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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Halbinsel Yasmund, dann über eine schmale Landbrücke mit sandigem Boden und dichtem Kiefernbewuchs. An einigen Stellen mussten sie prielartige Wasserläufe passieren, durch die der Bodden ins Meer entwässerte. Im Morgengrauen erreichten sie die nördliche Halbinsel Wyttow und beschlossen, eine Rast einzulegen.
    Am Rande einer Waldlichtung stießen sie auf das kleine Dorf Reydervitze. Es bestand aus einem Dutzend eingegrabener und mit Grassoden bedeckter Erdhütten. DieGebäude scharten sich im Halbkreis um einen unbebauten Dorfanger. Hier vereinten sich zwei Wege, die aus südlicher und westlicher Richtung kamen, zu einer Straße, die nach Arkona weiterführte.
    Die drei Männer saßen ab und führten die Pferde an eine Tränke.
    Rings um das Dorf hatte man dem Waldboden in mühevoller Arbeit Ackerflächen abgerungen. Die Erde war ausgetrocknet und spröde. Weizen und Hafer waren wegen der Dürre längst abgeerntet. Vereinzelt wuchsen noch Bohnen und Linsen an welken Ranken.
    Während die Pferde tranken und Helgi, Damek und Ansgar von Woislavas Vorräten aßen, kroch aus einer der ärmlichen Hütten ein alter Mann hervor. Er schien verkatert zu sein und ging mit steifen Beinen über den Acker. Am Waldrand ließ der Alte die Hose herunter, um sich zu erleichtern. Als er fertig war, winkte Damek ihn zu sich. Er schenkte ihm einen Kanten Brot aus dem Proviantbeutel und fragte ihn aus. Helgi und Ansgar saßen dabei, verstanden aber kein Wort, weil die beiden Slawisch sprachen.
    Nachdem sie wieder aufgesessen waren und weiterritten, berichtete Damek, was der Alte ihm erzählt hatte: «Wir sind noch nicht zu spät dran. Die Hochzeit soll erst heute bei Sonnenuntergang vollzogen werden. Man erwartet zu diesem Anlass sogar König Ratibor auf der Tempelburg.»
    Helgi nickte müde. Er konnte sich kaum noch aufrecht halten. Doch das Ziel war nun zum Greifen nah. Nach weiteren fünf Meilen lichtete sich der Wald. Vor ihnen tat sich eine weite Ebene auf, die sich bis zur steil abfallenden Küste hinzog.
    Und dann erblickten sie in der Ferne die gewaltigen Mauern der Tempelburg Arkona. Die Anlage war auf der nördlichsten Spitze der Insel errichtet worden, sodass sie im hinteren Bereich durch die Küste geschützt wurde. Ein halbkreisförmiger Wall aus vielen übereinandergeschichteten, mit Erde gefüllten Holzkästen sicherte die dem Land zugewandte Seite. Die Kuppe hatte man zusätzlich mit Palisaden versehen. Insgesamt war die Wehranlage mindestens achtzig Fuß hoch. Über dem Eingangstor, etwa in der Mitte des Walls, ragte ein Wachturm empor.
    Ansgar stöhnte. «Es heißt, der Tempel sei der Herd aller gläubigen Irrtümer und der Sitz des abscheulichsten Götzendienstes.»
    In diesem Moment wehte von der Burg her eine kräftige Böe über die Ebene. Der Wind trieb ihnen die Staubkörner wie feine Nadelstiche ins Gesicht.
    Helgi zog den Kopf ein. Der Ranengott Svantevit ließ sie seine Macht spüren.

20.
    Unterhalb der Burg waren bei Tagesanbruch Hunderte Menschen damit beschäftigt, einen Markt aufzubauen. Die kleine Siedlung, die man Putgarde nannte, bestand aus einem Dutzend Häusern und Holzhütten. Zu normalen Zeiten gab es hier mehr Feldhasen als Einwohner. Aber heute blühte der Flecken auf.
    Jedes Jahr lockte der Markt zum Erntedankfest Händler aus vielen Teilen der Welt nach Rujana, und viele von ihnen machten in Putgarde den Umsatz eines ganzen Jahres. Man hatte unzählige Zelte aufgeschlagen, über denen dieverschiedensten Banner im Wind flatterten. Neben den Slawen kamen Händler aus dänischen und schwedischen Gebieten. Sachsen, Friesen und Franken kauften und verkauften hier ebenso wie Händler aus den im Osten gelegenen Ländern der Rus, etwa Nowgorod, oder sie stammten aus dem Süden, dort, wo die Sarazenen lebten.
    Helgi, Ansgar und Damek saßen ab und führten die Pferde über den Marktplatz. Viele der Händler waren noch mit den Aufbauten beschäftigt und verschnürten Holzstangen zu Vorrichtungen, auf denen man die Bretter für die Auslage des Warenangebots befestigte. Im Gegensatz zum Markt von Haithabu gab es hier keine festen Buden. In der Stadt am Slienfjord hatte sich der Markt als eine tägliche Einrichtung etabliert, für die seltenen Ereignisse in Putgarde schienen sich solche Buden jedoch nicht zu lohnen.
    Damek schlug vor, dass sie sich zunächst ausruhen sollten. Helgi stimmte sofort zu, und auch Ansgar konnte die Augen kaum noch offen halten.
    Sie folgten einem von Ochsenkarren gefurchten

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