Das Brandhaus - Roman
Schließlich liegt das 67 Jahre zurück!«, schnaubte Andersson, der plötzlich wieder munter wurde.
»Wir haben etwas, das sie 1941 nicht hatten«, sagte Fryxender und lächelte pfiffig.
»Und was zum Teufel ist das?«
Fryxenders Lächeln wurde noch breiter.
»Den Mord an Mats«, erwiderte Fryxender mit einer Miene, als hätte er gerade das Problem der globalen Erwärmung gelöst.
»Den Mord an... was soll denn das bedeuten?«
»Wir wissen, dass Mats am Tag seines Verschwindens auf etwas gestoßen ist. Er behauptete, der Lösung nahe zu sein, und
sprach von der Sicherheitspolizei. Wir wissen, welche Bücher er in der Stadtbücherei bestellt hatte. In den Kisten bei Mats’ Sohn könnte noch Material liegen. Wir wissen außerdem, dass Mats und sein Vater mit derselben Waffe erschossen wurden. Entweder von demselben Mörder, oder, was vielleicht wahrscheinlicher ist, der Mörder von Mats hatte Zugriff auf dieselbe Pistole.«
Andersson versuchte denselben Optimismus wie Fryxender aufzubringen, aber es wollte ihm nicht recht gelingen. Der Fall erschien ihm gänzlich unlösbar.
»Ich habe für heute Nachmittag mit Peter Persson einen Termin vereinbart. Hoffentlich hat er die Kisten noch. In diesem Falle würde ich ihn nämlich bitten, sie mir ansehen zu dürfen.«
Andersson war nicht sonderlich erpicht darauf, noch mehr Kartons durchackern zu müssen. Die ganzen Kisten voll altem Plunder waren das Schlimmste an diesem Job. Andererseits hatten Leif und er inzwischen ein ziemliches Geschick darin entwickelt, in einer Unmenge alten Plunders das Wesentliche zu finden.
Peter Persson wohnte in einem Viertel unweit der alten Kirche in Örgryte. Die Häuser stammten alle aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und waren kürzlich renoviert worden oder wurden gerade renoviert. Die Äste der Obstbäume in den großen Gärten bogen sich unter der Last der Früchte. In den Beeten blühten Rosen und bunte Herbstblumen. Obwohl Sven Andersson sein ganzes Leben in Göteborg verbracht hatte, war er noch nie in diesem Teil von Örgryte gewesen. Von dem Stadtteil seiner Kindheit, Masthugget, bis hierher benötigte man mit der Straßenbahn höchstens eine halbe Stunde. Der gesellschaftliche Aufstieg, der zwischen diesen beiden Stadtteilen liegen musste, nahm jedoch sehr viel mehr Zeit in Anspruch und war im Grunde nicht zu leisten.
Andersson sah sofort, als die Tür geöffnet wurde, dass es sich um Mats Perssons Sohn handeln musste. Er glich dem Ermordeten
- auf alten Passfotos - sehr. Auch die Personenbeschreibung stimmte: Etwas über mittelgroß, schmächtig und blondes, gelichtetes Haar. Er war 38 Jahre alt, wirkte aber älter. Seine Kleidung, Jeans und blau-weiß gestreiftes Polohemd, war leger.
Freundlich bat er die Beamten einzutreten. Er führte sie durch das Haus auf eine große verglaste Veranda. Die Schiebetüren waren geöffnet, die Nachmittagssonne schien herein, und eine Brise kühlte. Mit dem Wind drang der Geruch von überreifen Beeren und Sommeräpfeln auf die Veranda. Der Korbsessel knarrte bedenklich, als Andersson Platz nahm. Auf der Glasscheibe des zu dem Sessel passenden Tischchens standen Kaffeetassen. Andersson war enttäuscht, dass es dazu nur Kekse mit Marmeladefüllung gab. Da muss ich mich wohl mit dem Kaffee begnügen, dachte er säuerlich, wenn zum Kaffee nur Kalorienbomben gereicht werden.
Nachdem er sich eingeschenkt und einen Keks genommen hatte, fragte Fryxender Peter Persson, ob er immer noch im Besitz der Kartons seines Vaters sei. Persson bejahte.
»Haben Sie damals alle Kartons Ihres Vaters an sich genommen?«, wollte Fryxender wissen.
»Nein, nur die, die interessant wirkten. Jene, die Papiere enthielten.«
»Haben Sie sich die Sachen jemals genauer angesehen?«
»Nein. Ich habe nur mal einen kurzen Blick daraufgeworfen und dann den Deckel wieder zugeklappt«, erwiderte Peter Persson entschuldigend.
Er schwieg eine Weile und fuhr dann fort:
»Dass ich die Kartons mitgenommen habe, lag wohl hauptsächlich daran, dass ich wütend auf meine Mutter war. Sie wollte alles verbrennen. Ich war dreizehn, als Papa verschwand, und er fehlte mir... ich habe immer gehofft, dass er wieder auftauchen würde. Irgendwie kam es mir so vor, als ließe Mama Papa im Stich. Aber das war natürlich die Reaktion eines Teenagers. Mir ist schon lange klar, dass es nur gut war, dass sie Frank kennengelernt hat.«
Plötzlich lachte er.
»Sie hören vielleicht, dass ich das Verschwinden meines Vaters
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