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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Ihr vielleicht einen Dolch oder so etwas habt. Deshalb habe ich Ulf den Draht gestohlen und Eure Kammer durchsucht – verzeiht mir, Vater. Ich wollte nichts Unrechtes tun. Es   … es soll niemals wieder vorkommen.»
    Der Junge tat Odo leid. «Ich will von dir wissen», sagte er streng, «was sich noch alles in dieser Kiste befindet. Was hast du gesehen?»
    Folke schluckte. «Da waren so spitze Dinger und Zangen und etwas, das in ein Tuch eingewickelt war. Mehr weiß ich nicht. Ich habe nur das Messer genommen.»
    Odo glaubte ihm. Folke hatte das Buch nicht entdeckt. Seine Stunde war noch nicht gekommen.

16.
    Es war zum Verrücktwerden. Achtmal hatte Helgi am Nachmittag beim Hnefatafl, dem Spiel des Königs, gegen Ingvar verloren. Achtmal!
    Nach dem unfreiwilligen Bad im Hafen waren sie zu Ingvars Grubenhaus gegangen. Sie hatten ihre Kleidung zum Trocknen über das Feuer gehängt und sich die Zeit mit einigen Partien Tafl vertrieben.
    Es war lange her, dass Helgi dieses Spiel gespielt hatte, bei dem es galt, den König, den Hnefi, mit Hilfe seiner Verteidigerfiguren durch die Linien der feindlichen Angreifer in eine der vier Ecken zu manövrieren. Helgi war völlig außer Übung. Ingvar hatte ihm einen Sieg nach dem anderen abgerungen.
    Und dann hatte ihn sein Freund auch noch mit dieser merkwürdigen Geschichte durcheinandergebracht. Ingvar hatte erzählt, dass es nach der Leiche, die in Yggdrasils Ästen gebaumelt hatte, noch zwei weitere Tote gegeben habe. Der eine sei der verfressene Sklavenhändler Hrodmar gewesen, den man mit durchstochenem Herzen in einem Schweinetrog entdeckt habe. Gestorben sei er jedoch an etwas anderem. Vor seinem Tode habe man den Mann nämlich so lange mit Kröten, Ratten und Schlangen vollgestopft, bis er daran erstickt sei. Auch dem dritten Opfer, Sudri, genannt der Faule, habe man zwar die Kehle durchgeschnitten, ihn aber zuvor in eine Grube geworfen, die mit zwanzig Kreuzottern gefüllt worden war.
    All das war völlig neu gewesen für Helgi, und er fragte sich, woher Ingvar davon wusste, wenn nicht einmal seine neugierige Mutter Gullweig davon erzählt hatte. Zwarhatte Ingvar angedeutet, dass Hovi die Morde geheim gehalten habe. Der Jarl habe vermeiden wollen, dass die Taten als schlechte Zeichen der Götter gedeutet werden könnten, denn Hovi benötigte ja noch jede Menge Männer für seinen Kriegszug.
    Aber auf welche Weise Ingvar von den Toten erfahren hatte, das hatte er Helgi nicht verraten. Stattdessen hatte er ihm die plumpe Ausrede aufgetischt, er habe es von einem Mann gehört, der einen Kamm bei ihm bestellt hatte. Helgi glaubte ihm nicht.
    Doch warum sollte Ingvar seinen Freund belügen?
     
    Am Abend saß Helgi in der Werkstatt seines Vaters, vor sich ein Holzbrett, das Tafl. Das Spielfeld bestand aus elf mal elf Feldern. Helgi wollte üben.
    Gullweig betrat den Raum und schaute ihrem Sohn über die Schulter. «Dein Hnefi ist ja eine Göttin», sagte sie belustigt.
    Helgi verwendete verschiedenfarbige Kieselsteine für die Figuren, die die Verteidiger und die Angreifer darstellten. Als König nahm er die Freyjafigur aus Eibenholz, die er für die Sklavin geschnitzt hatte.
    Helgi zuckte die Achseln. «Ich hab keinen anderen König.»
    Er schob den Hnefi in eine Falle, die er sich selbst gestellt hatte.
    Gullweig setzte sich zu ihm. «Es ist zwar ein Spiel für Männer. Aber auch ich habe früher Tafl gespielt. Mein Großvater hat mir den einen oder anderen Trick verraten, mit dem ich die Jungs in unserem Dorf zur Verzweiflung bringen konnte.»
    «Oh, zeig mir doch einen deiner Tricks», bettelte Helgi.Er berichtete von den schmachvollen Niederlagen, die Ingvar ihm zugefügt hatte.
    Gullweig schob die Figuren auf dem Feld in die Ausgangsposition zurück, wobei zwölf braune Steine in der Mitte des Spielfeldes ein Kreuz um den zu verteidigenden König bildeten. Die Angreifer bezogen an den Seitenrändern des Feldes Stellung. Dann begann Gullweig, die Figuren hin- und herzuschieben.
    «Ich weiß nicht mehr genau, wie es funktioniert, aber ich versuche mich zu erinnern», meinte sie nach einer Weile. «Wie geht es denn Ingvar? Du kannst ihn gern mal wieder zu uns einladen. Er muss sich doch sehr einsam fühlen, seit   … seit seine Mutter den Tod gefunden hat.»
    «Seine Geschäfte laufen nicht gut», meinte Helgi. «Es wird immer schwieriger, Kämme zu verkaufen. Es gibt zu viele Kammmacher in Haithabu.»
    «Ich würde ihm ja gern einen Kamm abkaufen   …» Gullweig

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