Das Brandhaus - Roman
mit denen man auf das Internet zugreifen konnte. Von den zwanzig Laptopnutzern hatte Irene elf Personen mit Sicherheit ausschließen können, da diese sich Filme anschauten, Spiele spielten oder Dokumente bearbeiteten. Sieben der übrigen mailten. Wofür die restlichen zwei ihre Computer benutzten, wusste sie nicht. Sie saßen allein in der
ersten Klasse, und Irene hatte keinen Blick auf ihre Monitore werfen können.
Zusammengenommen handelte es sich also um elf Computernutzer, von denen sie nicht wusste, womit sie online beschäftigt waren.
Sie beschloss, sich auf diese Elf zu konzentrieren. Mr. Groomer wollte sicher nicht, dass ihm ein Mitreisender beim Chatten über die Schulter schaute. Zwei der Elf saßen in ihrem Wagen, der rothaarige Däne und der etwa Vierzigjährige mit schütterem Haar.
Bevor sie die Toilette verließ, rief sie Jens an.
»Ist er noch online?«
»Ja. Er schlägt eine Verabredung vor.«
»Wann?«
»So weit sind sie noch nicht. Ann zögert. Sagt, sie wolle sich beim ersten Mal in einem Café treffen.«
»Wer chattet mit ihm? Du oder Åsa?«
»Ich. Und ich bin schließlich ein vernünftiges Mädchen.« Jens kicherte.
»Gut. Ruf mich an, wenn er aufhört.«
Was mache ich jetzt? Jeder von ihnen kann Mr. Groomer sein! Keiner sieht aus wie der Mann auf dem Phantombild. Aber mehrere weisen Züge des Mannes auf dem Bild oder Ähnlichkeiten mit der Personenbeschreibung auf. Vermutlich hat er sich vor seiner Verabredung mit Lina verkleidet. Wir hätten den Zug wirklich mit mehreren Leuten überwachen sollen. Verdammt! Sie holte tief Luft, um sich vor dem Rückweg wieder zu beruhigen.
Irene versuchte ihr Bestes, um einen Blick auf die Monitore der Verdächtigen zu erhaschen. Wenn der Zug in Kurven in Schieflage geriet, beugte sie sich über die Sitze. Gelegentlich blieb sie auch stehen, um etwas in ihrer Handtasche zu suchen, einmal band sie sich die Schnürsenkel zu. Im Wagen erster Klasse blieb sie stehen und putzte sich umständlich die Nase, während sie versuchte, einen Blick auf den Monitor eines der Verdächtigen zu erhaschen. Ihre Anstrengungen gewährten
ihr jedoch nur einmal Einblick: Der Mann mit dem schütteren Haar in ihrem Wagen schien ein Sommerhaus in der Gegend von Falkenberg kaufen zu wollen. Die Bildschirme der übrigen zehn Männer hatte sie nicht einsehen können.
Als sie sich wieder setzte, sah sie Jenny erstaunt an.
»Hast du keinen Kaffee geholt?«, wollte sie wissen.
Verdammt! Das hatte sie vergessen!
»Der Kaffee war aus. Sie kochen gerade neuen. Ich gehe gleich noch mal.«
Irene beugte sich näher an ihre Tochter heran und flüsterte:
»Eigentlich musste ich erst noch auf die Toilette. Im Bistrowagen war besetzt. Irgendjemand dort wurde irgendwie nicht fertig, deswegen bin ich zurückgekommen.«
Also sah sie sich gezwungen, die Toilette ganz hinten im Wagen aufzusuchen. Das ermöglichte es ihr, die Notizen noch einmal durchzugehen.
Zehn Verdächtige. Sie hatte ihre Platznummern und ihr Aussehen notiert. Falls sie das Ticket mit einer Kreditkarte bezahlt hatten, konnte die Polizei ihre Namen recht rasch herausfinden. Dann würden sie diese Namen mit dem Vorstrafenregister abgleichen.
Mit etwas Glück erhielten sie dann einen Namen. Vielleicht hatte diese Aktion ja tatsächlich etwas gebracht.
Gestern hat er den Fujitsu verwendet, also ein Palmtop. Die beiden Männer mit dem Laptop kommen dann nicht in Frage. Bleiben acht Männer von Interesse«, resumierte Jens.
Das ganze Dezernat außer Hannu Rauhala war am Freitagnachmittag zur Besprechung versammelt. Hannu hatte mit Fredrik Stridh getauscht und nun am Wochenende Dienst.
»Wann bekommen wir die Namen?«, wollte Tommy Persson wissen.
Er wirkte hochzufrieden mit dem Ergebnis von Irenes Nachforschungen im Zug nach Malmö. Selbst wenn die Ermittler keinen der Namen in ihrem Vorstrafenregister fanden, würden sie die Männer genauestens unter die Lupe nehmen. Für eine Ermittlung stellte es immer einen Durchbruch dar, ein paar Namen in der Hand zu haben.
»Frühestens Anfang nächster Woche«, antwortete Jens.
»Bis dahin müssen wir uns gedulden«, stellte Kommissarin Thylqvist fest und lächelte Jens an.
Demonstrativ schaute sie dann auf ihr Handgelenk und ihre Designerarmbanduhr aus Silber, die keine Zahlen auf dem Zifferblatt hatte.
»Ich muss gleich weg, möchte aber doch betonen, dass dies für uns eine sehr positive Woche war, obwohl es uns nicht gelungen ist, diesen... wie nennt ihr ihn gleich
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