war die Gruselshow nun zu Ende. »Wie gut kannten Sie den Verstorbenen, Pete?«
    »Während seiner Zeit hier war er einer meiner besten Freunde. Danach haben wir uns kaum noch gesehen. Ich habe hier gewohnt, wissen Sie, so als eine Art Hausvater.« Er grinste. Ach, herrje, die Mitarbeiter von Oak Haven waren wirklich Sympathieträger. Das Problem war nur, dass ich sie ganz und gar nicht sympathisch fand, doch das war ja nichts Neues. Ich konnte nämlich die meisten Menschen auf Anhieb nicht ausstehen. Da es bei Bud genau umgekehrt ablief, ergänzten wir einander wunderbar.
    Bud starrte den jungen Mann nur wortlos an, weshalb offenbar wieder ich am Zug war. »Könnten Sie mir beschreiben, was für ein Mensch er war?«
    Pete strotzte anscheinend selbst im düsteren Tal des Todes noch vor lächelnder Zuversicht. »Oh, er war wundervoll. Ein positiver Mensch, immer ein Scherz auf den Lippen. Außerdem sehr klug, würde ich sagen. Ständig fiel ihm eine

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