Das Buch der Schatten - Schwarze Seelen: Band 7 (German Edition)

fragte Sky Hunter leise, und ich musste einen irrationalen Anflug von Eifersucht unterdrücken. Sie ist seine Cousine, ermahnte ich mich. Sie kümmern sich umeinander.
    Hunter bedachte mich mit dem Anflug eines Lächelns, und ich wusste, dass er meine Reaktion mitbekommen hatte. » Nein«, sagte er zu Sky. » Im Moment jedenfalls nicht. Es wird leichter sein, die Leute zum Reden zu bringen, wenn ich allein komme. Wir treffen uns vor dem Abendessen wieder hier. Sagen wir, sechs Uhr?«
    » Einverstanden«, meinte Raven. » Um den St. Mark’s Place sind ein paar Läden, die ich mir mal ansehen will. Hat jemand Lust, mitzukommen?«
    Sky, Bree und Robbie wollten Raven begleiten. Ich beschloss, in der Wohnung zu bleiben, und entschuldigte mich damit, dass ich mich nach dem Fahren ein wenig ausruhen wollte. In Wirklichkeit aber hatte auch ich meine geheime Mission in der Stadt. Ich musste mir nur noch einen Schlachtplan überlegen.
    Als die anderen gegangen waren, trat ich an das breite Doppelfenster mit dem tollen Blick über die Park Avenue. Ich spürte das Summen der Stadt unter mir, Menschen in Autos, Bussen und Taxis, Fußgänger und Fahrradkuriere. Ein wenig bedauerte ich es, dass ich nicht mit den anderen da unten auf den Straßen unterwegs war. Doch auf mich wartete Arbeit.
    Ich öffnete meinen Rucksack und holte ein Buch heraus, das ich in ein dunkelrotes Tuch gewickelt hatte, und einen Dolch, dessen Griff mit komplizierten Elfenbeinschnitzereien verziert war. Sie gehörten zu meinem Erbe, denn das Buch der Schatten und der Athame, der zeremonielle Dolch, hatten meiner leiblichen Mutter Maeve gehört. Der Rest ihrer magischen Werkzeuge hatte ich bei uns im Haus in Widow’s Vale versteckt.
    Ich setzte mich im Wohnzimmer auf den Boden und schlug das Buch der Schatten bei einem Eintrag vom April 1982 auf, wenige Monate nachdem Maeve und Angus, mein leiblicher Vater, nach Amerika gekommen waren. Sie waren aus Irland geflohen, als ihr Hexenzirkel, Belwicket, von der dunklen Welle zerstört worden war. Maeve und Angus waren die einzigen Überlebenden gewesen.
    Da ihnen in Irland alles genommen worden war und sie das deutliche Gefühl hatten, gejagt zu werden, waren Maeve und Angus nach New York gekommen. Schließlich hatten sie die Großstadt verlassen und sich auf dem Land niedergelassen, in einer kleine Stadt namens Meshomah Falls, etwa zwei Stunden nördlich von Widow’s Vale.
    Der Eintrag auf der Seite, die ich aufgeschlagen hatte, sprach davon, wie unglücklich Maeve in ihrer Wohnung in Hell’s Kitchen war. Sie hatte das Gefühl, Manhattan sei abgeschnitten vom Puls der Erde. Das ließ sie ihre Trauer um alles was sie verloren hatte, umso schmerzlicher empfinden.
    Ich hielt den Athame über die Seite, die mit Maeves Handschrift bedeckt war. Langsam strich ich mit der abgewetzten Klinge über die blaue Tinte, und dabei funkelte in winzigen Lichtpünktchen eine zweite Schrift auf, die etwas ganz anderes berichtete. Es war einer von Maeves geheimen Einträgen.
    Seit Stunden starre ich auf diese goldene Taschenuhr, als wäre sie ein Geschenk der Göttin persönlich. Ich hätte sie niemals aus Irland mit herbringen sollen. Oh, es ist ein wunderschönes Objekt, viele Male von einem Liebsten zum nächsten weitergereicht. Könnte ich meine Sinne auswerfen, würde ich Generationen von Liebe und Begehren spüren, die sie ausstrahlt. Doch sie ist ein Geschenk von Ciaran. Wenn Angus sie je zu Gesicht bekäme, würde es ihm das Herz brechen.
    Ciaran hat sie mir an dem Abend gegeben, da wir einander ewige Liebe versprachen. Er sagte, wenn man die Uhr unter das Haus legte, würde ihr Ticken das Herz stetig und treu schlagen lassen. Halte ich daran fest, weil ich immer noch die selbstsüchtige Hoffnung hege, dass Ciaran irgendwie den Weg zurück in mein Leben findet? So etwas darf ich nicht einmal denken. Ich habe mich entschieden, mit Angus zu leben, und damit basta.
    Nächsten Monat verlassen Angus und ich diese schreckliche Stadt und ziehen in ein neues Heim auf dem Land. Ich muss diesem verzweifelten Unsinn ein Ende machen. Ich bringe es nicht über mich, die Uhr zu zerstören, aber ich nehme sie auch nicht mit. Angus und ich ziehen weiter. Die Uhr bleibt hier.
    Ciaran war Maeves mùirn beatha dàn gewesen, doch er hatte sie angelogen und verraten. Und dann, viele Jahre später, lange nachdem sie ihn abgewiesen hatte, hatte er sie und Angus in Meshomah Falls aufgestöbert und sie dort in eine verlassene Scheune gesperrt und