Das Buch aus Blut und Schatten
anlüge.«
»Ja.«
Weil Lügen ein Leichtes für ihn waren.
»Warum sollte ich das tun?«, fragte ich.
Ich rief mir ins Gedächtnis, dass Max ein grauenhafter Lügner war. Er wurde rot; er zappelte rum. Er erzählte Wahrheiten, die niemand hören wollte.
Er hatte gesagt, dass er mich liebte.
Man log nicht ohne Grund. Man log, um ein Bedürfnis zu befriedigen â um sich zu bereichern, um etwas aus dem Weg zu gehen. Aber ich hatte nichts gehabt, was er brauchte.
Er hatte gesagt, dass er mich brauchte.
»Ich kann dich schützen«, sagte Eli. »Deshalb bin ich hier.«
Noch eine Lüge und dieses Mal konnte ich es ihm ansehen. »Ich will deinen Schutz nicht«, erwiderte ich. »Ich will deine Hilfe.«
»Das ist nur ein anderes Wort dafür.«
»Ich brauche deine Hilfe, um sie zu finden. Die Hleda Ä i . Um sie zu vernichten.«
Seine Antwort sah ich, bevor er sie aussprach, in den angespannten Muskeln an seinem Hals, seinen Augen, die zu schmalen Schlitzen wurden, eine Wahrheit hinter seinen Lügen: »Das ist auch das, was ich will.«
»Warum?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
»Was kannst du mir sagen?«, erwiderte ich.
»Was willst du wissen?«
Ich wollte nicht-wissen, nicht-sehen. Die Mappe zurückgeben, ohne sie je geöffnet zu haben. Die Postkarte auf dem Grab meines Bruders lassen, in Chapman bleiben und mich fragen, ob ich Max je wiedersehen, glauben, dass er mich retten würde. Ich wollte nicht alles infrage stellen, weil er nicht mehr antworten konnte. Ich wollte nicht zweifeln. Ich wollte nicht wissen.
Ich wollte glauben.
»Was hat der Priester zu dir gesagt, an unserem ersten Tag in Prag? Der, mit dem du dich in der Kirche des heiligen Boethius gestritten hast?«
Ich konnte ihm ansehen, dass ich ihn überrascht hatte.
»Das kann ich dir auch nicht sagen«, antwortete er. »Tut mir leid.«
»Okay. Dann sag mir, was der Hleda Ä i auf der Brücke gemeint hat, über mein Schicksal.« Das Wort, das er zu mir gesagt hatte, das Wort, das in Maxâ E-Mail gestanden hat. In der E-Mail, die angeblich von Max war. »Was bedeutet vyvolená?«
»Auserkoren«, erklärte er. » Die Auserkorene . Du.«
Das kurze Lachen rutschte mir einfach so raus. Er lächelte nicht einmal.
»Die Hleda Ä i glauben, dass ta, která ho najde, bude jako ta, která ho ukryla«, fuhr er fort. »Sie, die es entdeckt hat, ist wie sie, die es versteckt hat.«
»Bis jetzt hat es noch niemand entdeckt«, stellte ich fest. »War das nicht das Hauptproblem der Hleda Ä i?«
»Du hast die Karte gefunden. Sie suchen seit Jahrhunderten danach. Sie glauben, Gott habe deine Hand geführt, und halten dich für Elizabeth Westons geistige Erbin. Lumen Dei má v krvi, jejà krev je v Lumen Dei. âºDas Lumen Dei ist in ihrem Blut, so wie ihr Blut im Lumen Dei ist.â¹ Ihr Blut. Dein Blut.«
»Ich bin nicht mit Elizabeth Weston verwandt.«
»Du denkst wörtlich«, wandte er ein. »Sie denken spirituell.«
»Dann wollen sie mein Blut also nicht im wörtlichen Sinn.«
»Na jaâ¦Â«
»GroÃartig.«
»Deshalb wurde Max auf dich angesetzt«, erklärte er. »Und deshalb hat er dich auch nach Prag gelockt. Deshalb hat er dir geholfen, die Teile zu finden. Weil die vyvolená das Lumen Dei selbst finden musste.«
Plötzlich wurde mir klar, dass der Hoff es gewusst hatte. Sie sind es , hatte er gesagt. Die werden lügen. Aber Sie dürfen nicht gehen! Konnte er damit gemeint haben, dass Max lügen würde, töten würde, alles tun würde, um mich nach Prag zu locken, damit sich mein angebliches Schicksal erfüllte?
Max, rief ich mir ins Gedächtnis, hatte ihn gefunden.
»Das erklärt aber nicht, warum du so getan hast, als würdest du uns helfen«, sagte ich. »Oder warum du so viel weiÃt.«
»Einiges wusste ich schon von Anfang an. Jetzt weià ich noch mehr. Und ich habe es dir schon gesagt. Ich bin hier, um dich zu beschützenâ¦Â«
»Weil ich vyvolená bin. Ja, klar. Dann bist du also auch verrückt.«
»Weil du in Gefahr bist, wenn sie glauben, dass du vyvolená bist. Sie werden dich benutzen wollen, so wie Max dich benutzt hat.«
»Max hat mich geliebt.«
»Das heiÃt nicht, dass er dich nicht benutzt hat.«
»Und du? Was hast du die ganze Zeit
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