Das Bourne-Attentat
worauf das Ganze hinauslief. »Was kann ich dabei tun?«, fragte sie mit bewusst neutraler Stimme.
LaValle lächelte freundlich und wandte sich Kendall zu.
»Siehst du, Richard, du warst ein bisschen skeptisch, aber sie kann uns doch eine große Hilfe sein.« Rasch wandte er sich wieder Soraya zu, und sein Gesichtsausdruck war nun wieder ganz nüchtern. »Der General will Sie beide strafrechtlich belangen – und was das für Sie bedeutet, das brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären.«
Ihre Strategie, sie als guter Cop und böser Cop in die Zange zu nehmen, wäre ihr ziemlich klischeehaft erschienen, wäre die Situation nicht so bitterernst gewesen. Sie wusste, dass Kendall sie hasste; er hatte sich nie die geringste Mühe gegeben, seine Verachtung zu verbergen. Er war schließlich ein Militär. Die Möglichkeit, vielleicht eines Tages für eine Frau arbeiten zu müssen, war für ihn undenkbar, ja, geradezu absurd.
»Mir ist klar, dass meine Position unhaltbar ist«, sagte sie, auch wenn es ihr zutiefst widerstrebte, ihre Schuld gegenüber diesem widerlichen Menschen einzugestehen.
»Ausgezeichnet, dann wollen wir das als Ausgangspunkt nehmen.«
LaValle blickte zur Decke hinauf, so als würde er darüber nachdenken, wie er fortfahren solle. Doch sie vermutete, dass er längst wusste, was er wollte, und das ganz genau.
Seine Augen trafen die ihren. »So wie ich das sehe, besteht unser Problem aus zwei Teilen. Der eine Teil betrifft Ihren Freund unten in der Zelle. Der zweite Teil betrifft Sie.«
»Mir geht es mehr um ihn«, sagte Soraya. »Wie bekomme ich ihn hier heraus?«
»Sehen wir uns zuerst Ihre Situation an. Wir können eine hieb- und stichfeste Anklage gegen Sie vorbringen, aber ohne die Zeugenaussage Ihres Freundes …«
»Tyrone«, warf Soraya ein. »Sein Name ist Tyrone Elkins.«
Um ihr klarzumachen, wer hier das Sagen hatte, ignorierte LaValle ihren Einwurf ganz bewusst. »Ohne die Zeugenaussage Ihres Freundes werden wir nicht weit kommen.«
»Seine Aussage bekommen wir«, warf Kendall ein, »sobald wir mit ein bisschen Waterboarding nachhelfen.«
»Nein«, protestierte Soraya. »Das können Sie nicht machen.«
»Warum – weil es illegal ist?«, erwiderte Kendall lachend.
Soraya wandte sich LaValle zu. »Es gibt einen anderen Weg. Das wissen Sie genauso gut wie ich.«
LaValle sagte einen Moment lang nichts, um die Spannung zu erhöhen. »Sie haben gesagt, dass Ihre Quelle zur Bestätigung der Typhon-Protokolle sakrosankt sei. Gilt das immer noch?«
»Wenn ich sie Ihnen nenne – lassen Sie Tyrone dann frei?«
»Nein«, antwortete LaValle, »aber Sie könnten nach Hause gehen.«
»Was ist mit Tyrone?«
LaValle schlug die Beine übereinander. »Eins nach dem anderen, ja?«
Soraya nickte. Sie wusste, dass sie keinen Bewegungsspielraum hatte, solange sie hier saß. »Meine Quelle war Bourne.«
LaValle wirkte ehrlich verblüfft. »Jason Bourne? Machen Sie Witze?«
»Nein, Mr. LaValle. Er weiß von der Schwarzen Legion, und auch, dass sie von der Östlichen Bruderschaft unterstützt wird.«
»Woher hat er sein Wissen, verdammt?«
»Er hatte keine Zeit, es mir zu sagen, selbst wenn er gewollt hätte«, antwortete sie. »Es waren zu viele NSA-Agenten in der Nähe.«
»Der Vorfall in der Freer Gallery«, warf Kendall ein.
LaValle hob eine Hand. »Sie haben ihm geholfen, zu entkommen.«
Soraya schüttelte den Kopf. »Er hat sogar gedacht, dass ich ihn verraten hätte.«
»Interessant.« LaValle tippte sich an die Lippe. »Denkt er das immer noch?«
Soraya beschloss, dass es Zeit für ein wenig Widerstand, für eine kleine Lüge war. »Ich weiß es nicht. Jason neigt zur Paranoia, also wär’s schon möglich.«
LaValle wirkte nachdenklich. »Vielleicht können wir das zu unserem Vorteil nützen.«
General Kendall machte ein angewidertes Gesicht. »Das heißt also mit anderen Worten, diese Geschichten über die Schwarze Legion sind vielleicht nichts anderes als durchgeknallte Fantasien.«
»Oder vielleicht eher gezielte Desinformation«, fügte LaValle hinzu.
Soraya schüttelte den Kopf. »Warum sollte er so etwas tun?«
»Wer weiß, warum er irgendetwas tut?« LaValle nippte langsam von seinem Whisky, der inzwischen von dem geschmolzenen Eiswürfel verdünnt war. »Vergessen wir nicht, dass Bourne wütend war, als er Ihnen von der Schwarzen Legion erzählte. Sie haben ja selbst gesagt, dass er dachte, Sie hätten ihn verraten.«
»Da haben Sie Recht.« Soraya wusste, dass es
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