Das Brandhaus - Roman
es könnte auch einer der Cousins gewesen sein. Alle drei lebten noch, als der Mord an Mats begangen wurde. Bereits als Wennerström noch in Russland war, gab es Berichte, die den Verdacht nahelegten, er sei für fremde Mächte nachrichtendienstlich tätig, wie das damals hieß. Es wurde gemutmaßt, dass er für Deutschland Spionage betrieb. Sein Auftreten war verdächtig. Er erkundigte sich nach Dingen, mit denen er nichts zu schaffen hatte. Ab 1943 wurden seine Post und sein Telefon überwacht. Es ließ sich aber nie etwas beweisen. Deswegen wurde die Überwachung abgebrochen. Tatsächlich haben sie ihn erst zwanzig Jahre später drangekriegt. Ich könnte mir vorstellen, dass Elof Persson Wind von irgendetwas bekommen hatte. Etwas gesehen hatte. Vielleicht waren die Cousins ja in diese Sache verwickelt«, fuhr er fort.
Andersson brauchte eine Weile, um alle Informationen über den Spion Stig Wennerström zu verarbeiten.
»Kannte denn einer der Cousins Wennerström schon im September’41?«, wollte er dann wissen.
Fryxenders Miene verdüsterte sich, als ihm klar wurde, worauf Andersson hinauswollte.
»Wohl kaum. Wennerström war älter und Hauptmann der Luftwaffe«, musste er widerstrebend zugeben.
»Es bestand also zum Zeitpunkt der Ermordung von Elof Persson keinerlei Verbindung zwischen den Cousins und Stig Wennerström!«, konstatierte Andersson.
»Nein. Aber die Cousins …«
»… waren noch nicht in Russland gewesen. Der eine war ja verdammt noch mal gerade erst mit der Uni fertig, und der andere war noch im Außenministerium! Das Einzige, was wir sicher wissen, ist, dass sich alle drei im September in Stockholm aufhielten. Das ist der einzige Berührungspunkt! Aber wir besitzen keinerlei Beweis dafür, dass sich die Cousins und Elof Persson je begegnet wären oder dass Persson Stig Wennerström getroffen hätte. Oder die Cousins.«
Fryxender schien jegliche Zuversicht abhanden gekommen zu sein. Er runzelte die Stirn und dachte nach.
»Wir müssen nachweisen, dass ein Kontakt bestand. Wir müssen finden, was Mats Persson gefunden hat«, meinte er schließlich.
»Und wir müssen mit Oscar Leutnerwall sprechen. Falls das geht. Der Mann ist über neunzig.«
»Hm. Die Cousins hatten übrigens noch weitere Gemeinsamkeiten. Sie hatten beide keine Familie. Das lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass beide in jungen Jahren sehr viel in der Welt herumgezogen sind. Beide sind nach ihrer Pensionierung in ihre Heimatstadt zurückgekehrt.«
»Während ihres Berufslebens können sie sich aber nicht sonderlich oft getroffen haben. Sie sind nie gleichzeitig ins selbe Land entsandt worden, von den ersten Jahren in Moskau einmal abgesehen.«
»Moskau«, wiederholte Andersson langsam.
Er wusste, was jetzt kommen würde, und Fryxender enttäuschte ihn in diesem Punkt nicht.
»Was ich über Wennerström weiß, habe ich aus dem Internet. Wir müssen uns die Bücher besorgen, die Mats Persson ausgeliehen hat, und sie lesen«, stellte Fryxender fest.
Andersson versuchte nicht einmal, seinen Seufzer zu unterdrücken. Moskau, der Krieg, Spione und ein 67 Jahre zurückliegender Mord. Er seufzte erneut.
Andersson war sich immer noch nicht ganz sicher, ob er mit Oscar Leutnerwall persönlich am Telefon gesprochen hatte. Falls das der Fall war, dann war er jedenfalls kein seniler Alter, die höfliche Stimme hätte einem halb so alten Mann gehören können.
Sie befanden sich auf dem Weg nach Nedre Johanneberg, um sich mit Oscar Leutnerwall zu unterhalten. Sie hätten die kurze Strecke genausogut auch zu Fuß zurücklegen können, aber ein Unwetter zog gerade über die Stadt hinweg, und Andersson spürte sein Asthma. Der Regen war ein erster Vorbote des Herbstes. Wenn dann Anfang November der kalte und nasse Winter kam, konnte er zumindest in Ruhe sein Asthma
pflegen. Ab dem 1. November würde er sich Ruheständler nennen können. Er sah diesem Datum mit gemischten Gefühlen entgegen.
»Durchhalten! Am 1. Oktober kommt Verstärkung«, hatte Fryxender mehrmals gesagt.
Verstärkung konnten sie wirklich gebrauchen. Die Cold-Cases-Gruppe bekam zwei weitere Ermittler. Andersson und Fryxender kannten sie von früher.
Wie Pelle Svensson kam die Kriminalkommissarin Ulla Jansson aus Vänersborg. Sie hatte die letzten Jahre vor der Pensionierung nach Göteborg ziehen wollen, da ihre Kinder und Enkel dort wohnten.
Kriminalkommissar Urban Bolinder war viele Jahre Polizeibeamter bei der UNO gewesen. Anschließend hatte
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